Wettbewerbsverstoß: rückwirkender Verfall der Karenzentschädigung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 23. April 2024 (Az. II ZR 99/22) ein wichtiges Urteil zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gefällt. Dabei entschied das Gericht erstmals über den rückwirkenden Verfall einer Karenzentschädigung, wenn ein Geschäftsführer gegen ein vereinbartes Wettbewerbsverbot verstößt.
Im Entscheidungsfall ging es um einen GmbH-Geschäftsführer, der per Widerklage die Zahlung seiner Karenzentschädigung einforderte. In seinem Anstellungsvertrag hatten die Parteien ein zweijähriges nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer monatlichen Karenzentschädigung in Höhe von monatlich 50 % der zuletzt bezogenen Monatsbezüge vereinbart. Laut Vertrag sollte die Karenzentschädigung entfallen, falls der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt. In diesem Fall hatte man zusätzlich vereinbart, dass bereits gezahlte Beträge zurückgezahlt werden müssen.
Der Geschäftsführer wurde im Mai 2012 abberufen. Ein Jahr später nahm er eine Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen an. Die GmbH forderte daraufhin die Rückzahlung der bereits gezahlten Karenzentschädigung.
Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur wirksam, wenn sie dazu dienen, einen Vertragspartner vor der illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Sie dürfen dabei in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten.
Rückwirkender Wegfall der Karenzentschädigung
Im vorliegenden Fall sah der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers vor, dass bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot die Karenzentschädigung rückwirkend entfällt und bereits gezahlte Beträge zurückerstattet werden müssen. Der BGH bestätigte die Zulässigkeit dieser Regelung.
Dass die Karenzentschädigung rückwirkend entfallen sollte, wurde vom BGH als nicht unbillig eingestuft. Dies diene dem Schutz der berechtigten Interessen der GmbH und verhindere, dass der Geschäftsführer doppelt profitiert – durch den Wettbewerbsverstoß und die gleichzeitige Zahlung der Karenzentschädigung.
Darüber hinaus sei die Karenzentschädigung auch nicht als Einkommensersatzleistung erkennbar ausgestaltet gewesen. Dafür spricht, dass die GmbH nach der Vereinbarung im Anstellungsvertrag einseitig auf das Wettbewerbsverbot verzichten konnte. Eine Einkommensersatzleistung hätte man dem Geschäftsführer billigerweise nicht rückwirkend nehmen können.
Achtung
Die gesetzliche Mindesthöhe der Karenzentschädigung beträgt 50 % der zuletzt gezahlten Leistungen (§ 74 Abs. 2 HGB). Eine höhere Karenzentschädigung kann immer vereinbart werden. Bei der Berechnung der Karenzentschädigung müssen alle Einkommensbestandteile berücksichtigt werden. Dazu zählen neben dem regelmäßigen Gehalt auch Bonuszahlungen, Provisionen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Ebenfalls einzubeziehen sind Sachleistungen wie beispielsweise ein Geschäftswagen. Der Geschäftsführer muss nicht nur einen rechtlichen Anspruch auf diese Einkommensbestandteile gehabt, sondern sie auch tatsächlich erhalten haben.