Stille Beteiligung von Kindern am Unternehmen
Den Kindern das Kommando! Herbert Grönemeyer meint, dass Kinder nicht berechnen würden, was sie tun. Das brauchen sie auch nicht, wenn Sie sie am Unternehmen beteiligen. Sie bringen andere Vorteile, wie z.B. steuerliche Freibeträge. Welche, das sollten Sie genau berechnen.
Den Kindern das Kommando? Das ist doch Utopie, oder?
Nicht unbedingt, wenn man sich beispielsweise die vor kurzem abgehaltenen Europa-Wahlen anschaut. Zumindest Tendenzen gibt es, zunehmend jüngere Menschen an der demokratischen Gewalt zu beteiligen. In Deutschland durften am 9. Juni 2024 erstmals 16-Jährige und 17-Jährige an der Europawahl teilnehmen. Laut „Tagesschau“ durften 785.000 in Deutschland lebende Personen im Alter von 16 Jahren europäisch wählen. Außerdem erlaubten EU-weit nur noch Österreich, Malta und Belgien Personen unter 18 Jahren die Wahlteilnahme.
Die Entscheidung, das Wahlalter bei der Europawahl abzusenken, fiel erst vor wenigen Jahren. Das EU-Parlament hatte eine entsprechende Entschließung verabschiedet, die von der rot-grün-gelben Koalition in Deutschland umgesetzt wurde. Davor hatte es intensive Debatten und Untersuchungen darüber gegeben, ob 16-Jährige schon ähnlich reife Entscheidungen treffen können wie Volljährige. Die Wissenschaft habe keine Unterschiede gefunden, so die Nachrichtensendung der ARD – und so hätten dieses Mal insgesamt 1,4 Millionen junge Männer und Frauen zusätzlich über die Parteien im EU-Parlament bestimmen dürfen.
Von Kommando ist man also noch einiges entfernt. Und was die Macht der neuen Wahlbürger angeht, wird man gewiss auch einige Abstriche vornehmen müssen, wenn man einmal die von der „Tagesschau“ angeführten Beispiele dafür als Maßstab heranzieht wie Auszubildendenprogramm „Erasmus“, strengerer Datenschutz, Regeln für künstliche Intelligenz, einheitliches Ladekabel oder Klimaschutz. Damit will bislang die EU-Legislative die Jugend für die EU-Idee einnehmen – was die letztlich in eigener jugendlicher Machtausübung bestimmt, steht auf einem anderen Blatt.
Was hat es also mit der Machtausübung im Unternehmen durch Kinder auf sich?
Nicht viel mehr, aber die Beteiligung von Kindern wenn nicht an der Leitung, so doch am Unternehmen bietet einige handfeste Vorteile. So können Sie als GmbH:
- mehrfach erb- und schenkungssteuerliche Freibeträge ausnutzen
- Unternehmensgewinne steuerlich auf mehrere Köpfe verteilen
Trifft das auch bei der Beteiligung von minderjährigen Kindern zu?
Hier bestehen generelle rechtliche Besonderheiten:
- Geschäftsfähigkeit:
- Geschäftsunfähig: Minderjähriger, der das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, vertreten durch seine gesetzlichen Vertreter, meistens seine Eltern.
- beschränkt geschäftsfähig: minderjähriges Kind ab Vollendung des siebten Lebensjahrs, vertreten dennoch durch seine gesetzlichen Vertreter, wenn es aufgrund von § 107 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch seine Willenserklärung „nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt“.
- Schenkungsweise Übertragung: Die Beteiligung Minderjähriger an Gesellschaften erfolgt häufig durch eine schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen von Ihnen als Eltern auf Ihre Kinder.
- Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB, da Sie als Eltern grundsätzlich als gesetzliche Vertreter Ihrer Kinder handeln und bei einem solchen Vertragsschluss regelmäßig nicht mit sich selber Verträge schließen.
- Verbot einer Vertretung Ihres minderjährigen Kindes durch einen Teil von Ihnen als Eltern bei Rechtsgeschäften mit seinem Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie, etwa Schenkung eines Gesellschaftsanteils von den Großeltern an den Enkel
Was tun, wenn Sie das minderjährige Kind bei Übertragung des Gesellschaftsanteils nicht vertreten dürfen?
