06.11.2024

Steuererklärung: BMF-Schreiben zum Arbeitszimmer

Arbeitszimmer gleich Arbeitszimmer? Für das Finanzamt jedenfalls nicht mehr. Es macht jetzt Unterschiede, ob Sie Aufwendungen für Ihr häusliches Arbeitszimmer haben, eine Jahres- oder eine Tagespauschale abziehen. Denken Sie bei der Erklärung für 2023 also um!

Steuererklärung Arbeitszimmer

Was ist ein häusliches Arbeitszimmer?

Für den Gesetzgeber:

  • ein Raum,
  • der nach seiner Lage,
  • Funktion und
  • Ausstattung
  • in die häusliche Sphäre eingebunden ist.

Sie erledigen dort keineswegs zwingend typische Büroarbeiten, sondern auch geistige, künstlerische oder schriftstellerische Betätigungen

  • gedanklicher,
  • schriftlicher,
  • verwaltender oder
  • organisatorischer Art.

Das hat das Bundesfinanzministerium auf exakt 16 Seiten in einem Schreiben zu den jetzt gültigen Voraussetzungen für die Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers aufgeführt. An etlichen Beispielen zeigt das Ministerium zudem die unterschiedlichen Details und ihre Auswirkungen auf (BMF-Schreiben vom 15.08.2023, Az.: IV C 6 – S 2145/19/10006:027).

Wann können Sie Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen?

Wenn Ihr Arbeitszimmer den Mittelpunkt Ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

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Wann bildet Ihr Arbeitszimmer den Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit?

Laut Finanzministerium, wenn Sie nach Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale dort Handlungen vornehmen und Leistungen erbringen, die „für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind“. Entscheidend ist der qualitative Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit, nicht allein der zeitliche Umfang; er habe allenfalls Indizwirkung.

Sofern Ihr Arbeitszimmer Ihr Arbeitsmittelpunkt ist, haben Sie erstmals bei Ihrer Einkommensteuererklärung 2023 die Wahl zwischen zwei Varianten:

  • Variante I Einzelnachweis durch Abzug der tatsächlich angefallenen Aufwendungen: Sie ermitteln das Verhältnis der Fläche Ihres häuslichen Arbeitszimmers zur Grundfläche der gesamten Wohnung. Den sich hieraus ergebenden Prozentsatz wenden Sie auf sämtliche anfallende Allgemeinkosten an, wie zum Beispiel:
    • Miete einschließlich Nebenkosten und Energie
    • bei Eigentum Gebäudeabschreibung, Schuldzinsen, Grundbesitzabgaben, Energiekosten, Hausversicherungen, Reinigungskosten, Instandhaltungen, etc.

Nehmen wir an, Sie bewohnen eine Mietwohnung von 100 m². Darin enthalten ist ein Arbeitszimmer von 15 m², das entspricht 15 Prozent der Fläche. Die Monatsmiete einschließlich aller Nebenkosten beträgt 1.500 Euro, mithin 18.000 Euro jährlich. Dann belaufen sich die steuerlich abzugsfähigen Kosten für das häusliche Arbeitszimmer auf 2.700 Euro (15 Prozent von 18.000 Euro). Fallen zudem Renovierungskosten an, die ausschließlich das Arbeitszimmer betreffen, dürfen Sie diese zusätzlich in voller Höhe berücksichtigen. Die anfallenden Aufwendungen für das Arbeitszimmer sind nicht auf einen Höchstbetrag gedeckelt.

  • Variante II Ansatz einer Jahrespauschale: Sie verzichten auf die Ermittlung und den Einzelnachweis der für das häusliche Arbeitszimmer angefallenen Aufwendungen und wählen die neu eingeführte Jahrespauschale in Höhe von 1.260 Euro.

Gelten die Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer für jeden?

Ja, egal ob Einzelnachweis, Jahres- oder Tagespauschale – die Regeln gelten gleichermaßen für Unternehmer und Arbeitnehmer. Es gibt keine Begrenzung auf bestimmte Einkunftsarten. Unzulässig bzw. ausgeschlossen sind:

  • gleichzeitiger Abzug von tatsächlichen Kosten und einer Pauschale
  • gleichzeitiges Nutzen der Jahres- und Tagespauschale

Erhalten Sie die Pauschale automatisch?

