Zuordnung einer GmbH-Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen
Sondervermögen nennt die Bundesregierung staatliche Schulden von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer GmbH-Beteiligung nicht um Schulden, sondern Vermögen Ihres Betriebes – mit steuerlicher Sonderbehandlung.
Schulden = Sondervermögen? Wie das?
Andere Begriffe für ein Sondervermögen des Bundes sind Extrahaushalt oder Schattenhaushalt. Dabei handelt es sich um einen wirtschaftlich selbständigen Nebenhaushalt zur Erfüllung bestimmter Aufgaben. Gemäß Artikel 110 Grundgesetz (GG) brauchen nur Zuführungen oder Ablieferungen in den Haushaltsplan des Bundes eingestellt zu werden. Wie der Haushaltsplan dürfen Sondervermögen nur durch Gesetz errichtet werden. Sie unterliegen der Kontrolle durch Bundestag, Bundesrat und Bundesrechnungshof (Art. 114 GG). Sie werden entsprechend den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung (BHO) aufgestellt und bewirtschaftet (§ 113 BHO).
Was ist das „Sondervermögen Bundeswehr“?
Mit ihm stellt der Bund einmalig 100 Milliarden Euro bereit, um insbesondere bedeutsame und komplexe mehrjährige Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr zu finanzieren. Entsprechende Gesetzentwürfe zur Errichtung des sogenannten und zur Änderung von Artikel 87a des Grundgesetzes hat das Bundeskabinett am 16. März 2022 beschlossen. Damit wolle man die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands stärken und sicherstellen, dass die Bundeswehr ihre Bündnisverpflichtungen gegenüber der Nato wahrnehmen kann. Als Anlass nennt das Finanzministerium den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine“. Er erschüttere „die Grundlagen der Friedensordnung“ und stelle „eine sicherheitspolitische Zäsur in Europa“ dar.
Hätte man die Schulden für die Bundeswehr nicht über den Haushalt finanzieren können?
Nach Einschätzung der Regierung nicht im Rahmen der Schuldenregel. Das zur Überwindung einer langjährigen Unterfinanzierung der Bundeswehr nötige Volumen von 100 Milliarden Euro wäre demnach nicht zu realisieren. Zur Sicherung der Zweckbindung verankert die Regierung das Sondervermögen im Grundgesetz. Es stehe damit neben der Schuldenbremse, die für alle regulären Bundesaufgaben und Vorhaben der Bundesregierung gelte. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): „Die 100 Milliarden Euro sind insofern eine Investition in unsere Freiheit.“
Was ist der Unterschied zu einem betrieblichen Sondervermögen?
Der wesentliche Unterschied ist die Zuordnung des Sondervermögens des Bundes zur Volkswirtschaft und des betrieblichen Sondervermögens zur Betriebswirtschaft, wobei letzteres nicht weniger komplex als das erste und gerade für den Steuerlaien nicht einfach zu verstehen ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu ein wichtiges Urteil gefällt; wichtig, weil es die Auffassung der Finanzbehörden auf den Kopf stellt. Im Ergebnis erlaubt es Ihnen als GmbH, Entnahmegewinne zu vermeiden, die bisher steuerpflichtig waren.
Inwiefern kommt es zur Steuerpflichtigkeit?
In zweierlei Hinsicht:
- als Privatvermögen und
- als Betriebsvermögen.
Stehen diese nicht eindeutig zuzuschreibenden Güter in einem objektiven Zusammenhang zu Ihrem Betrieb, so besteht ein Wahlrecht, dass es erlaubt, diese als sogenanntes gewillkürtes Betriebsvermögen zu bewerten und entsprechend in der Bilanz auszuweisen. Die Unterscheidung kann unterschiedliche Steuerfolgen auslösen.
- Verkaufen Sie beispielsweise eine Immobilie aus Ihrem Privatvermögen mit Gewinn, bleibt dieser steuerfrei, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf mehr als zehn Jahre vergangen sind.