Dann bestellt das Familiengericht einen Ergänzungspfleger. Es entscheidet:
- bei Genehmigungspflicht: gemeinsam mit dem Familiengericht an Ihrer Stelle als Eltern über die Zulässigkeit der Beteiligung (§ 1643 Abs. 1 BGB)
- bei rechtlicher Vorteilhaftigkeit: Sie als Eltern bleiben alleine vertretungsberechtigt
Wann bleiben Sie als Eltern alleine vertretungsberechtigt?
Ob die Eltern alleine vertretungsberechtigt bleiben oder nicht, hängt von zweierlei ab:
- Art des Rechtsgeschäfts
- Art der Rechtsform der Gesellschaft
Merke! Der Verkauf eines Gesellschaftsanteils von einem Elternteil an ein minderjähriges Kind ist für dieses stets rechtlich nachteilhaft. Das Kind zahlt einen Kaufpreis.
Wäre Schenkung von Gesellschaftsanteilen ein Ausweg aus diesem Nachteil des Kaufpreises?
Kommt drauf an, welche Art von Gesellschaftsbeteiligung Sie schenken wollen:
- Aktien: es entstehen in der Regel keine Probleme, da Ihrem minderjährigen Kind daraus keine rechtlichen Nachteile entstehen
- GmbH-Geschäftsanteile: nicht ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bei der Schenkung an die eigenen Kinder; hier nehmen die Gerichte aus unterschiedlichen Gründen keinen nur rechtlichen Vorteil an, etwa der möglichen Ausfallhaftung bei einer nicht vollständigen Einzahlung der Stammeinlage
- Anteile an einer OHG, GbR oder KG: grundsätzlich ebenfalls nicht ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers
Benötigen Sie für den Abschluss von Gesellschaftsverträge einen Pfleger?
Ja, ein Ergänzungspfleger vertritt Ihr minderjähriges Kind auch beim Abschluss von Gesellschaftsverträgen, sofern Sie als Eltern ebenfalls Gesellschafter sind oder gleichzeitig mit Ihrem Kind Gesellschafter werden. Das gilt für Personengesellschaften wie GbR, OHG und KG wie für die GmbH. Darüber hinaus benötigen Sie für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags ebenfalls die familiengerichtliche Genehmigung.
Was bedeutet das für Ihre Praxis der Übertragung von Geschäftsanteilen auf Ihr minderjähriges Kind?
- Schlagen Sie als Eltern im Fall, dass eine Ergänzungspflegschaft notwendig ist, dem Familiengericht geeignete und Ihnen als Eltern bekannte Vertrauenspersonen vor! Das Gericht wird sich dem gemeinhin nicht verschließen.
- Beantragen Sie gegebenenfalls sofort eine Dauerpflegschaft! So wird die Gesellschaft auch bei zukünftigen Beschlüssen handlungsfähig sein.
Können Sie als ein Elternteil und Alleingesellschafter Ihrer GmbH Ihr Kind beteiligen?
Ja, hier bietet sich aus steuerlichen oder strategischen Gründen eine Beteiligung Ihres Kindes am Unternehmen als stillen Gesellschafter an, statt einer Abtretung der Geschäftsanteile an Ihr Kind. Auf diese Weise können Sie Alleingesellschafter bleiben.
Stille Gesellschaft: Was ist darunter zu verstehen?
Eine nach außen nicht sichtbare Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen, die durch die Leistung einer Einlage erfolgt. Daher wird die Einlage auch als stille Einlage bezeichnet. Man unterscheidet zwei Arten von stiller Gesellschaft:
- typisch stille Gesellschaft:
- handelsrechtlich: Grundtyp der stillen Gesellschaft, mit einer Darlehensgewährung vergleichbar
- gesellschaftsrechtlich: eine Innengesellschaft, bei der der Inhaber des Unternehmens (GmbH, AG, OHG, eine GmbH & Co. KG oder ein Einzelkaufmann) ein Handelsgewerbe betreibt.
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters erfolgt:
- am Gewinn
- gegebenenfalls am Verlust
- regelmäßig jedoch nicht an den stillen Reserven oder dem Geschäftswert des Handelsgeschäfts.