Nein, nur auf Antrag. Sie führen zu diesem Zweck den Betrag als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten in Ihrer Gewinnermittlung oder der Anlage N gesondert auf. Bei einer zeitanteiligen Nutzung kürzen Sie die Pauschale monatsanteilig; das gilt gleichermaßen beim Ansatz der tatsächlichen Kosten. In beiden Fällen können Sie die Aufwendungen für Arbeitsmittel und Ausstattung zusätzlich absetzen, etwa

  • Ihren Schreibtisch
  • Ihren Bürostuhl
  • anteilige Telefon- und Internetkosten

Was, wenn Sie zu zweit ein Arbeitszimmer nutzen?

Dann können Sie beide jeweils die Jahrespauschale von 1.260 Euro steuermindernd abziehen; es erfolgt keine Aufteilung. Die Jahrespauschale gilt personenbezogen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Arbeitszimmer für Sie beide den Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit bilden.

Können Sie dieses Wahlrecht jedes Jahr neu ausüben?

Ja, aber Sie können nicht innerhalb eines Jahres wechseln; das ist dagegen nicht zulässig.

Was gilt bei Arbeitslosigkeit oder Elternzeit?

Dann ist der Abzug eine vorweggenommene Betriebsausgabe oder Werbungskosten. Dieser ist zulässig, wenn dies Ihnen als Steuerpflichtigem unter den zu erwartenden Umständen der späteren betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 02.12.2005, Az.: VI R 63/03, greift). Gleiches gilt, wenn das häusliche Arbeitszimmer für eine spätere Nutzung vorbereitet oder renoviert wird (vgl. BFH-Urteil vom 23.05.2006, Az.: VI R 21/03).

Wie weisen Sie Aufwendungen für Ihr häusliches Arbeitszimmer nach?

Indem Sie sie besonders aufzeichnen; andernfalls berücksichtigt das Finanzamt sie gemäß § 4 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht. Hier helfen Ihnen:

  • eine gesonderte Auflistung der angefallenen Kosten
  • eine Verbuchung auf ein separates Konto in der Buchführung
  • oder eben die Jahrespauschale anstelle der tatsächlichen Aufwendungen; da entfällt die Aufzeichnungspflicht.

Was ist aus der Homeoffice-Pauschale der Pandemie geworden?

Im Gesetz ist sie jetzt als Tagespauschale auf Dauer fest verankert. Diese können Sie steuerlich für jeden Tag geltend machen, an dem Sie die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausüben und nicht ihre erste Tätigkeitsstätte aufsuchen.

Für die Tagespauschale braucht kein echtes Arbeitszimmer vorhanden zu sein, eine Arbeitsecke und oder ein Küchentisch reichen aus. Zudem ist nicht entscheidend, ob Ihnen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder nicht. Um auswärtig zu arbeiten, reicht es aus, wenn Sie an dem jeweiligen Tag die überwiegende Arbeitszeit in Ihrer Wohnung tätig waren.

Wie hoch ist die Tagespauschale?

  • Kalenderjahr 2023 sechs Euro pro Kalendertag und 1.260 Euro pro Jahr
  • Kalenderjahr 2022: fünf Euro begrenzt auf 600 Euro

Die Kalendertage, an denen die Bedingungen für den Ansatz der Tagespauschale erfüllt sind, müssen Sie nachweisen oder auf Nachfrage glaubhaft machen.

Nehmen wir an, als Architektin besuchen Sie an einem Arbeitstag eine Baustelle und erledigen die anschließenden Nacharbeiten am Esstisch in ihrer Wohnung. Die Nacharbeiten überwiegen zeitlich. Dann steht Ihnen die Tagespauschale von sechs Euro zu. Zusätzlich können Sie für die Fahrt zur Baustelle Reisekosten ansetzen von 30 Cent je Fahrkilometer für den Hin- und Rückweg. Fahren Sie hingegen nach dem Baustellenbesuch zu ihrer ersten Tätigkeitsstätte, steht Ihnen die Tagespauschale nicht zu.