- Verkaufen Sie eine Immobilie aus Ihrem Betriebsvermögen, ist der mögliche Gewinn immer, also zeitlich unbegrenzt steuerpflichtig.
Aus Sicht der Finanzverwaltung ist daher eine Einordnung von Wirtschaftsgütern als Betriebsvermögen immer lukrativ. Nutzen Sie also beispielsweise die Immobilie, die bisher Betriebsvermögen war, zukünftig nur noch privat, entsteht ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn, der sich vereinfacht wie folgt ermittelt:
- Zeitwert der Immobilie minus damalige Anschaffungskosten.
Was ist Betriebsvermögen?
Alles, was Sie in Ihrer GmbH betrieblich nutzen. Betriebsvermögen wird bilanziert oder zumindest pflichtgemäß in einem Anlagenverzeichnis geführt. So haben Sie wie auch die Finanzverwaltung stets einen Überblick, welche Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen sind.
Sind Entnahmen aus dem Betriebsvermögen freiwillig?
Nein, nicht immer. Bei der absichtlichen Entnahme von Betriebsvermögen ins Privatvermögen lösen Sie gewollt die Entnahmebesteuerung aus. Allerdings gibt es Situationen, in denen die Betriebsvermögenseigenschaft der Wirtschaftsgüter ungewollt aufgelöst wird und das Wirtschaftsgut ins Privatvermögen wandert. Das kann z.B. im Todesfall vorkommen, wenn Sie Ihr Unternehmen nicht weiterführen.
Gilt das auch für Sie als GmbH & Co. KG?
Als Einzelunternehmen oder GmbH haben Sie ein Betriebsvermögen. Als GmbH & Co. KG können Sie noch ein sogenanntes Sonderbetriebsvermögen haben. Hierbei handelt es sich um ein rein steuerliches, zusätzliches Betriebsvermögen nur eines Gesellschafters der GmbH & Co. KG. Dabei kann jeder Gesellschafter Ihrer GmbH & Co. KG ein eigenes Sonderbetriebsvermögen haben. Sonderbetriebsvermögen entsteht, wenn das Eigentum an einem Wirtschaftsgut nur einem Gesellschafter gehört, Sie als GmbH & Co. KG dieses Wirtschaftsgut aber für betriebliche Zwecke nutzen.
- Beispiel: An der Müller GmbH & Co. KG ist die Müller GmbH als Komplementär (Vollhafter) beteiligt und Anton Müller als Kommanditist (Teilhafter). Anton Müller ist alleiniger Eigentümer der Werkshalle mit entsprechendem Grundstück, welches von der Müller GmbH & Co. KG für ihre Geschäftstätigkeit genutzt wird. Im Ergebnis ist die Werkshalle mit entsprechendem Grundstück Sonderbetriebsvermögen des Anton Müller. Der Anteil an der Komplementär-GmbH gilt dabei auch als Sonderbetriebsvermögen. Weil Anton Müller alleiniger Gesellschaft der Müller-GmbH ist, die als Komplementär der Müller GmbH & Co. KG fungiert, gehört auch der GmbH-Anteil zum Sonderbetriebsvermögen des Anton Müller.
Bisher gilt also: Wenn Sie als Unternehmen in dieser Konstellation eine Halle, ein Grundstück oder Ihren GmbH-Anteil aus dem Sonderbetriebsvermögen entnehmen, entsteht ein Entnahmegewinn. So könnten Sie als Komplementär-GmbH beispielsweise Ihre GmbH-Anteile an Ihrer GmbH an Ihre Söhne verschenken.
So die Regelung zuvor. Was hat der BFH daran geändert?
In seinem Urteil vom 21.12.2021 (Az.: IV R 15/19) hat er die Regeln dafür geändert, wann ein GmbH-Anteil wie hier jener an Ihrer Komplementär-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen gehört und wann nicht. Zur Veranschaulichung gehen wir von folgender Situation aus: Max Mustermann gründet in zwei Schritten eine GmbH & Co. KG:
- Er gründet die MM Komplementär-GmbH, an der er zu 100 Prozent beteiligt ist.
