Steuerberater muss IT-Dienstleister zur Geheimhaltung verpflichten
Ein Geheimnis barg das Steuergeheimnis bislang: Verletzt es ein Steuerberater, der Daten von Mandanten an ein Rechenzentrum weiterleitet? Zumindest bestand die Gefahr. Wie gesagt: bislang. Seit diesem Monat regelt ein neues Gesetz: Nein, jetzt nicht mehr.
Inanspruchnahme eines IT-Dienstleisters
Eigentlich eine klare Angelegenheit: Man übergibt seine Steuerunterlagen an den Steuerberater. Man vertraut darauf, dass der das Steuergeheimnis zu wahren weiß. Weiß er das wirklich? Die fortschreitende Digitalisierung geht auch an Steuerberatern nicht spurlos vorüber. Er muss auf Dienstleistungen und Kompetenz externer IT-Dienstleister zurückgreifen. Er und seine Mitarbeiter sind ja keine Computerexperten. Er nutzt für die Lohn- und Finanzbuchführung seiner Mandanten Leistungen eines Rechenzentrums, Cloud-Anwendungen und webbasierte Dienste von Anwendungsdienstleistern (Application Service Provider, ASP).
Bisher rechtliche Grauzone für Steuerberater
Die meisten Mandanten gehen auch davon aus, dass der Steuerberater für Betrieb und Wartung seiner IT-Systeme externe Dienstleister in Anspruch nimmt oder die Buchführungsdaten auf den Servern eines externen Rechenzentrums speichert. Doch in letzter Konsequenz rechtlich sicher konnte sich der Steuerberater dabei nie sein. Er befand sich bisher in einer rechtlichen Grauzone. Es bestand die Gefahr, dass er sich wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses nach § 203 Abs. 1 StGB strafbar macht, wenn er über keine ausdrückliche Einwilligung des Mandanten verfügte.
Neu: Gesetz zur Mitwirkung Dritter
Diesen Mangel hat der Gesetzgeber jetzt bereinigt. Am 9. November 2017 trat mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 3618) das „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ in Kraft. Einer Mitteilung der Steuerberaterkammer München zufolge bringt es zwei wichtige Neuerungen:
- Nach § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB
dürfen Berufsgeheimnisträger und damit auch Steuerberater unter bestimmten Voraussetzungen ohne Einwilligung des Mandanten fremde Geheimnisse gegenüber Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen Tätigkeit wie z. B. IT-Dienstleister mitwirken. Voraussetzung ist, dass dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der mitwirkenden Person erforderlich ist. Ist die mitwirkende Person nicht ohnehin ein Berufsgeheimnisträger, muss der Steuerberater sie zur Geheimhaltung verpflichten. Unterlässt er das vorsätzlich und gibt die mitwirkende Person unbefugt ein fremdes Geheimnis weiter, macht sich der Steuerberater nach § 203 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB strafbar und kann hierfür mir einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. - § 62a Steuerberatungsgesetz (StBerG)
fügt jetzt in die Berufsgesetze der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare und Wirtschaftsprüfer eine berufsrechtliche Befugnisnorm ein. Sie regelt die Voraussetzungen, unter denen Dienstleistern der Zugang zu fremden Geheimnissen gewährt werden darf. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, macht sich der Steuerberater weder nach § 203 Abs. 1 StGB strafbar noch liegt ein Verstoß gegen die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht vor.
Der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen
Ebenso wie § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB regelt § 62a Abs. 1 StBerG, dass der Steuerberater Dienstleistern den Zugang zu der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Tatsachen ohne Einwilligung des Mandanten eröffnen darf, wenn dies für die Inanspruchnahme der Dienstleistung erforderlich ist. Der Steuerberater muss den Dienstleister sorgfältig auswählen und ihn zur Verschwiegenheit verpflichten. Das Gesetz verlangt zudem ausdrücklich eine vertragliche Vereinbarung in Textform mit dem Dienstleister. Sie muss folgende Regelungen enthalten (vgl. § 62a Abs. 2 und 3 StBerG):
- Der Dienstleister ist unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
- Der Dienstleister ist zu verpflichten, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist.
- Es ist festzulegen, ob der Dienstleister befugt ist, weitere Personen zur Vertragserfüllung heranzuziehen. Ist dies der Fall, ist dem Dienstleister aufzuerlegen, diese Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
Keine Regel ohne Ausnahme
Zwei Ausnahmen sind zu beachten:
- Bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen aus dem Ausland z. B. bei IT-Dienstleistern mit Sitz im Ausland ist eine Offenbarung ohne Einwilligung des Mandanten nur dann zulässig, wenn der dort bestehende Geheimnisschutz mit dem Schutz im Inland vergleichbar ist – jedenfalls da, wo der Schutz der Geheimnisse dies im Einzelfall nicht gebietet (§ 62a Abs. 4 StBerG). In der Praxis dürfte es allerdings nur schwer zu beurteilen sein, ob im Ausland ein vergleichbares Schutzniveau besteht oder der Geheimnisschutz dies erfordert. Die Steuerberaterkammer empfiehlt deshalb, bei der Inanspruchnahme von ausländischen Dienstleistern die ausdrückliche Einwilligung des Mandanten einzuholen oder mit dem Mandanten einen Verzicht auf diese Anforderung zu vereinbaren.
- Bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die unmittelbar einem einzelnen Mandat dienen, bedarf es nach § 62a Abs. 5 StBerG der Einwilligung des Mandanten. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass freie Mitarbeiter zur fachlichen Bearbeitung eines konkreten Mandats durch den Steuerberater herangezogen werden.
Hinweis der Redaktion
Vergütungen außerhalb der Regel
Seit einiger Zeit gibt es in den Steuerberaterrechnungen oder den Allgemeinen Auftragsbedingungen für Steuerberater einen neuen Zusatz. In wieweit sich dadurch Möglichkeiten ergeben, neue Honorare zu verhandeln, darüber berichtet „Meisterbrief AKTUELL“ (15/2017). So viel vorweg: Der Steuerberater muss auf die Möglichkeit abweichender Vergütungen hinweisen. Alles nähere dazu in der neuen Ausgabe des Wirtschaftsbriefes für das Deutsche Handwerk.