10.01.2023

vGA bei Übernahme von Haftungsrisiken aus einer Aufsichtsratstätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers

Haben Sie als GmbH schon mal Ihren geschäftsführenden Gesellschafter von der Haftung für eine Tätigkeit im Aufsichtsrat einer AG freigestellt? Dabei sollten Sie auf jeden Fall Vorsicht walten lassen. Das kann ins Auge gehen, sowohl für Sie als GmbH als auch für Ihren Geschäftsführer.

vGA bei Aufsichtsratstätigkeit

Inwiefern für die GmbH und inwiefern für den Geschäftsführer?

Für Ihre GmbH insofern, als die Freistellung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei Ihrer GmbH führt. Das wiederum erhöht deren Einkommen. Für Ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, als für die vGA der von der GmbH erbrachte Schadensersatz anzusetzen ist, sofern ihm eine Pflichtverletzung unterlaufen ist. Das hat das Finanzgerichts (FG) Hamburg erst kürzlich entschieden (FG Hamburg, Urteil vom 03.12.2020, Az.: 2 K 62/19). Das Schöne daran war noch, dass dieses Risiko hätte vermieden werden können.

Worum ging es in dem Fall vor dem FG Hamburg?

Um eine an einer AG beteiligte GmbH. Sie entsandte ihren Alleingesellschafter-Geschäftsführer in den Aufsichtsrat der AG. Sie stellte ihn von allen Haftungsansprüchen frei, die sich aus dessen Aufsichtsratstätigkeit hätten ergeben können. Es kam, wie es fast schon kommen musste: über das Vermögen der AG wurde Insolvenz angemeldet. Der Insolvenzverwalter nahm unseren Alleingesellschafter-Geschäftsführer auf rund 75.000 Euro in Anspruch. Den Betrag zahlte die GmbH und machte ihn als Betriebsausgabe geltend. Damit hatte die GmbH aber die Rechnung ohne das Finanzamt gemacht. Das bewertete die Zahlung in voller Höhe als vGA und rechnete den Betrag außerhalb der Bilanz dem Gewinn der GmbH hinzu. Damit war die GmbH nicht einverstanden und klagte.

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Wie sah es das FG?

Es wies die Klage ab. Zwar sei der formelle Fremdvergleich erfüllt. Das heißt: eine Leistung einer GmbH an einen beherrschenden Gesellschafter muss

  • auf einer vorherigen,
  • zivilrechtlich wirksamen und
  • klaren Vereinbarung beruhen.

Das war hier der Fall: für die Haftungsfreistellung gab es nach Feststellung des Gerichts eine Vereinbarung, die eindeutig formuliert und zivilrechtlich wirksam sei. Aber ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer der GmbH hätte die Vereinbarung über die Haftungsfreistellung nicht geschlossen, urteilte das Gericht. Die Vereinbarung genüge deswegen nicht den Anforderungen an einen materiellen Fremdvergleich.

Was versteht das FG unter eine vGA?

Es hat zu Gewinnminderungen einer Kapitalgesellschaft geäußert. Sind sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, werden diese als vGA dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Unter einer vGA sei im Sinn des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, nämlich eine verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen. Sie veranlasst das Gesellschaftsverhältnis. Sie wirkt sich auf die Höhe des Betriebsvermögens aus und steht in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung. Die Rechtsprechung geht gemeinhin von einer vGA aus, wenn

  • die Kapitalgesellschaft
  • ihrem Gesellschafter
  • einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie
  • bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.

Ist der Begünstigte ein beherrschender Gesellschafter, kann eine vGA auch dann vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es fehlt an:

  • einer klaren,
  • im Voraus getroffenen,
  • zivilrechtlich wirksamen und
  • tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt: formeller Fremdvergleich.

Warum hätte ein ordentlicher Geschäftsführer die Vereinbarung nicht geschlossen?

Er hätte keine Haftungsfreistellung vereinbart, die zu einer Existenzvernichtung der GmbH und zu einer völligen Haftungsfreistellung des Gesellschafter-Geschäftsführers führen kann. Im vom FG zu entscheidenden Fall war der materielle Fremdvergleich nicht gegeben. Zudem darf die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter keinen Vermögensvorteil zuwenden, den sie

  • bei der Sorgfalt
  • eines ordentlichen und
  • gewissenhaften Geschäftsleiters
  • einem Nichtgesellschafter
  • nicht gewährt hätte: materieller Fremdvergleich.

Inwiefern hätte die vGA vermieden werden können?

Indem die GmbH mehr und genau hätte begründen können, weshalb die Übernahme der Aufsichtsratstätigkeit in ihrem eigenen betrieblichen Interesse gelegen haben soll.

Was hätte man der GmbH raten können?

Keine Vereinbarung einer Haftungsfreistellung für vorsätzliche Pflichtverletzungen, sondern allenfalls für leichte Fahrlässigkeit des GmbH-Geschäftsführers zu treffen. Das wäre zulässig, für grobe Fahrlässigkeit ist dies umstritten.

Entscheidend ist aber: die GmbH hätte für den Alleingesellschafter- Geschäftsführer eine sogenannte Directors-and-Officers-Versicherung (D&O-Versicherung) abschließen können, die für Pflichtverletzungen von Aufsichtsratsmitgliedern einsteht.

Gibt es andere ähnliche Fallstricke einer vGA?

Ja, zum Beispiel folgender: Sie wollen als Alleingesellschafter Irgendwann Auszeit nehmen, früher in Rente gehen und trotzdem Lohn erhalten. Das können Sie über ein Zeitwertkonto.

Oder, nehmen Sie diesen Fall: Pensioniert, beherrschender Gesellschafter und Geschäftsführer – und das zugleich bei voller Bezahlung. Das riecht doch stark nach verdeckter Gewinnausschüttung (vGA), finden Sie nicht auch? Na, dann lesen Sie mal unseren Beitrag „Pensionszahlung an mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführer“.

Einen haben wir noch: Sie als Gesellschafter einer GmbH bekommen eine Gewinnausschüttung. Klar ist: sie ist Einkommen aus Kapitalvermögen.

Autor*in: Franz Höllriegel