Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
Schaffe, schaffe, Häusle baue. Für die Steuer unterscheiden wir die Art von Häusles. Erzielen Sie mit Ihrem Unternehmen Umsätze mit ihnen, dürfen Sie als Unternehmen für die eine Vorsteuer abziehen, für andere nicht. Für die Steuer teilen Sie sie in abziehbare und nicht abziehbare auf.
Gilt diese Aufteilungspflicht nur für Gebäude Ihres Unternehmens?
Nein, nicht nur, aber doch insbesondere für Gebäude. Überhaupt gilt: Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, teilen Sie die auf die Eingangsleistungen angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil auf.
Wonach nehmen Sie als Unternehmen diese Vorsteueraufteilung vor?
Nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel, mit dem Sie die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nachweisen können. Den von Ihnen ermittelten Aufteilungsschlüssel wenden Sie allerdings nur an, wenn die Vorsteuern sowohl auf Umsätze entfallen, die den Vorsteuerabzug ermöglichen, als auch auf solche, die ihn nicht erlauben.
Hat die Aufteilung nach Ihrem Schlüssel Vorrang vor der direkten Zuordnung?
Nein, direkte Zuordnung hat Vorrang. Die Eingangsleistungen ordnen Sie nach den allgemeinen Grundsätzen soweit möglich direkt den zum Vorsteuerabzug berechtigenden bzw. diesen ausschließenden Ausgangsumsätzen zu. Erst wenn dies nicht möglich ist, teilen Sie die verbleibenden Vorsteuerbeträge sachgerecht auf. Dies gilt für Eingangsleistungen auf
- Nutzung
- Erhaltung
- Unterhaltung von gemischt genutzten Gebäuden.
Für welche Art von Gebäuden gilt die sachgerechte Aufteilung?
Bei Anschaffung oder Herstellung von gemischt genutzten Gebäuden. Erwerben oder errichten Sie ein Gebäude und beabsichtigen Sie, dieses für vorsteuerunschädliche wie auch für vorsteuerschädliche Umsätze zu nutzen, teilen Sie die gesamten auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge einheitlich auf:
- in einen abziehbaren und
- in einen nicht abziehbaren Teil.
Führen Sie hier aber keine vorherige direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu den Umsätzen durch, die zum Vorsteuerabzug berechtigen bzw. diesen ausschließen.
Wonach teilen Sie abzugsfähige Vorsteuer zu?
Nach Unionsrecht grundsätzlich gemäß dem Gesamtumsatzschlüssel. Abzugsfähig ist demnach die Vorsteuer entsprechend dem prozentualen Anteil Ihrer steuerpflichtigen Ausgangsumsätze an den gesamten steuerpflichtigen wie steuerfreien Ausgangsumsätzen Ihres Unternehmens.
Der deutsche Gesetzgeber hat allerdings von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in bestimmten Fällen von den unionsrechtlichen Grundsätzen abzuweichen. Er räumt stattdessen „anderen wirtschaftlichen Zuordnungen“ den Vorrang ein. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 8. November 2012 (C-511/10) entschieden, dass es mit dem Unionsrecht vereinbar sei, wenn ein Mitgliedstaat zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (RL) vorgesehenen Umsatzschlüssel vorschreibt. Voraussetzung sei, dass die herangezogene Methode eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes gewährleistet. Er bestätigte damit im Grundsatz die deutsche Rechtslage in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG.
Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel andere Aufteilungsschlüssel in Betracht, wenden Sie als in Deutschland steuerpflichtiges Unternehmen diese an, wenn dadurch ein präziseres Ergebnis herauskommt. In Betracht kommen dabei insbesondere:
- objektbezogener Nutzflächenschlüssel
- Flächenschlüssel
Das Problem der Nutzflächen- und Flächenschlüssel ist, dass sie die Besonderheiten eines Gebäudes nicht berücksichtigen. Sie bekommen bei einem gemischt genutzten Gebäude weniger Vorsteuerabzug, als vielleicht möglich wäre. Um den größten Vorsteuerabzug zu erreichen, sollten Sie prüfen, welcher Aufteilungsschlüssel für Sie am sinnvollsten ist. Ist der objektbezogene Umsatzschlüssel sachgerechter, also präziser als der Flächenschlüssel, muss das Finanzamt Ihre Aufteilung akzeptieren, selbst wenn der Flächenschlüssel gleichermaßen sachgerecht ist.
