Gleichbehandlung: Verhandlungsgeschick kein Grund für Gehaltsunterschiede
Frauen haben Anspruch auf das gleiche Entgelt wie Männer, wenn sie die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit ausüben, sagt das BAG. Dass der Mann besser verhandelt, ist kein Grund für eine Ungleichbehandlung.
Wir haben das Jahr 2023. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz schreibt vor, Geschlechter im Arbeitsleben gleich zu behandeln. So weit, so anerkannt. Dennoch haben deutsche Arbeitnehmerinnen im Jahr 2022 18 % weniger verdient als die Herren der Schöpfung (Quelle Antidiskriminierungsstelle des Bundes).
Über Frauen in Führungspositionen wollen wir gar nicht sprechen. Hier hat das Bundesarbeitsgericht jetzt mal ein Machtwort gesprochen. „Frauen haben Anspruch auf gleiches Entgelt wie Männer für gleiche oder gleichwertige Arbeit.“
Mitarbeiter hat besser verhandelt
Im Entscheidungsfall hatte eine Dame im März 2017 bei einem Dresdener Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie als Außendienstmitarbeiterin angefangen. Grundgehalt laut Arbeitsvertrag: 3.500 Euro. Im Januar des gleichen Jahres hatte ein männlicher Kollege als Außendienstmitarbeiter begonnen. Das ihm in ebenfalls dieser Höhe angebotene Grundgehalt hatte er abgelehnt und ein höheres Entgelt ausgehandelt.
Die Vertriebsmitarbeiterin klagte auf Zahlung der Lohndifferenz. Beide Vorinstanzen lehnten dies ab, da das vorrangige Ziel „Mitarbeitergewinnung“ unterschiedliche Entgelte rechtfertige.
Geschlechterdiskriminierung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) lehnte diese Betrachtungsweise ab. Es verurteilte die Arbeitgeberseite zur Zahlung der Lohndifferenz und legte eine zusätzliche Diskriminierungsentschädigung von 2.000 Euro obendrauf. Die Vertriebsangestellte habe für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt erhalten als ihr männlicher Kollege. Hier müsse eine Diskriminierung nach § 22 AGG aufgrund des Geschlechts vermutet werden. Diese Vermutung konnte die Arbeitgeberseite nicht entkräften – schon gar nicht mit dem Hinweis, der Mitarbeiter habe erfolgreicher verhandelt.
Fazit: Wir haben auf der einen Seite den Grundsatz der Lohngleichheit – auf der anderen die Arbeitsvertragsfreiheit.
Unterschiedliche Gehaltsvereinbarungen sind zwar (theoretisch) nach wie vor möglich. Die Arbeitgeberseite muss sich allerdings immer bewusst sein, dass eine Ungleichbehandlung diskriminierenden Charakter hat und eine Entschädigung nach sich ziehen kann. (BAG, Urteil 16.02.2023 – AZR 450/21).