Bestehen besondere formelle Aufzeichnungspflichten?

Nein, ein jeweiliger Vermerk im Kalender genügt.

Was, wenn ist kein anderer Arbeitsplatz vorhanden ist?

Dann dürfen Sie die Tagespauschale sogar ansetzen, wenn die Tätigkeit daheim zeitlich nicht überwiegt. Schon eine kurze Arbeit im Homeoffice genügt, wenn Ihnen dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Rollentausch: Sie sind jetzt eine Lehrerin und unterrichten morgens in der Schule, die anschließenden Nacharbeiten und Unterrichtsvorbereitungen finden in ihrer Wohnung statt. Hierfür steht Ihnen in der Schule kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dann können Sie die Sechs-Euro-Tagespauschale beanspruchen. Zusätzlich können Sie für die einfache Fahrt zur Schule die Entfernungspauschale ansetzen. Berücksichtigen dabei aber, dass Sie die Lehrertätigkeit regelmäßig in der Schule ausüben. Dann ist das Arbeitszimmer daheim nicht der Mittelpunkt Ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit. Somit können Sie als Lehrerin ab 2023 weder die tatsächlichen Kosten für ein Arbeitszimmer noch die Jahrespauschale geltend machen. Einzig die Tagespauschale ist möglich.

Ist die Tagespauschale bei Nebentätigkeit und Vermietung zulässig?

Da legt sich das BMF in seinem Schreiben nicht eindeutig fest. Es nennt interessante Fälle, wann die Tagespauschale ebenfalls steuerlich abzugsfähig ist:

  • wenn Sie als Arbeitnehmer zusätzlich in der häuslichen Wohnung eine Nebenbeschäftigung ausüben, Sie beispielsweise als Busfahrer nebenberuflich in Ihrer Wohnung als freiberuflicher Schriftsteller tätig sind. Dann ist für jeden Tag seiner schriftstellerischen Nebentätigkeit die Tagespauschale möglich.
  • wenn Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anfallen, Sie wieder beispielsweise als Busfahrer eine Immobilie vermieten. Die bei der Vermietung anfallenden Tätigkeiten erledigen Sie in Ihrer häuslichen Wohnung. Für jeden Tag, an dem Sie dort entsprechende Verwaltungsarbeiten erledigen, dürfen Sie die Tagespauschale ansetzen.
  • wenn Sie als Busfahrer an einem Tag als Autor und für die Vermietung daheim tätig waren, dürfen Sie die Sechs-Euro-Tagespauschale auf die beiden Einkunftsarten aufteilen oder zwecks Vermeidung von Doppelabzug vollständig einer Einkunftsart zuordnen.
  • bei Ausbildungskosten: Aufwendungen für die Erstausbildung können Sie bis zu einer Höchstgrenze als Sonderausgaben geltend machen. Zu den Aufwendungen zählt die Tagespauschale; etwa, wenn daheim Unterrichts- oder Lerninhalte vertieft werden.

Können Sie die Tagespauschale bei doppelter Haushaltsführung abziehen?

Jein und Na:

  • Nein, sofern Sie die Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten steuermindernd abziehen oder Ihr Arbeitgeber die Aufwendungen steuerfrei erstattet, können Sie die Tagespauschale für Tätigkeiten am zusätzlichen Wohnsitz nicht ansetzen.
  • Ja, wenn während der doppelten Haushaltsführung Arbeiten am Ort Ihres eigenen Hausstands anfallen. Für die Arbeitstage im Homeoffice am Familienwohnsitz können Sie die Tagespauschale geltend machen.
  • Na:
    • Ist eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen, sind die abzugsfähigen Kosten der Zweitwohnung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf 1.000 Euro pro Monat begrenzt.
    • Verbleibt nach Abzug der Unterkunftskosten für die doppelte Haushaltsführung ein nicht abziehbarer Aufwand, dann ist die Tagespauschale auch am zusätzlichen Wohnort abziehbar, da keine weitere Deckelung auf die tatsächlichen Unterkunftskosten vorzunehmen ist.
Autor*in: Franz Höllriegel