Worin unterscheiden sich die beiden Schlüssel?
- Der objektbezogeneNutzflächenschlüssel bei einem von Ihnen gemischt genutzten Gebäude dient bei der Aufteilung (Abschnitt 15.17 Abs. 7 Satz 4 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE):
- zunächst der Berechnung der Gesamtnutzfläche Ihres Gebäudes
- sodann der Aufteilung dieser auf Ihre vorsteuerschädlichen und vorsteuerunschädlichen Nutzflächen
Hierzu gehören:
- objektbezogener Umsatzschlüssel
- Schlüssel nach umbautem Raum
- im Einzelfall weitere sachgerechte Aufteilungsschlüssel wie z.B. bei der Vorsteueraufteilung einer Schulsporthalle nach den Nutzungszeiten
Nehmen wir an, Sie als Unternehmen haben ein gemischt genutztes Gebäude ohne bauliche Besonderheiten. Das Erdgeschoss hat eine Nutzfläche von 150 m². Sie nutzen es für Ihr Unternehmen. Die erste Etage mit ebenfalls 150 m² haben Sie umsatzsteuerfrei an einen Arzt vermietet. Die zweite Etage von ebenfalls 150 m² vermieten Sie auch umsatzsteuerfrei zu Wohnzwecken. Sie ermitteln Ihren Nutzflächenschlüssel am besten anhand der folgenden Tabelle:
Etage | Umsätze | |
Vorsteuerunschädlich | Vorsteuerschädlich | |
Erdgeschoss | 150 m² | |
1. Etage | 150 m² | |
2. Etage | 150 m² | |
Summe | 150 m² | 300 m² |
Anteil | 33,33 % | 66,66 % |
Sie können 33,33 Prozent der Vorsteuern aus den gemischten Aufwendungen geltend machen.
Müssen Sie den präzisesten Aufteilungsschlüssel anwenden?
Nein, kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel in Betracht, brauchen Sie nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden. Die Finanzverwaltung überlässt Ihnen die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode. Allerdings kann das Finanzamt die von Ihnen angewendete Methode daraufhin überprüfen, ob diese sachgerecht ist. Dafür nehmen Sie die Berechnung Ihres Aufteilungsschlüssels zu Ihren Buchführungsunterlagen. Spätestens bei einer Betriebsprüfung will der Prüfer sehen, wie Sie zu Ihrem Ergebnis gekommen sind.
- Flächenschlüssel: bietet sich für Sie an, wenn Sie mit Ihrem Gebäude vorsteuerschädliche und vorsteuerunschädliche Umsätze ohne räumliche Trennung erzielen (Abschn. 15.17 Abs. 7 Satz 5 UStAE).
Diese Aufteilung ist für Sie aber nur möglich, wenn Sie die vorsteuerschädlichen Flächen von den vorsteuerunschädlichen Flächen abgrenzen können und der Nutzflächen- oder Umsatzschlüssel zu einem ungerechten Ergebnis führen würde.
Nehmen wir an, Sie betreiben ein Lebensmittelgeschäft in einem 400 m² großen Ladenlokal. Auf einer Fläche von 25 m² haben Sie eine Postannahmestelle eingerichtet, mit der Sie ausschließlich vorsteuerschädliche Umsätze in Höhe von 40.000 Euro im Jahr erzielen. Ihr Gesamtumsatz beträgt 120.000 Euro. Die aufzuteilende Vorsteuer soll 50.000 Euro betragen.
So ermitteln Sie den Flächenschlüssel:
Anteil vorsteuerschädliche Fläche = (25 m² × 100) / 400 m² = 6,25 Prozent.
Von den 50.000 Euro Vorsteuern können Sie 3.125 Euro nicht geltend machen (6,25 Prozent von 50.000 Euro).
Zum Vergleich: Berechnung des Aufteilungsschlüssels nach Umsätzen (Umsatzschlüssel): Anteil der vorsteuerschädlichen Umsätze = (40.000 € × 100) / 120.000 € = 33,33 %.
