23.07.2022

Teilwertabschreibung: So bewahren Sie sich als GmbH vor einer vGA

Wie würden Sie als GmbH verfahren: Ihr Vorstand-Gesellschafter benötigt ein Darlehen, sie geben es ihm und er geht pleite? Man ist ja kein Unmensch: Sie schreiben es ab. Doch da sollten Sie vorsichtig sein. Sie könnten in den Verdacht geraten, damit verdeckt Gewinn auszuschütten.

Teilwertabschreibung

Abschreiben – was soll das?

Gemeint ist ja nicht das Abschreiben vom Nachbarn in einer schriftlichen Prüfung. Es geht um das Abschreiben im steuerrechtlichen Sinn. Und da kann es für Unternehmen schon lohnend sein, muss es aber nicht: es kommt wieder einmal drauf an. „Abschreibung.de“ zufolge sehen vielen Unternehmen Vorteile bei Abschreibungsarten, bei denen die anfänglichen Abzugsbeträge am höchsten sind.

Nicht immer sei das jedoch die beste Wahl: Bei absehbar steigenden Unternehmenssteuern könne es zum Beispiel vorteilhaft sein, Abschreibungen nicht sofort, sondern erst ein, zwei Jahre später geltend zu machen. Ausschlaggebend könnten aber auch betriebliche oder persönliche Gründe sein. Angenommen, Sie erwarten in den nächsten Jahren deutlich steigende Gewinne oder aus familiären Gründen einen steigenden persönlichen Steuersatz. Dann könne es sich lohnen, vorübergehend auf die Abschreibungsbremse zu treten, um sich mögliche Gewinnminderungen für die Zukunft aufzuheben.

Wie schreiben Sie als GmbH eine verlorene Forderung an einen Gesellschafter ab?

Nach Handelsrecht gewinnmindernd dann, wenn Sie als eine GmbH einem Ihrer Gesellschafter ein Darlehen gewährt haben und sich die daraus ergebende Forderung später nicht realisieren lässt. Denken Sie nur an eine Insolvenz Ihres das Geld schuldenden Gesellschafters. Steuerlich können Sie die Forderung ebenfalls abschreiben.

Wo ist das Problem?

Das Problem entsteht in dem Augenblick, in dem dies nicht ordnungsgemäß geschieht. Dann löst das in den meisten Fällen beim Finanzamt den Verdacht aus, dass Sie nur an Ihren Gesellschafter verdeckt Gewinn hatten ausschütten wollen, also eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt.

Und wann wäre ein solcher Verdacht auf eine vGA naheliegend?

Dafür hat der Bundesfinanzhof (BFH) nach ständiger Rechtsprechung konkrete Anhaltspunkte festgelegt.

Danach liegt eine vGA vor, wenn Sie als Kapitalgesellschaft

  • Ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person
  • aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen
  • ein ungesichertes Darlehen gegeben haben und
  • Sie die Darlehensforderung in der Folge auf einen niedrigeren Teilwert abschreiben müssen.

Um eine vGA anzunehmen, bedarf es also wenig. Ihr Gesellschafter muss nicht einmal selber aus einer Zuwendung einen unmittelbaren Vorteil gezogen haben. Es genügt ein mittelbarer Vorteil dadurch, dass eine ihm nahestehende Person eine Zuwendung erhält.

Daneben kommt es auf den Fremdvergleich an. Hätten Sie als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ebenfalls ein solches Darlehen gewährt, wenn nicht Ihr Gesellschafter, sondern eine nicht mit den Gesellschaftern verbundene fremde Person darum gebeten hätte?

Schließlich kommt es bei der Gewährung eines ungesicherten Darlehens noch auf Folgendes an:

  • Höhe des Darlehens im Verhältnis zu den Einkünften und dem Vermögen des Schuldners
  • Laufzeit des Darlehens, wobei eine Besicherung eher bei langfristigen Darlehen von mehr als vier Jahren geboten ist
  • vereinbarte Tilgung, also regelmäßige Raten oder erst am Ende der Darlehenslaufzeit
  • Eigeninteresse der Kapitalgesellschaft an der Darlehensgewährung etwa aufgrund der Höhe der Verzinsung

Was sollten Sie als GmbH tun, um sich hier nicht einem Verdacht auf vGA auszusetzen?

