Schaden am Arbeitsplatz – wer haftet?
Es ist schnell passiert und (meist) keine Absicht – ein Schaden am Arbeitsplatz. Ob nur ein kleines Missgeschick, oder gar ein echter Personenschaden, die Frage ist: Wer haftet für einen Schaden im Rahmen der beruflichen Tätigkeit? Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?
Schaden am Arbeitsplatz – wer haftet?
Ihre Mitarbeiter arbeiten gern eigenverantwortlich und treffen Ihre Entscheidungen selbst? Das ist eine Kompetenz, die an sich sehr gesucht ist, denn je größer die Eigenverantwortung ist, desto besser wird der Vorgesetzte entlastet. Doch was gilt, wenn etwas schiefgeht und ein Schaden am Arbeitsplatz verursacht wird – unter welchen Voraussetzungen haftet ein Arbeitnehmer?
Auch an weniger „risikoreichen“ Arbeitsplätzen, wie in einem Büro, können Schäden eintreten, die zulasten des Arbeitgebers, aber auch zulasten von Dritten oder anderen Arbeitnehmern gehen können. Geht der Schaden auf die Pflichtverletzung eines Arbeitnehmers zurück, muss dieser unter Umständen dafür aufkommen. Selbstverständlich muss ein Arbeitnehmer dabei nicht jedes Missgeschick im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit aus eigener Tasche zahlen. Auch dem sorgfältigsten Menschen kann einmal ein Fehler unterlaufen. Keiner sollte etwas zu befürchten haben, wenn z. B. versehentlich eine Tasse Kaffee über die Tastatur des PC kippt, oder das Handy herunterfällt.
Häufig gibt es auch verschiedene Versicherungen, die bei einem Schaden eintreten. So haftete ein Mitarbeiter, der die Kaffeemaschine auf einem eingeschalteten Ceranfeld stehen ließ, nicht für den entstandenen Brandschaden. Grund dafür war, dass es eine entsprechende Gebäudeversicherung gab (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2015; Az.: 16 U 58/14). Ähnlich verhält es sich mit Firmenwagen: Eine Kfz-Haftpflichtversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben, über die Kfz-Vollkaskoversicherung kann der Arbeitgeber frei entscheiden. Bei Dienstwagen geht die Rechtsprechung aber vom Abschluss einer Vollkaskoversicherung aus, sodass der Arbeitnehmer nur im Rahmen der üblichen Selbstbeteiligung haftet.
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Welche Voraussetzungen müssen für einen Regress erfüllt sein?
Oft muss der Arbeitgeber für einen Schaden zumindest teilweise aufkommen, obwohl ein Arbeitnehmer ihn verursacht hat. Wäre der Schaden im privaten Umfeld oder zum Beispiel im Straßenverkehr eingetreten, gäbe es keine Einschränkung der Haftung für den Schadensverursacher. Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist es aber gerechtfertigt, dass für viele Schäden der Arbeitgeber aufkommen muss, obwohl sie vom Arbeitnehmer verursacht wurden. Schließlich muss man immer bedenken, dass der Schaden bei einer Arbeit entstanden ist, die durch den Betrieb veranlasst und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet wurde.
Ein Regress des Arbeitgebers gegen einen Mitarbeiter kann möglich sein, wenn dieser gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht verstößt und beispielsweise schlechte Arbeit leistet, Ausschuss produziert, fehlerhaft Maschinen oder Fahrzeuge bedient, Kollegen oder Kunden verletzt usw. Wichtig: Im Falle einer Schlechtleistung darf der Arbeitgeber nicht einfach die Bezahlung kürzen. Wenn er seinen Schaden ersetzt haben will, muss er nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung den Mitarbeiter in Regress nehmen.
Dafür müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss ein bestimmtes Verhalten des Mitarbeiters vorliegen, durch das Rechte des Arbeitgebers verletzt wurden.
- Die Rechtsverletzung muss eine Folge des Verhaltens gewesen sein.
- Das Verhalten muss schuldhaft gewesen sein. Wenn man sich gerichtlich über eine solche Haftung auseinandersetzt, muss der Arbeitgeber beweisen, dass all diese Voraussetzungen vorliegen.
Wann gibt es „Mildernde Umstände“?
Bei der Haftung eines Arbeitnehmers gibt es spezielle Haftungsmilderungen. Dabei gilt der Grundsatz: Je geringer der Grad des Verschuldens, desto geringer die Haftung.
