Weniger Beschäftigte durch Digitalisierung?
Repräsentative Umfrage durch IAB. Digitalisierung? Interessiert uns nicht? Immer weniger Unternehmen können das behaupten. Ein Großteil der Betriebe sieht sich von Digitalisierung betroffen. Nicht ausgewirkt habe sich das auf die Anzahl Beschäftigter, umso mehr dafür auf die Dynamik der Einstellungen. Und auf arbeitsrechtliche Probleme.
Alle Wirtschaftsbereiche betroffen
Inzwischen sind alle Wirtschaftsbereiche und der Großteil der Betriebe von Digitalisierung betroffen. Das zeigt eine repräsentative Befragung von rund 12.000 Betrieben durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Bislang habe sich die Digitalisierung dabei insgesamt nicht auf die Anzahl der Beschäftigten ausgewirkt, berichten die Verfasser der Studie, die Arbeitsmarktforscher Anja Warning und Enzo Weber. Teilweise habe sich aber die Dynamik der Einstellungen und Abgänge von Beschäftigten erhöht.
Drei Formen der Digitalisierung
Warning und Weber unterscheiden in ihrer Studie zwischen drei Formen der Digitalisierung:
- der internen Digitalisierung, also der digitalen Vernetzung der internen Produktions- oder Dienstleistungskette,
- der externen Digitalisierung, also der digitalen Vernetzung mit Zulieferern oder Kunden, und
- dem Einsatz lernender Systeme.
Starker Digitalisierungstrend
Bei interner und vor allem bei externer Digitalisierung berichtete die deutliche Mehrheit der Betriebe von einem leichten oder starken Digitalisierungstrend. Der Einsatz lernender Systeme wurde dagegen nur von einer Minderheit angegeben. Die zunehmende Digitalisierung bringe beträchtliche Veränderungen in der betrieblichen Personalpolitik mit sich, betonen Warning und Weber. Beispielsweise beeinflusse die Digitalisierung die Anforderungen der Arbeitgeber an neues Personal. Eine zentrale Rolle spielten dabei Kenntnisse, die durch Weiterbildung erworben werden, sowie sozial-kommunikative Kompetenzen, die von den Arbeitgebern auf dem Weg zu Wirtschaft 4.0 zunehmend nachgefragt werden.
Höhere Anforderungen an Flexibilität
Zudem seien Neueinstellungen in Betrieben mit Digitalisierungstrend mit höheren Anforderungen an die zeitliche und inhaltliche Flexibilität der neuen Mitarbeiter verknüpft. Im Zuge der Digitalisierung träten teilweise Engpässe bei der Besetzung offener Stellen auf, stiegen die Anforderungen. Trotzdem zeigten sich bislang keine spürbaren Lohneffekte, so die Wissenschaftler.
Handlungs- und Entwicklungsspielräume
Die aufgrund der Digitalisierung steigenden Anforderungen können der Studie zufolge einerseits die Handlungs- und Entwicklungsspielräume für die Beschäftigten erhöhen, andererseits aber die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben zunehmend verschwimmen lassen. „Hier ist eine betriebliche Personalpolitik gefragt, die bei der Formulierung von Anforderungen die unterschiedlichen Interessen und Möglichkeiten verschiedener Gruppen von Beschäftigten berücksichtigt“, schreiben Warning und Weber.
Schutz der Beschäftigten vor Überlastung
Ihrer Ansicht nach müssten gesetzliche Regelungen nach wie vor dem Schutz der Beschäftigten vor Überlastung gerecht werden, sollten aber auch Möglichkeiten bieten, auf der betrieblichen und sozialpartnerschaftlichen Ebene einzelfallgerechte Lösungen zu erarbeiten. Als Gegenstand solcher Pakete schlagen sie vor:
- Anpassungen der Arbeitszeit,
- Vorlauf bei ihrer Ankündigung,
- Lage der Arbeitszeit,
- Urlaubsregelungen oder
- individuelle Freistellungen beispielsweise für Weiterbildung oder für Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Ständige Erreichbarkeit
Ein zunehmendes Problem für Beschäftigte stellt ihre durch die Digitalisierung ermöglichte ständige Erreichbarkeit. Komplett abstellen lässt sich die digitale arbeitsbezogene Erreichbarkeit nicht, konstatiert „Meisterbrief AKTUELL“ in seiner aktuellen Ausgabe (7/2017 Mai). Unternehmen wie auch ihre Mitarbeiter hätten früher oder später darunter zu leiden. Zudem könnte sie Unternehmern auch arbeitsrechtliche Probleme verursachen. Was also tun? Der Wirtschaftsbrief für das Deutsche Handwerk gibt Antworten.