Stille Gesellschafter können auch die Gesellschafter einer GmbH für eine stille Beteiligung an dieser Gesellschaft sein.
Im Ergebnis ist die typisch stille Gesellschaft eine besondere Form der Kapitalüberlassung, sodass der stille Gesellschafter steuerlich Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Dabei gilt das Zuflussprinzip des § 11 Einkommensteuergesetz (EStG), wonach der stille Gesellschafter seine Gewinnanteile innerhalb des Kalenderjahrs bezogen hat, in dem sie ihm zugeflossen sind. Die Gewinnanteile einer stillen Beteiligung im Privatvermögen sind kapitalertragsteuerpflichtig (§ 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG).
Beim Unternehmensinhaber sind die zu zahlenden Gewinnanteile für den typisch stillen Gesellschafter Betriebsausgaben, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters für betriebliche Zwecke verwendet wird. Umsatzsteuer zahlen allein Sie als Unternehmensinhaber. Wird bei der typisch stillen Gesellschaft eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen des stillen Gesellschafters vertraglich vereinbart, ist bei einem Minderjährigen in jedem Fall neben der Einwilligung des bestellten Ergänzungspflegers die Genehmigung des Familiengerichts zu dessen Einwilligung erforderlich.
- atypisch stille Gesellschaft: eine Art Innen-KG, ähnlich einer Beteiligung eines Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft (KG), tritt allerdings nach außen nicht in Erscheinung. Ihr minderjähriges Kind als atypisch stiller Gesellschafter ist neben Gewinn und Verlust durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag an stillen Reserven oder am Geschäftswert des Unternehmens beteiligt, nimmt an Chancen und Risiken Ihres Unternehmens teil, trägt also ein Mitunternehmerrisiko und hat so Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben im Falle einer Liquidation Ihrer Gesellschaft.
An der Unternehmensführung ist der atypisch stille Gesellschafter so beteiligt, dass ohne seine Zustimmung bestimmte wesentliche Geschäfte nicht erfolgen dürfen. Er hat also ein Mitbestimmungsrecht, das demjenigen eines Kommanditisten entspricht. Damit hat der atypisch stille Gesellschafter eine sogenannte Mitunternehmerinitiative.
Was sind Rechtsgrundlagen der stillen Gesellschaft?
- § 230 bis 237 Handelsgesetzbuch (HGB). Sie verweisen teils auf die Vorschriften zur offenen Handelsgesellschaft (OHG) und zur BGB-Gesellschaft. Dabei ist die stille Gesellschaft eine Innengesellschaft ohne gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in Ihr Vermögen als Unternehmen über. Die im Betrieb des Handelsgewerbes geschlossenen Geschäften berechtigen oder verpflichten Ihr Kind als stillen Gesellschafter. Für es entstehen mithin keine eigenen Verpflichtungen aus dem Handelsgewerbe. Diese treffen nur Sie als Inhaber. Aus diesem Grund ist die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft:
- sie ist nicht rechtsfähig
- sie kann im Außenverhältnis nicht Träger von Rechten und Pflichten sein
Bestehen möglicherweise irgendwelche Pflichten zu Nachschüssen für Kind als stillen Gesellschafter?
Nein, über die Einlage hinausgehenden Nachschüssen nicht. Damit treffen Ihr minderjähriges Kind als stillen Gesellschafter keine Haftungsrisiken mit Ausnahme eines möglichen Verlusts seiner Einlage.
Was gilt das für Ihre Praxis bei einer stillen Gesellschaft?
Beachten Sie dabei unter anderem:
- die Unterschiede zwischen einer typisch stillen und
- einer atypisch stillen Gesellschaft sowie
- die Anforderungen des Finanzamtes für eine steuerliche Anerkennung
Steuerlich gehört der Gewinn bzw. Verlust des atypisch stillen Gesellschafters aufgrund der Mitunternehmerschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Im Ergebnis kann der atypisch stille Gesellschafter seine Verluste zwecks Reduzierung von Steuerpflichten aufgrund anderweitig positiver Einkünfte verwenden. Das gilt allerdings nur bis zur eingezahlten Einlagehöhe.