- GmbH und Max Mustermann gründen dann die MM GmbH & Co. KG. Die MM Komplementär-GmbH übernimmt hier nur die Geschäftsführungs- und Vollhafterfunktion – am Vermögen der KG ist sie nicht beteiligt. Max Mustermann übernimmt die Kommanditistenstellung mit einer Einlage von 100.000 Euro. Außerdem vermietet er der KG noch eine Produktionshalle, die ihm gehört.
Steuerliche Folge:
- Die Produktionshalle steht im Eigentum eines Gesellschafters und nicht der KG.
- Sie wird der KG in diesem Fall entgeltlich zur Nutzung überlassen.
- Sie wird deswegen automatisch Sonderbetriebsvermögen der MM GmbH & Co. KG.
Fraglich ist jetzt, ob auch der GmbH-Anteil an der MM Komplementär-GmbH Sonderbetriebsvermögen der KG wird. Weniger von Bedeutung ist, wenn der eigene Geschäftsbetrieb oder die wirtschaftliche Verflechtung der Unternehmen für die Mitunternehmerstellung keine oder nur geringe Bedeutung hat. Wo die Grenzen liegen, wäre vom Einzelfall abhängig. Hier kann Ihnen als GmbH nur eine verbindliche Auskunft vom Finanzamt Rechtssicherheit verschaffen.
Was ist die frühere Auffassung zum GmbH-Anteil?
Nach der zusammenfassenden Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt/Main (vom 03.12.2015, Az.: S 2134 A – 14 – St 213) dient die Beteiligung der Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG. Die Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH rechnen deswegen zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen. Die GmbH-Anteile stärken die Stellung des Kommanditisten deshalb, weil dieser durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der Komplementär-GmbH die Möglichkeit seiner Einflussnahme auf die GmbH & Co. KG ausweitet.
Was ändert der BFH daran nun?
Er differenziert weiter und engt die bisherige Betrachtung ein. Er stellt auf einen Veranlassungszusammenhang ausschließlich aus Sicht des Gesellschafters ab und dabei folgende Regeln auf:
- Die GmbH-Beteiligung des Kommanditisten an einer Kapitalgesellschaft ist in der Regel kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen, wenn die GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält
- neben ihrer geschäftlichen Beziehung zur KG oder
- neben ihrer Geschäftsführertätigkeit als Komplementär-GmbH.
- Diese Einstufung gilt entgegen der bisherigen Auffassung auch dann, wenn die einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhaltende Komplementär-GmbH
- wirtschaftlich mit der GmbH & Co. KG verflochten ist und
- die Geschäftsbeziehungen aus Sicht der GmbH & Co. KG nicht von geringer Bedeutung sind.
- Ebenso gilt dies, wenn die einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhaltende Kapitalgesellschaft als Komplementär-GmbH gemeinsam mit dem an ihr beteiligten Kommanditisten eine aus ihnen bestehende zweigliedrige GmbH & Co. KG gründet.
Was bedeutet dies für Ihre Praxis als GmbH?
- Untersuchen Sie als GmbH dieses sogenannte Sonderbetriebsvermögen II, welches GmbH-Anteile beinhaltet, noch mal nach den neuen Kriterien der Rechtsprechung!
- Es könnten sich daraus Chancen ergeben, den GmbH-Anteil des Gesellschafters im Privatvermögen zu halten.
- Zwangsentnahmen von GmbH-Anteilen, die ungewollt steuerpflichtig werden können, dürften Ihnen hier nicht drohen.
- Selbst wenn der GmbH-Anteil nicht mehr als notwendiges Sonderbetriebsvermögen gelten sollte, steht der Einordnung als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen im Regelfall nichts im Wege.
Zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen können GmbH-Beteiligungen gehören, wenn sie objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, die Beteiligung des Gesellschafters zu fördern.