07.05.2024

Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis

Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht. Diese Weisheit gilt nicht für Fehler. Einmal passiert und nicht korrigiert, kann ein Fehler beim Ausweis der Steuer fatale Folge haben. Merken Sie den Fehler nicht rechtzeitig und wiederholen ihn unbemerkt, können die Folgen katastrophal sein.

Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis

Führt ein Fehler beim Ausweis der Steuer automatisch zu negativen Folgen?

Wenn Sie ihn als steuerpflichtiger Unternehmer sofort bemerken und korrigieren, nicht. Das Problem ist: Im Geschäftsalltag fällt ein unrichtiger Steuerausweis nicht immer sofort auf. Kommt es später zu einer Betriebsprüfung, und diese stößt auf einen nicht korrekten Steuerausweis, kann das fatale Auswirkungen für Sie mit sich bringen. Die Nachwirkungen eines falschen Steuerausweises sind weitreichend und können schnell hohe Steuerzahlungen nach sich ziehen. Wenn Sie als Steller einer Rechnung denselben oder einen gleichen Fehler sogar in einer Vielzahl Ihrer Rechnungen zunächst unbemerkt wiederholen, sind finanzielle Probleme ungeahnten Ausmaßes möglich – die Steuernachzahlungen können Ihre Firma in arge Bedrängnis bringen.

Auf welche Fehler sollten Sie besonders achten?

Beispielsweise kommen folgende Fehlergestaltung vor:

  • Fehlende Berechtigung zum Steuerausweis
  • Rechnung mit fehlerhaftem Umsatzsteuerbetrag
  • Ausweis von Umsatzsteuer (USt) auf der Rechnung, obwohl keine anfällt

Welche Konsequenzen haben sie für Sie als Rechnungsaussteller?

  • Wenn Sie in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweisen, obwohl Sie zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt sind, schulden Sie nach § 14c Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) den ausgewiesenen Betrag. Das gilt gemäß Satz 2 dieser Vorschrift ebenfalls, wenn Sie wie ein leistender Unternehmer abrechnen und einen Steuerbetrag gesondert ausweisen, obwohl Sie nicht Unternehmer sind oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführen.
  • Weisen Sie als Unternehmer versehentlich eine zu geringe Umsatzsteuer aus – etwa sieben Prozent anstelle des allgemeinen Steuersatzes von 19 Prozent –, schulden Sie trotzdem die gesetzlich zutreffende, höhere Steuer. In dem Fall ist die Umsatzsteuer aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen. Im laufenden Betrieb fällt das oft nicht sofort auf, spätestens bei einer Betriebsprüfung droht jedoch die Nachzahlung.

Beispiel I: Angenommen, Ihr Unternehmen erreicht einen Jahresumsatz unter 22.000 Euro. Damit liegt es innerhalb der Kleinunternehmergrenzen Sie haben auch nicht zur Umsatzsteuer optiert. Sie liefern für 10.000 Euro Waren an einen Kunden, eine GmbH. Die Rechnung lautet:

Warenlieferung, netto 10.000 Euro
19 Prozent Umsatzsteuer 1.900 Euro
Bruttobetrag: 11.900 Euro

Die steuerlichen Folgen: Als Kleinunternehmer sind Sie nicht zum Umsatzsteuerausweis berechtigt. Da sie jedoch 1.900 Euro an Umsatzsteuer berechnen, melden Sie diesen Betrag mit einer Umsatzsteuervoranmeldung oder USt-Jahreserklärung dem Finanzamt und zahlen diesem den Steuerbetrag.

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Beispiel II: Jetzt nehmen wir an, Sie sind eine Privatperson und verkaufen einen Gebrauchtwagen an einen Kfz-Händler. Über den Verkauf schreiben Sie als Privatmann eine Rechnung:

Gebraucht-Kfz wie besichtigt
Gesamtbetrag inklusive 19 Prozent Umsatzsteuer 10.000 Euro

Die steuerlichen Folgen: Als Privatperson sind Sie nicht berechtigt, Umsatzsteuer auszuweisen. Da dies hier trotzdem der Fall ist, schulden Sie die UST dem Finanzamt – mithin 1.596,63 € (19 % aus 10.000 €).

Beispiel III: Nun unterstellen wir einmal, Sie besitzen ein Restaurant. Als solches führen Sie auf Ihren Rechnungen für Speisen und Getränke den Nettobetrag auf und zusätzlich 19 Prozent  Umsatzsteuer. Ihre Rechnung lautet:

Speisen, netto 300 Euro
Getränke, netto 200 Euro
Gesamtbetrag, netto 500 Euro
19 % Umsatzsteuer 95 Euro
Gesamtbetrag, brutto 595 Euro

Die steuerlichen Folgen: Auf Speisen in Restaurants galt bis vor Kurzem coronabedingt der verminderte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Da hier jedoch der allgemeine Steuersatz von 19 Prozent ausgewisen ist, meldete Ihre Gaststätte in dieser Zeit diesen höheren Betrag per USt-Voranmeldung oder USt-Jahreserklärung Ihrem Finanzamt und führten ihn dorthin ab.

Was gilt für den Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger?

