17.07.2024

Was ist ein Werkstudent?

Unser Kind soll es einmal besser haben. Eltern und Staat streben zu diesem Zweck meistens ein Studium für den Nachwuchs an. Oft reicht elterliche und staatliche Finanzkraft nicht aus. Dann bietet sich der Zuverdienst als Werkstudent an – vielleicht sogar in Ihrer GmbH.

Werkstudent

Wie groß ist die Chance, dass ein Werkstudent in Ihre GmbH findet?

Ziemlich groß. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts studierten im Wintersemester 2022/2023 rund 2,9 Millionen Studierende an deutschen Hochschulen, darunter rund 1,7 Millionen an Universitäten und circa eine Millionen an Fachhochschulen. An den weiteren Hochschularten wie Kunsthochschulen oder theologischen Hochschulen waren insgesamt rund 125.000 Studierende eingeschrieben. Landläufig ist zwar von Studenten bzw. Studierenden die Rede; für Studentenjobs kommen ebenfalls Schüler bestimmter ausbildender Schulen in Frage.

Die Finanzierung eines Studiums ist für viele Studierende eine Herausforderung. Eine finanzielle Hilfe stellt dabei das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dar. Die Anzahl der BAföG-geförderten Studierenden lag laut „statista“ im Jahr 2022 bei rund 490.000 Studierenden, der durchschnittliche monatliche BAföG-Förderbetrag bei 611 Euro. Die meisten Empfänger des Deutschlandstipendiums gab es mit insgesamt 4.961 Stipendiaten in Nordrhein-Westfalen.

Jedoch reichen Stipendien oder die finanzielle Unterstützung der Eltern oft nicht aus. Mit Werkstudentenjobs können Studierende neben ihrer Ausbildung an einer Hochschule oder Universität etwas hinzuverdienen. Daher geht ein großer Anteil der Studierenden einer bezahlten Nebenbeschäftigung nach. Durchschnittlich arbeiten Studierende rund 12,5 Wochenstunden im Nebenerwerb, um sich den Lebensunterhalt finanzieren zu können. Laut einer regelmäßig durchgeführten Studie lag der Anteil der Studierenden mit einer bezahlten Beschäftigung im Jahr 2021 bei rund 64 Prozent. Während des Corona-Krisenjahrs 2020 ging dieser Anteil um etwa zehn Prozentpunkte zurück.

Wie vertragen sich Nebenjob und Studium?

Dank bestimmten Voraussetzungen erstaunlich gut. Dazu gehört, dass ein Studierender, der bei Ihnen als GmbH einen Werkstudentenjob erhalten will, an einer Universität oder Hochschule immatrikuliert ist. Aufgaben, die Sie als GmbH und Arbeitgeber einem Werkstudenten übertragen, haben nicht zwangsläufig etwas mit dem von ihm gewählten Studiengang zu tun. Vielmehr soll eine solche Tätigkeit meistens ein erster Schritt in die Arbeitswelt sein und kann für den Studierenden ein Türöffner bei der späteren Jobsuche sein. Nicht selten führt der Nebenjob zu einer Festanstellung in einem Unternehmen wie Ihrer GmbH, die dem bisherigen Studierenden ja keine Unbekannte ist – und er Ihnen als GmbH gleichfalls nicht.

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Wie könnte eine Beschäftigung eines Werkstudenten aus Ihrer Sicht als GmbH aussehen?

In der Regel werden Sie einen Werkstudenten in Ihrem Unternehmen in verschiedene Projekte einbinden. Dabei übertragen Sie ihm wahrscheinlich zunächst

  • Assistenzaufgaben
  • Aushilfsarbeiten in einer Abteilung Ihres Unternehmens
  • Sie lassen ihn erste Berufserfahrungen sammeln
  • Sie setzen ihn von Anfang an aktiv ein
  • Sie beteiligen Ihren Werkstudenten an der Umsetzung von bestimmten Projekten – Motto: Learning by doing.

