Wie Sie Ihr Unternehmen für Fachkräfte attraktiv machen
Neukunden kosten, Bestandskunden bringen Geld. Die Geschäftsweisheit gilt auch für Fachkräfte. Neue finden ist schon schwer. Damit Sie als Arbeitgeber konkurrenzfähig bleiben, kommt es für Sie darauf an, die vorhandene Belegschaft und die neuen Kräfte im Betrieb zu halten.
Wie halten Sie die Stammbelegschaft in Ihrem Betrieb?
Für Rekrutierung und Bindung von Personal gibt es kein Patentrezept. Je nach Branche, Region und Unternehmen stehen bei Mitarbeitern unterschiedliche Bedürfnisse im Vordergrund. Davon hängt ab, wie attraktiv Sie als Arbeitgeber für potentielle Mitarbeiter sein können. In den meisten Fällen stehen finanzielle Aspekte an erster Stelle. Immer häufiger spielen andere Faktoren eine Rolle, warum Mitarbeiter sich für oder gegen Sie als einen möglichen Arbeitgeber entscheiden. Insbesondere hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit haben in vielen Branchen althergebrachte Bedingungen ausgedient und schrecken Arbeitnehmer eher ab.
Welche Instrumente können Sie als Arbeitgeber einsetzen?
Letztlich liegt die Antwort darauf bei Ihnen als solcher, um Personal zu gewinnen und dauerhaft bei der Stange zu halten. Sie als Arbeitgeber entscheiden darüber und ermitteln den jeweiligen Bedarf individuell für Ihr jeweiliges Unternehmen.
- In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, zunächst eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Hierbei halten Sie fest:
- Wie stellen sich die Arbeitsbedingungen in Ihrem Unternehmen oder Betrieb zurzeit dar?
- Wie nehmen Ihre Beschäftigten sie wahr?
- In welchen Bereichen besteht Zufriedenheit?
- Wo wünschen Ihre Mitarbeiter Verbesserungen?
- In einem zweiten Schritt überprüfen Sie:
- Welche Benefits oder Änderungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen lassen sich betrieblich umsetzen?
- Ist die Einführung finanziell vertretbar?
- Am Ende der Planungen steht die arbeitsrechtliche Umsetzung der angedachten Maßnahmen:
- Haben Sie gesetzliche Vorgaben und Rechtsprechung beachtet?
- Haben Sie die Vertragsbedingungen klar, transparent und angemessen ausgestaltet?
Was beachten Sie bei den Vertragsbedingungen?
Es besteht hier das zu überbrückende Spannungsfeld zwischen
- einem Anreiz der vertraglichen Leistungen für bestehende und potenzielle Mitarbeiter und
- einer Möglichkeit, die Leistungen in wirtschaftlichen Notlagen oder aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zumindest teilweise zurückfahren zu können.
Stichwort schnöder Mammon: sind finanzielle Anreize ein No-go?
Spätestens mit dem Erfolg von TV-Sendungen wie „Bares für Rares“ ist – wenn nicht nur, so doch auch – Bares durchaus Wahres. Gewiss: finanzielle Aspekte stehen bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber bei vielen Beschäftigten nicht mehr alleine im Vordergrund. Sie spielen gleichwohl noch immer eine zentrale Rolle.
Zur Erleichterung lassen sich vielleicht folgende Grenzen ziehen:
- Stichtags- und Rückzahlungsklauseln sind nur zulässig, wenn sie nicht gleichzeitig die Leistung des Mitarbeiters honorieren sollen.
- Gratifikationen, die im Hinblick auf die Arbeitsleistung erbracht werden, können Sie als Arbeitgeber weder an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen noch für sie eine Rückzahlungspflicht vereinbaren.
- Ein bisher vorwiegend auf Leitungsebene eingesetztes Mittel zur Anwerbung neuer Mitarbeiter können Sie allgemein zur Gewinnung von Fachkräften einsetzen. Als Prämie für den Abschluss (signing) eines Arbeitsvertrages können Sie einen Signing-Bonus gewähren. Dies ist keine leistungsbezogene Vergütung. Deswegen ist es zulässig, den Anspruch hierauf an die Bedingung zu knüpfen, dass das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Stichtag ungekündigt Bestand hat. So können Sie den angeworbenen Mitarbeiter eine gewisse Zeit an Ihr Unternehmen zu binden.