Die Vergleichsrechnung zeigt, dass Sie mit dem Umsatzschlüssel 16.665 Euro aus den aufzuteilenden Vorsteuern nicht beim Finanzamt geltend machen können. An dem Beispiel sehen Sie, dass der Flächenschlüssel hier für Sie zu einem günstigeren Ergebnis führt. Im Beispiel ist Ihr Vorsteuerabzug um 13.540 Euro höher (16.665 Euro – 3.125 Euro).
Was, wenn keiner dieser Schlüssel sich als gerecht erweisen sollte?
Die Aufteilung nach den Verwendungsumsätzen ist die Lösung, wenn Sie ein Gebäude haben, bei dem weder der Nutzflächen- noch der Flächenschlüssel zu einem gerechten Ergebnis führen würde. Weichen die Ausstattungen der Räume in Ihrem Betriebsvermögen erheblich voneinander ab, können Sie den Aufteilungsschlüssel nach Ihren Verwendungsumsätzen berechnen. Als typischer Fall sind hier unterschiedliche Geschosshöhen zu nennen (Abschn. 15.17 Abs. 7 Satz 6 und 7 UStAE). Man spricht hier vom objektbezogenen Umsatzschlüssel.
Angenommen, Sie bauen ein Betriebsgebäude. Die Nutzfläche des Erdgeschosses umfasst 250 m². Die erste Etage mit einer Nutzfläche von ebenfalls 250 m² vermieten Sie umsatzsteuerfrei an ein Versicherungsunternehmen, da eine Option zur Umsatzsteuer nach § 9 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht möglich ist. Insgesamt berechnet Ihnen das bauleistende Unternehmen aufzuteilende Vorsteuern in Höhe von 100.000 Euro. Das Erdgeschoss nutzen Sie selbst. Ihre Umsätze sollen den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Das Besondere ist, dass Ihr Erdgeschoss über eine Geschosshöhe von 12 m verfügt. Die erste Etage hat eine Geschosshöhe von 3 m. Der Umsatz Ihres Unternehmens beträgt im Jahr 600.000 Euro und der aus der Vermietung 120.000 Euro. Bei Anwendung des Nutzflächenschlüssels kommen Sie zu folgendem Aufteilungsschlüssel:
vorsteuerunschädlich = (250 m² × 100) / 500 m² = 50 %.
Nach dem Nutzflächenschlüssel sind 50 % der aufzuteilenden Vorsteuern abzugsfähig. Dies entspricht 50.000 Euro (50 Prozent von 100.000 Euro). Bei Anwendung des objektbezogenen Umsatzschlüssels kommen Sie zu folgendem Aufteilungsschlüssel:
vorsteuerunschädlich = (600.000 Euro × 100) / 720.000 Euro = 83,33 Prozent.
Mit dem Umsatzschlüssel haben Sie einen Vorsteuerabzug in Höhe von 83.300 Euro. Das sind 33.300 Euro mehr als bei der Anwendung des Nutzflächenschlüssels. Der Vergleich hat sich also in diesem Fall gelohnt.
Wonach prüft das Finanzamt Ihren Aufteilungsschlüssel?
Nach folgenden Kriterien:
- Kriterium 1: Ist die bauliche Gestaltung Ihrer unterschiedlichen Gebäudeeinheiten nahezu identisch, lässt Ihr Finanzamt nur den Nutzflächen- oder Flächenschlüssel zu.
- Kriterium 2: Weist die bauliche Gestaltung oder die Ausstattung Ihres Gebäudes erhebliche Unterschiede auf und erzielen Sie mit der Nutzung des Gebäudes z.B. als Vermietung Ausgangsumsätze, lässt Ihr Finanzamt einen objektbezogenen Umsatzschlüssel zu.
- Kriterium 3: Weist die bauliche Gestaltung oder die Ausstattung Ihres Gebäudes erhebliche Unterschiede auf und nutzen Sie dies nur für eigene Umsätze ohne Vermietung, erfolgt die Aufteilung der Vorsteuer nach Ihren Gesamtumsätzen.
Was bedeutet das für Ihre Praxis im Umgang mit dem Finanzamt?
Stellen Sie sich darauf ein, dass es zunächst weiterhin auf der Anwendung des Flächenschlüssels beharren wird, sofern dieser für den Fiskus günstiger ist. Insofern sollten Sie Argumente sammeln und Unterlagen zusammenstellen, um darlegen zu können, dass beispielsweise der objektbezogene Umsatzschlüssel zumindest gleichermaßen präzise ist.