Ganz gleich, ob unberechtigter Steuerausweis oder ein zu hoch ausgewiesener Steuerbetrag: Der Empfänger Ihrer Rechnung richtet sich stets nach der gesetzlichen Regelung:

  • Ist der Umsatzsteuerausweis unberechtigt, darf er trotz gesondertem Steuerausweis in der Rechnung keine Vorsteuer abziehen.
  • Ist der USt-Ausweis zu hoch, macht er lediglich die gesetzlich vorgeschriebene Vorsteuer geltend. Im Fall der Bewirtung in Ihrem Restaurant bedeutet dies, dass Sie als Unternehmer aus den Bewirtungskosten anteilig für die Speisen nur den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent als Vorsteuer abziehen.
  • Ist der USt-Ausweis zu gering, ziehen Sie als Restaurant nur den tatsächlich ausgewiesenen, geringeren Betrag als Vorsteuer ab.

Was, wenn Sie als Unternehmen einen negativen Steuerbetrag ausweisen?

Mit einem solchen speziellen Fall befasst sich ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF). Betroffen waren zwei Firmen, die im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung eine „Jahres-Konditionsvereinbarung“ getroffen hatten – einen Bonus. In einem als „Belastung“ bezeichneten Dokument wies der eine Geschäftspartner den fixierten Bonus in ungewöhnlicher Form aus – „Vereinbarung Konditionsabrechnung“:

Warenwert Nettobetrag xxx.xxx Euro –
MwSt-Betrag xxx.xxx Euro –
Endbetrag –       xxx.xxx Euro –

Es kam zu einer Außenprüfung des Finanzamts. Der Prüfer forderte von diesen Beträgen die Umsatzsteuer. Dagegen wehrte sich der Unternehmer. Schließlich seien die geschriebenen „Belastungen“ keine formelle Rechnung. Zusätzlich verwies er auf fehlende vorgeschriebene Rechnungsinhalte und darauf, dass die Beträge mit einem negativen Vorzeichen versehen seien. Der Fall beschäftigte Finanzamt und Finanzgericht lange. Schließlich kam man zu dem Ergebnis: Die „Belastungen“ dienten ausschließlich zum Zahlungsverkehr zwischen den beiden Firmen und sind nicht als Rechnung zu werten. Zudem könne ein offen ausgewiesener negativer Betrag nicht geschuldet werden, schließlich sei es kein Steuermehrbetrag (BMF-Schreiben vom 18.04.2023, Az.: III C 2 – S 7282/19/10001:005).

Wieso hat das Unternehmen das Minuszeichen nachgestellt?

Das ist in der Tat im Urteilsfall untypisch; normalerweise steht es vor dem Betrag. Aber das stört das BMF nicht. Es stellt generell zu Entgeltminderungen fest: Soweit Sie als Aussteller eines Dokuments mit diesem nicht über eine von Ihnen erbrachte Leistung, sondern über eine Entgeltminderung abrechnen und dies zusätzlich durch ein Minuszeichen bei dem offen ausgewiesenen Betrag zum Ausdruck bringen, schulden Sie diesen negativen Betrag nicht nach § 14c UStG.

Beispiel

Lieferungen I. Halbjahr 2023, netto 100.000 Euro
Umsatzsteuer 19 Prozent 19.000 Euro
Brutto 119.000 Euro
vereinbarter Bonus – 10.000 Euro
Umsatzsteuer 19 Prozent – 1.900 Euro
Brutto 11.900 Euro

Wunderbar – also ein steuerlicher Freifahrtschein?

Nein, im Gegenteil; bei der Ausstellung von Abrechnungen sollten Sie besonders sorgfältig vorgehen. Das verdeutlicht diese im typischen Amtsdeutsch formulierte Feststellung im gleichen BMF-Schreiben: „Soweit der Aussteller des Dokuments mit diesem hingegen über eine von ihm erbrachte Leistung abrechnet und der insoweit offen ausgewiesene Betrag ein Minuszeichen enthält, das aber beispielsweise nur eine Zahlungsverpflichtung des Leistungsempfängers an den Leistenden ausdrücken soll, ist § 14c UStG bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen anwendbar, da in diesem Fall kein „negativer Betrag“ vorliegt.“ Auf Normaldeutsch: Rechnen Sie als Unternehmen eine erbrachte Leistung ab, schulden Sie den Umsatzsteuerbetrag.

Beispiel

Provisionsabrechnung für Vermittlungen I. Halbjahr
2023, netto – 20.000 Euro
Umsatzsteuer 19 % – 3.800 Euro
Brutto – 23.800 Euro

Für die Beurteilung, wie in jedem konkreten Einzelfall zu entscheiden ist, folgt man dem Bundesfinanzministerium und zieht zusätzliche Dokumente wie Verträge, Lieferscheine oder Schriftverkehr nur heran, wenn darauf in der eigentlichen Abrechnung explizit verwiesen wird.

Darf auch der Leistungsempfänger eine Rechnung stellen?

Sofern vorher vereinbart, darf eine Rechnung auch durch den  Leistungsempfänger ausgestellt werden. Das sind dann Gutschriften gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG. Bei Gutschriften, in denen ein Minuszeichen zum Ausdruck bringen soll, dass der Leistungsempfänger Ihnen als leistendem Unternehmer die Zahlung des genannten Umsatzsteuerbetrags schuldet, wird eine erbrachte Leistung abgerechnet. Daher kann sich hier regelmäßig eine Steuerschuldnerschaft des Gutschriftempfängers ergeben.

Autor*in: Franz Höllriegel