Denkbare Aufgaben, die Sie als Arbeitgeber Ihrem Werkstudenten übertragen, wären beispielsweise:

  • Pflegen von Webseiten oder Social-Media-Seiten Ihres Unternehmens
  • Einführen von neuen Programmen in Ihrem Unternehmen
  • Vorbereitung von Veranstaltungen Ihres Betriebes oder eines Betriebsteiles
  • Organisieren von Messeauftritten Ihres Unternehmens
  • Recherche von Marktinformationen als zusätzlichen Beitrag für Ihre Entscheidungen als Unternehmen

Wie stellt sich der Studentenjob aus Sicht des Studierenden dar?

Ebenfalls vorwiegend positiv. Ihr Student lernt dabei schnell den Umgang mit den Führungskräften und anderen Teammitgliedern in Ihrem Unternehmen oder Betrieb. Er verbessert durch seine Tätigkeit seine Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit. Wenn er von Ihrem Unternehmen in ein anderes wechselt, kann er neue Arbeitswelten kennenlernen; die Anforderungen sind je nach Branche unterschiedlich.

Wie stellt er sich für ihn finanziell dar?

Wie viel Ihr Studierender als Werkstudent verdient, hängt immer von ihrem Betrieb und von Ihrer Branche ab. Allerdings fällt die Vergütung in der Regel deutlich höher aus als bei Praktikanten. Der durchschnittliche Stundenlohn von Studierenden lag im Jahr 2021 bei rund 11,89 Euro. Für Werkstudentenjobs zahlen Sie als Unternehmen einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Seit dem 1. Januar 2024 liegt dieser bei 12,41 Euro brutto je Stunde, ab 1. Januar 2025 bei 12,82 Euro.

Was ist für die Sozialversicherung der Unterschied des Werkstudenten zum Praktikum?

Das kommt auf die Art des Praktikums an. In der täglichen Praxis kommt es ja immer wieder vor, dass Studenten in einem Betrieb anlässlich ihres Studiums ein Pflichtzwischenpraktikum ableisten müssen. In zahlreichen Studiengängen sind Vor-, Nach- oder Zwischenpraktika vorgeschrieben. Wenn Sie in Ihrem Betrieb einen solchen Praktikanten beschäftigen, beachten Sie für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht besondere Regelungen.

Fallen für das vorgeschriebenes Zwischenpraktikum Beiträge für die Sozialversicherung an?

Nein, die Beschäftigung bei dieser Art von Praktikum ist in der Sozialversicherung grundsätzlich versicherungsfrei. Sie führen für diese Praktikanten keinerlei Beiträge ab. Keine Rolle spielen dabei:

  • die wöchentliche Arbeitszeit,
  • die Höhe des Verdiensts oder
  • ob Sie als Arbeitgeber überhaupt ein Entgelt zahlen.

Wie ist der Student da kranken- und pflegeversichert?

Während des vorgeschriebenen Zwischenpraktikums über seine reguläre Studentenversicherung. Die Beiträge dafür zahlen nicht Sie als Arbeitgeber, sondern der Praktikant. Eventuell ist eine Familienversicherung möglich, wenn die geltende Einkommensgrenze nicht überschritten wird.

Wie verhält es sich bei Vor- und Nachpraktikum?

Da besteht bei einem solchen Praktikum Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen. Studenten sind bei einem Vor- oder Nachpraktikum in der Regel noch nicht oder nicht mehr immatrikuliert.

Wie hoch sind die Beiträge? Wer zahlt sie?

Das hängt vom Entgelt ab. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, können andere Sozialversicherungsbefreiungen greifen wie z.B.

  • Minijob
  • kurzfristige Beschäftigung

Kann Ihr Student sein Praktikum parallel zu seiner Werkstudententätigkeit ableisten?

Ja, das geht, aber Werkstudententätigkeit und vorgeschriebene Zwischenpraktika sollten Sie vertraglich und organisatorisch bei Ihnen als dem einzigen Arbeitgeber strikt voneinander trennen. Es empfiehlt sich eine entsprechende Dokumentation. Nehmen Sie sie idealerweise mit zu den Entgeltunterlagen! Es kann ja der Fall eintreten, dass eine Studentin oder ein Student, der an einer Hochschule oder an einer Universität eingeschrieben ist, bei Ihnen im Betrieb als Werkstudent tätig ist und für sein Studium ein Pflichtzwischenpraktikum ableisten muss. Das Pflichtzwischenpraktikum ist Voraussetzung für die Fortsetzung seines Studiums an der Hochschule oder Universität. Da bietet es sich für den Studenten an, dieses Zwischenpraktikum in Ihrem Betrieb zu absolvieren, wo er schon als Werkstudent neben seinem Studium tätig ist.

