14.03.2018

Unternehmensbesteuerung: deutsche Regelungen unter der Lupe

Apple war der Apfel des Anstoßes für die EU, die Unternehmensbesteuerung unter die Lupe zu nehmen. Zwischen 2003 und 2014 sparte sich der Computerkonzern 13 Milliarden Euro Steuern. Möglich machte das der irische Staat mit seinen Steuergesetzen. 2016 forderte die EU-Kommission das Geld nach – und geht seither gegen solche Beihilfen vor. Auch Deutschland steht im Verdacht. Angeblich soll es mit seinen Regelungen zur Steuerfreiheit verbotene Beihilfen leisten.

Wegen möglicher verbotener Beihilfen nimmt die EU-Kommission die Unternehmensbesteuerung in Deutschland unter die Lupe.

EU bittet Apple, Google und Co. zur Kasse

Die EU will Technologiekonzerne wie Google, Apple und Facebook künftig effektiver besteuert. Wie „faz.net“ berichtet, schlägt die EU-Kommission für die Unternehmensbesteuerung vor, eine gemeinsame Bemessungsgrundlage zu schaffen. Diese soll vorläufig relativ schmal ausfallen. Das geht aus einem Arbeitspapier der Brüsseler Behörde hervor, das der F.A.Z. vorliegt.

Die Kommission will im April 2018 einen ersten Vorschlag für eine Digitalsteuer in Europa vorlegen. Besteuert werden sollen nur zwei Arten von Umsätzen und ausdrücklich nicht alle Erträge, die die Digitalkonzerne erzielen:

  • Zum einen werden Umsätze genannt, die Unternehmen wie Facebook, Google AdWords, Twitter und Instagram aus dem Verkauf von Online-Werbung erzielen.
  • Zum anderen nennt die Behörde die Erlöse von digitalen Marktplätzen wie Airbnb und Uber.

Andere Umsätze, beispielsweise von Online-Lieferdiensten, schließt die Kommission nicht aus grundsätzlichen, sondern nur aus pragmatischen Gründen aus. Weitere Schritte könnten folgen, heißt es.

Offen sind noch die konkreten Steuersätze. In dem Papier ist bislang die Rede von ein bis fünf Prozent auf den Umsatz. Genaue Zahlen wollen die Kommissare in den kommenden Wochen festlegen.

Der Satz soll in der ganzen EU gelten. Betroffen sein sollen Unternehmen mit einem globalen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro und wenigstens 10 Millionen Euro in Europa.

Unternehmensbesteuerung: steuerliche Beihilfen im Visier der EU-Aufsicht

Steuerliche Regelungen nach dem irischen Apple-Modell sind verstärkt ins Visier der EU-Beihilfenaufsicht geraten. Sie verschärft ihre Kontrollen von gesetzlichen Regelungen wie auch neuerdings gegen behördliche Einzelfallmaßnahmen – insbesondere Rulings und Advanced Pricing Agreements (APA) nach einer vorherigen Einigung über Verrechnungspreise.

Im Dezember 2014 befragte die EU-Kommission hierzu alle 28 EU-Mitgliedstaaten. Damit wollte man beihilfenrechtsrelevante Vereinbarungen systematisch aufdecken, wie es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen von 2017 heißt.

Deutsches Steuerrecht mit verbotenen Beihilfen?

Auch die deutsche Unternehmensbesteuerung steht im Verdacht verbotener Beihilfen. Das zielt ab auf allgemeine Regelungen, wie zum Beispiel die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen zur Abwendung von Insolvenzen oder die Grunderwerbsteuerbefreiung für konzerninterne Umstrukturierungen. Sie mussten der EU-Kommission zur Notifizierung oder dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt werden.

Längst geht es nicht mehr nur um klassische Steuervergünstigungen, etwa Sonderabschreibungen für einzelne Branchen wie den Schiff- oder Flugzeugbau. Inzwischen sind sämtliche Normen des Steuertatbestands mit entlastender Wirkung in den beihilferechtlichen Fokus gerückt.

Ausweitung der Beihilfekontrolle

Mit dieser Ausweitung der Beihilfekontrolle geht laut Gutachten des Beirats eine erhebliche Rechtsunsicherheit einher – sowohl für die nationalen Steuergesetzgeber als auch für die betroffenen Unternehmen. Zentrales Problem der Beihilfeaufsicht: Steuerliche Maßnahmen als Beihilfe, gepaart mit einer einseitigen Risikotragung durch die begünstigten Unternehmen, seien im Vorfeld nicht einzuordnen.

Unabhängig davon, ob die Beihilfeeigenschaft erkennbar war, müssten Beihilfen rückwirkend für einen Zeitraum von zehn Jahren verzinslich zurückgewährt werden. Vertrauensschutz werde nicht gewährt.

Nach der Verordnung zur Arbeitsweise in der EU (AEUV) sind aber „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

Staatliche steuerliche Beihilfe

Die EU ist um Klarstellung bemüht. Deshalb veröffentlichte die Kommission 2016 eine Bekanntmachung zum Begriff staatlicher steuerlicher Beihilfe. Diese enthält jedoch keine rechtssicheren Kriterien der Abgrenzung. Sie bestätigt nur die Tendenz zur Ausweitung der steuerlichen Beihilfekontrolle.

Das Bundesfinanzministerium sieht das so: Die Unsicherheit bei der Einordnung von Vorschriften als Beihilfe und die Ausweitung des Beihilfebegriffs greift erheblich in die Steuerautonomie der EU-Mitgliedstaaten ein. Wenn letztlich jede steuerentlastende Norm als verbotene Beihilfe aufgefasst werden könne, komme es zu einem grundsätzlichen Kompetenzkonflikt – und zwar zwischen der fortbestehenden Autonomie der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der direkten Steuern einerseits und dem Beihilfeverbot andererseits.

Zur Auflösung dieses Konflikts ebenso wie zur Schaffung von Rechtssicherheit bei der Unternehmensbesteuerung bedürfe es einer klareren Ausrichtung der Beihilfeaufsicht am Zweck des Beihilfeverbots, Verzerrungen des grenzüberschreitenden Handels zu verhindern. Eine Begrenzung sei sowohl auf tatbestandlicher Ebene bei der Definition steuerlicher Beihilfen möglich als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen verbotener Beihilfen.

Steuern im privaten Bereich: Vorsorge, Unterhalt und Kinderbetreuung

Die meisten steuerzahlenden Bürger wissen, dass man von seinen Einkünften sogenannte Werbungskosten abziehen und dadurch die eigene Steuerbelastung senken kann. Doch damit ist meistens schon Schluss mit dem allgemeinen Wissen auf diesem Gebiet.

Welche Aufwendungen auch außerhalb der Werbungskosten geltend gemacht werden können, behandelt „SteuerSparbrief AKTUELL“ (4/2018). Der Newsletter für Selbständige und Unternehmer geht dabei insbesondere auf Vorsorgeaufwendungen, Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehepartner sowie Kinderbetreuungskosten ein.

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Autor*in: Franz Höllriegel