À propos: Sonderzahlungen für Betriebstreue. Sind sie zulässig?
Auch wenn es der Rechtsprechung mitunter schwerfällt: ja. Sie hat sich im Hinblick auf Gratifikationen wenig arbeitgeberfreundlich entwickelt. Das ändert nichts daran, dass die Gewährung von Sonderzahlungen, die nicht an die Leistung anknüpfen, sondern die Betriebstreue belohnen sollen, auch weiterhin zulässig ist. Mit der Folge, dass:
- Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern Sonderzahlungen zusagen und diese vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig machen können.
- Sie für derartige Leistungen Rückzahlungsklauseln für den Fall vereinbaren können, dass das Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nach Auszahlung der Gratifikation endet.
- Sie für die Gratifikation einen Freiwilligkeitsvorbehalt aufnehmen können.
Vergessen Sie als Arbeitgeber dabei allerdings eines nicht: bietet die bloße Aussicht auf die Gratifikation dann noch den gewünschten Anreiz für den Verbleib des jeweiligen Mitarbeiters im Unternehmen?
Wie verhält es sich mit der Umzugskostenerstattung?
Damit fördern Sie ohne Zweifel die Mobilität. Müsste ein potenzieller Mitarbeiter für eine Tätigkeit im Unternehmen umziehen, ist die Übernahme der Umzugskosten – teilweise oder ganz – ein geeignetes Mittel, um beispielsweise dem Argument, der neue Arbeitsplatz in Ihrem Unternehme sei zu weit vom bisherigen Wohnsitz des umworbenen Arbeitnehmers entfernt, zu begegnen. Beruflich veranlasste Umzugskosten können Sie als Arbeitgeber auf Grundlage des Bundesumzugskostengesetzes (BUKG) steuerfrei ersetzen. Seit 01.04.2023 gelten Pauschalen von 886 Euro je Mitarbeiter und 590 Euro für jede weitere Person wie z. B.
- Ehegatte
- Lebenspartner
- Kinder
Dabei können Sie die Rückzahlung der Umzugskosten ebenfalls vereinbaren, wenn Ihr betreffender Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis zeitnah wieder kündigt. Bedenken Sie eins: Wegen der grundrechtlich verbrieften Berufsfreiheit verbietet die Rechtsprechung eine übermäßig lange Bindung eines Mitarbeiters aufgrund von Rückzahlungsklauseln bei:
- Gratifikationen
- Umzugskostenbeihilfen
- Fortbildungskosten
Wie lange können Sie als Arbeitgeber demnach einen Mitarbeiter vertraglich binden?
Leider Fehlanzeige: starre Grenzen gibt es dafür nicht. Vielleicht als Faustregel: die Höhe der Leistungen ist hier von Bedeutung. Prüfen Sie es im Einzelfall.
Welche weiteren Anreize zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern sind denkbar?
Neben den oben aufgeführten Zuwendungen eine Vielzahl weiterer finanzieller Anreize. Welche Sie als Arbeitgeber in Ihrem konkreten Fall einsetzen, können Sie letztendlich nur als Unternehmen individuell, abhängig von Ihrer Branche, Ihrer Region, der Größe und den finanziellen Möglichkeiten Ihres Unternehmens, entscheiden. In Betracht kommen etwa folgende Optionen:
- Bonuszahlungen
- Verlängerung des Entgeltfortzahlungszeitraumes im Krankheitsfall
- Zuschuss zum Krankengeld
- Dienstwagen oder Dienst-E-Bike zur privaten Nutzung
- Kostenbeteiligung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) z. B. am Job-Ticket oder am Deutschlandticket
- Kitazuschüsse
- Arbeitsorte
- flexible Arbeitszeitmodelle
Wie wichtig sind Arbeitszeit und Arbeitsort für die Mitarbeitergewinnung?
Sehr wichtig und immer wichtiger. Spätestens seit der Coronapandemie hat der Nine-to-five-Job in vielen Unternehmen ausgedient. Wo es sich nach dem Tätigkeitsfeld einrichten lässt, wünschen sich die Beschäftigten flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, sprich: zwischen Büroarbeitsplatz und Homeoffice. Die Rahmenbedingungen müssen aber auch hier stimmen.
Haben Beschäftigte gesetzlichen Anspruch auf ein Homeoffice?