Zum Beispiel:

  • beizeiten prüfen, ob mit einem vollständigen Ausfall der Forderung zu rechnen wäre,
  • korrekt bilanzieren,
  • Darlehensforderungen in den einzelnen Jahren jeweils sogleich ausbuchen und
  • bei höheren Darlehen immer Sicherheiten vereinbaren.

Entscheidung durch das Finanzgericht München

Wie das im konkreten Fall aussehen kann, hat das Finanzgericht München 2017 entschieden (FG München, Urteil vom 11.12.2017, Az.: 7 K 786/16). Dabei ging es um ein Darlehen einer im Jahr 2004 gegründeten Kapitalgesellschaft an ihren alleinigen vertretungsberechtigten Vorstand. Zu diesem hatte die Firma den Vater der Alleinaktionärin berufen. Dieser Vorstand schloss mit der Gesellschaft einen Darlehensvertrag ab. Demzufolge durfte er ein unbegrenztes Darlehen im Rahmen eines internen Verrechnungskontos nutzen. Dafür vereinbarte man eine Verzinsung von fünf Prozent jährlich sowie eine Laufzeit von zunächst acht Jahren. Auf Sicherheiten verzichtete die Gesellschaft. Sie wies die Darlehensforderungen in den Bilanzen auf die Stichtage bis zuletzt auf den 31.12.2010 jeweils mit den Nennwerten (Nominalbeträgen) aus. Im Jahr 2009 gab der Vorstand die eidesstattliche Versicherung ab, vulgo: er leistete den Offenbarungseid, einem nackten Mann fasst man nicht in die Tasche. Die Taschen hätten ziemlich groß sein müssen: seit 2003 waren seine Schulden auf 3,5 Millionen Euro aufgelaufen. Der Vorstand meldete zudem Privatinsolvenz an.

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Angesichts dessen schrieb die Gesellschaft in der Bilanz zum 31.12.2011 ihre Forderungen 637.000 Euro teilweise ab. Aber nicht das Finanzamt. Es behandelte abweichend von den eingereichten Steuererklärungen für 2010 die Abschreibung im Wesentlichen in voller Höhe bereits zum 31.12.2010 als außergewöhnlichen Aufwand, dem eine vGA in gleicher Höhe gegenüberstünde. Das wiederum wollte sich die Gesellschaft nicht gefallen lassen. Sie reichte gegen den Finanzamtsbescheid Klage ein.

Ohne Erfolg. Das FG München unterstützte die Annahme einer vGA als rechtens. Aufgrund der objektiven Umstände sei mit einem vollständigen Ausfall der Forderung zu rechnen gewesen. Der Vorstand habe bereits im Jahr 2009 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Zudem habe sich seine seit Beginn des Darlehenserhalts prekäre wirtschaftliche Situation weiter verschlechtert. Überdies könne man den Zeitpunkt der bilanziellen Berücksichtigung der Teilwertabschreibung im Jahr 2010 nicht beanstanden. Bei korrekter Bilanzierung hätte die Gesellschaft außerdem die jeweiligen Darlehensforderungen in den einzelnen Jahren jeweils sogleich ausbuchen und die Ausbuchungen in den betreffenden Veranlagungszeiträumen jeweils als VGA neutralisieren müssen.

Bei derartig prekären Vermögensverhältnissen wie hier bei dem Vorstand hätte nach Ansicht des Gerichts ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer nicht mit den Gesellschaftern verbundenen fremden Person bei derartig prekären Vermögensverhältnissen ein solches Darlehen sicherlich nicht gewährt, auch nicht bei einer Verzinsung der Darlehensforderung von fünf Prozent jährlich bei einer Laufzeit von mehr als vier Jahren; hier waren es acht Jahre. Schließlich beanstandete das Gericht in dem vorliegenden Fall das Fehlen eine Tilgungsabrede.

Autor*in: Franz Höllriegel