Überstundenauszahlung für mehrere Jahre steuerbegünstigt
Job erledigt – und dann eine warme Dusche zum Schluss: Auszahlung von Überstunden. Da läppert sich so einiges über die Jahre zusammen. Wenn da nicht der Fiskus wäre! Doch diesmal haben Sie sich zu früh geärgert. Denn jetzt ist klar: diese Steuerlast können Sie erleichtern.
Abfindung, Lohnnachzahlung, Urlaubsabgeltung – alles lohnsteuerpflichtig. Überstundennachzahlung auch?
Ja, allerdings war bislang strittig, wie.
Wieso? Hat Ihr steuerpflichtiger Ex-Mitarbeiter da eine Auswahl?
Ja, hat er. Zur Disposition stehen steuerlich gesehen die Berechnungswege nach:
- Regelsteuersatz oder
- Fünftel-Regelung, also nach ermäßigtem Steuersatz für außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG.
Macht das denn einen Unterschied?
Ja, und wie! Der steuerliche Unterschied ist beachtlich und wirkt sich für Ihren bisherigen Mitarbeiter in barer Münze aus. Die ermäßigte Besteuerung verteilt nämlich das bezogene Entgelt über fünf Jahre hinweg. Und das führt in der Regel zu erheblichen Steuerersparnissen.
Was ist der Haken dabei?
Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist zunächst einmal eine „mehrjährige“, also länger als zwölf Monate währende Tätigkeit, für die das ausgezahlte Entgelt angefallen ist. Zudem muss die Auszahlung zusammengeballt stattfinden, das heißt, die Auszahlung der Vergütung erfolgt in einer Summe.
Da hat zum Beispiel in einem Fall beim Finanzgericht Münster (FG Münster, Urteil vom 23.05.2019, Az.: 3 K 1007/18 E) ein Arbeitnehmer über die Jahre hinweg insgesamt 330 Überstunden geleistet:
- 2013 115,75 Stunden,
- 2014 114,5 Stunden,
- 2015 99,5 Überstunden.
Er war nun langfristig erkrankt und hatte eine Rente zugesprochen bekommen. Deswegen einigte er sich 2016 mit seinem Arbeitgeber auf die Auflösung des Arbeitsvertrages. Danach sollte dieser ihm – neben der Auszahlung einer Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage – die in den Jahren angefallenen Überstunden mit 6.000 Euro vergüten. Das Finanzamt berechnete für die Überstundenvergütung den Regelsteuersatz. Dagegen legte der Arbeitnehmer Rechtsmittel ein.
Mit Erfolg?
Ja. Das Finanzgericht Münster gab dem Arbeitnehmer recht. Zur Begründung führte das Gericht an, dass es sich bei der Überstundenvergütung um eine Entgeltzahlung für eine Tätigkeit über mehrere Jahre im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG handele. Insofern habe die Versteuerung ebenso ermäßigt zu erfolgen wie bei einer Lohnnachzahlung für regulär geleistete Arbeitsstunden. Zudem sei die Auszahlung, wie steuerrechtlich verlangt, zusammengeballt erfolgt, da sie in einer Summe geflossen sei.
Tipp der Redaktion
Dieser Beitrag beruht auf einem Artikel aus dem „Lohn und Gehaltsprofi AKTUELL“.
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Was lernen Sie als Arbeitgeber daraus?
Wenn Sie als solcher die Auszahlung von Überstunden für mehrere Jahre mit dem vollen Steuersatz in der Lohnabrechnung berücksichtigt haben, so sollte Ihr betroffener Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung den ermäßigten Steuersatz für diese Vergütung beantragen und Einspruch gegen den anderslautenden Einkommensteuerbescheid einlegen. Um eine Versteuerung nach der Fünftel-Regelung zu erreichen, kann er als Einspruchsbegründung das Aktenzeichen des Urteils des Finanzgerichts Münster nennen. Ob das allerdings für alle Zukunft gilt, ist noch nicht abgemacht.
Wieso nicht?
Weil das Finanzgericht Münster die Revision (Rev. BFH, Az.: VI R 23/19, Abruf-Nr.: 209422) zugelassen hat. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig. Seinerzeit hatte das Finanzgericht Hamburg eine anderslautende Sichtweise eingenommen (FG Hamburg, Urteil vom 02.07.2002, Az.: II 83/01). Wir dürfen also gespannt sein, wie der Bundesfinanzhof in der Revision entscheiden wird. Jedoch können Sie Ihrem Arbeitnehmer zunächst mitteilen, wenn er von einer Auszahlung von Überstunden für mehrere Jahre zusammengeballt betroffen ist, dass er sich bis auf weiteres auf das Urteil des Finanzgerichts Münster berufen kann.