Liegt hier nicht ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor?

In der Tat ist in einem solchen Fall grundsätzlich sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, und zwar ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung. Ihr Arbeitnehmer übt dann bei Ihnen als ein und demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus. Ausnahme: Berufsausbildungsverträge. Diese rechnet die Sozialversicherung nicht mit anderen Beschäftigungsarten zusammen. Die Begründung des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in den Geringfügigkeitsrichtlinien: „Die Eigenart des Berufsausbildungsverhältnisses lässt es nicht zu, die Beschäftigung zur Berufsausbildung (einer anderen) Beschäftigung im Sinne einer einheitlichen Beschäftigung zu verbinden.“

Die in einer Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praktika von Studenten und Schülern gelten ebenfalls als Beschäftigungen zur Berufsausbildung. Deswegen kann Ihr Werkstudent seine Tätigkeit unabhängig vom Praktikum bei Ihnen als demselben Arbeitgeber durchführen. Die Tätigkeiten Praktikum und Arbeit lassen sich also sozialversicherungsrechtlich trennen.

Nehmen wir an, Sie haben ein Unternehmen, das mit der Herstellung von Automobilen beschäftigt ist. Bei Ihnen arbeitet ein Student als Werkstudent in der IT. Ihr Unternehmen zahlt ihm ein monatliches Bruttogehalt von 1.000 Euro. Gleichzeitig studiert er an einer Fachhochschule Betriebswirtschaft. Im Rahmen seines Studiums absolviert er ein Praxissemester ebenfalls in Ihrem Unternehmen. Während des Praxissemesters wird er in der Personalabteilung Ihres Unternehmens tätig. Beide Tätigkeiten als Werkstudent und als Praxissemester sind also sozialversicherungsrechtlich zu trennen. Diese dokumentierte Trennung gelingt Ihnen am besten, wenn zwei unterschiedliche Arbeitsverträge vorhanden sind:

  • einer für ihn als Werkstudent
  • ein zweiter für ihn als Praktikanten.

Erfasst das Werkstudentenprivileg jeden Sachverhalt?

Nein, es gibt da einige Besonderheiten, wie z.B.:

  • Umlagen: Werkstudenten unterliegen geschlechtsunabhängig dem Umlagesystem U1 (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall), U2 (Mutterschaftsaufwendungen) und der Insolvenzgeldumlage.
  • 26-Wochen-Regel: Die 26-Wochen-Regel ist keine kalenderjahresabhängige Regel. Vielmehr wird ein Zeitfenster von einem Jahr unabhängig vom Kalenderjahr betrachtet. Genauer gesagt: Man rechnet vom voraussichtlichen Ende des Zeitraums, in dem der Werkstudent mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet, ein Jahr zurück und zählt in diesem Zeitraum alle Wochen zusammen, in denen mehr als 20 Stunden gearbeitet wurde.Die Überschreitung der 20 Stunden ist nur dann unschädlich, wenn diese an Wochenenden, in den Abend- und Nachtstunden oder den Semesterferien erfolgt. Hier verdrängt die Überschreitung den Status als Student, sodass die Beschäftigung wie eine normale Beschäftigung ohne Werkstudentenprivileg zu behandeln ist.
  • Teilzeitstudent: Das Werkstudentenprivileg kann nicht gewährt werden, wenn das Studium nicht mehr als die Hälfte vom Umfang eines Vollzeitstudiums einnimmt.
  • Selbstständigkeit: Wird bei nicht befristeter Selbstständigkeit die 20- oder die 26-Wochenstunden-Regel ständig überschritten, wird das Werkstudentenprivileg nicht gewährt.
Autor*in: Franz Höllriegel