Nein, nach wie vor gibt es in Deutschland keinen gerichtlich dursetzbaren Anspruch auf eine Arbeit im Homeoffice oder mobiles Arbeiten. Allerdings sind in bestimmten Branchen Unternehmen gezwungen, potenziellen und bestehenden Mitarbeitern die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen. Verweigern Sie als Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice für eine Tätigkeit, die mobiles Arbeiten grundsätzlich zulässt, müssen Sie damit rechnen, Ihren Mitarbeiter über kurz oder lang an die Konkurrenz zu verlieren bzw. von Stellenbewerbern Absagen zu erhalten.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen spielen eine Rolle bei mobiler Arbeit?
Grundsätzlich gleiche wie für andere Arbeitsverhältnisse – mit Ausnahme der Pflicht, die Arbeitsleistung im Betrieb zu erbringen. Ihr besonderes Augenmerk als Arbeitgeber richten Sie bei der mobilen Arbeit auf die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben. Als solcher haben Sie diese naturgemäß nicht ständig im Blick:
- Sie haben bei mobiler Arbeit ebenfalls die Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.
- Es ist außerdem empfehlenswert, die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen zu beachten. So vermeiden Sie Krankheitszeiten durch nicht ergonomisches Arbeiten.
- Nicht zuletzt ist die Gesundheitsvorsorge Ausdruck Ihrer Wertschätzung als Arbeitgeber für Ihre Mitarbeiter und somit ein Pluspunkt für Sie auf dem Bewerbermarkt.
Das Homeoffice bringt zeitliche Flexibilität – grenzenlos?
Nein, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt hier genauso – und damit:
- Eine Höchstarbeitszeitgrenze von grundsätzlich acht Stunden pro Tag oder zehn Stunden, wenn die Mehrarbeit innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen wird.
- Beachten Sie ferner die vorgeschriebene Ruhezeit von mindestens elf Stunden nach Beendigung und vor Wiederaufnahme der Arbeit. Danach würde eine am späten Abend gelesene dienstliche E-Mail die Aufnahme der Arbeit am frühen Morgen verhindern. In diesem Zusammenhang bleibt außerdem die geplante Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes, insbesondere die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, abzuwarten.
Wieviel Flexibilität bringen Arbeitszeitkonten?
Viel, sie bringt Ihren Mitarbeitern die vielfach gewünschte zeitliche Flexibilität. Der Gesetzgeber hat das erkannt und will die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in absehbarer Zeit durch die Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes ausdrücklich reglementieren. Damit ist die Einführung von Arbeitszeitkonten ohne größeren Aufwand möglich. In den flankierenden Regelungen zum Arbeitszeitkonto können Sie dann z. B. festlegen:
- wann Ihr Mitarbeiter die Arbeitsleistung grundsätzlich erbringt,
- wie viele Stunden er ansammeln kann,
- wie viele Stunden im Minus er führen kann und
- innerhalb welchen Zeitraumes Plus- oder Minusstunden er ausgleicht.
Welche Rolle spielen Wertguthaben?
Sie gelten als besonders attraktiv als Jahresarbeitszeitkonten auf Basis eines Wertguthabens nach §§ 7b-f Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Die Grundidee dieser Wertguthaben besteht darin, dass sich Ihr Arbeitnehmer nicht ausbezahlen lässt:
- Teile seines Gehalts
- Seiner Boni
- Überstunden
- nicht verbrauchte Urlaubstage
Statt dessen spart Ihr Mitarbeiter Wertguthaben auf einem bei Ihnen als seinem Arbeitgeber geführten Zeitwertkonto an. Das angesparte Guthaben kann Ihr Arbeitnehmer dann später verwenden, um sich eine sozialversicherungsrechtlich abgesicherte längerfristige Freistellung von der Arbeit zu ermöglichen, z. B. für:
- Kindererziehung
- Pflege von Angehörigen
- eine Weltreise
Was, wenn Ihr Stellenbewerber auf Homeoffice besteht?
Dann sollten Sie als Arbeitgeber bei ihm Verständnis erwecken können, bei betrieblichen Erfordernissen die Arbeit vorübergehend oder gegebenenfalls dauerhaft im Betrieb zu erbringen und einer Klausel mit entsprechender Pflicht im Arbeitsvertrag zuzustimmen. Wenn die Klausel erkennen lässt, dass sie seine Interessen als Ihr Mitarbeiter angemessen berücksichtigt, sollte das gelingen – auch wenn es ihm nicht sonderlich gefallen wird. Der Ton macht die Musik.