Keine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit
Der Mitarbeiter haftet nicht bei leichter Fahrlässigkeit. Hierzu gehören vor allem die geringfügigen und leicht entschuldbaren Missgeschicke, die jedem Mitarbeiter unterlaufen können. Im Arbeitsalltag können aber bereits sehr kleine Nachlässigkeiten wie ein vergessenes Warnschild oder eine vergessene Null in der Kalkulation zu großen Schäden führen. Arbeitnehmer stellen sich dann die – oftmals auch existenzielle – Frage, ob sie so einen Schaden ersetzen müssen.
Wovon hängt die Haftung bei mittlerer Fahrlässigkeit ab?
Der Arbeitnehmer haftet anteilig bei mittlerer Fahrlässigkeit, also dann, wenn der Mitarbeiter schon etwas nachlässig oder vielleicht unvernünftig war. In welchem Umfang er haftet, richtet sich nach verschiedenen Kriterien:
- Hätte der Arbeitgeber eine Versicherung für diesen Fall abschließen können?
- Was verdient der Mitarbeiter?
- Wie hat sich der Arbeitnehmer bisher verhalten?
- In welchen sozialen Verhältnissen lebt er?
Wichtig: Eine anteilige Haftung bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer die Hälfte des Schadens zu ersetzen hat. Werden die oben genannten Kriterien geprüft und ergibt sich zum Beispiel, dass der Mitarbeiter sieben Kinder und ein sehr geringes Einkommen hat, 20 Jahre im Unternehmen tätig ist, noch nie einen Schaden angerichtet hat und der Arbeitgeber zudem verpasst hat, eine Versicherung abzuschließen, dann wird es aller Voraussicht nach keinen Regress gegen den Arbeitnehmer geben.
Gibt es Haftungserleichterungen auch bei grober Fahrlässigkeit?
Bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer meistens in vollem Umfang. Von grober Fahrlässigkeit kann man ausgehen, wenn eine besonders schwerwiegende und auch unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt – also Regeln missachtet wurden, die für jeden einleuchtend sind. Aber: Auch bei grober Fahrlässigkeit gibt es Haftungserleichterungen zum Vorteil des Arbeitnehmers. Es ist zu prüfen, ob zwischen dem Schadensrisiko der Tätigkeit einerseits und dem Verdienst des Arbeitnehmers andererseits ein krasses Missverhältnis besteht. Mit einem Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers darf nie die Existenz des Arbeitnehmers bedroht werden.
Hat der Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt, weil er den Schaden vorausgesehen und gewollt hat, dann haftet er – und zwar in vollem Umfang.
Wer haftet, wenn ein Kollege der Leidtragende ist?
Wurde ein Kollege in Mitleidenschaft gezogen, muss man unterscheiden: Handelt es sich um einen Personenschaden, greift der Haftungsausschluss. Das heißt: Arbeitnehmer, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Arbeitsunfall eines Arbeitskollegen verursachen, haften nicht.
Beispiel: Eine Kollegin stellt einen Ordner unsachgemäß in den Schrank, sodass er Ihnen beim Öffnen der Tür auf den Kopf fällt und für eine Platzwunde sorgt. Sie haben dann keine Ansprüche gegen Ihre Kollegin; letztendlich kommen die Krankenversicherung und der Arbeitgeber für den Schaden auf. Anders sieht es aber aus, wenn der Ordner Ihre neue Designerbrille zerstört: Dann haftet der Verursacher. Allerdings gelten auch hier die oben genannten Haftungserleichterungen: Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet die Kollegin nicht. Hier müsste der Arbeitgeber die Brille ersetzen.
Was passiert bei einem Schadneersatzanspruch einer betriebsfremden Person?
Fügt der Mitarbeiter bei seiner Arbeit einem außenstehenden, betriebsfremden Dritten – also zum Beispiel einem Kunden – einen Schaden zu, haftet er für diesen Schaden. Haftungsbeschränkungen gelten nur im Verhältnis zum Arbeitgeber, nicht aber gegenüber Dritten. Beispiel: Ihr Kollege stellt einen Ordner so in den Schrank, dass dieser einem vorbeilaufenden Kunden auf den Kopf fällt und dessen Designerbrille zerstört. Der Kollege haftet für diesen Schaden. Da der Schaden jedoch nur durch leichte Fahrlässigkeit verursacht wurde, muss der Arbeitgeber dem Kollegen den Schaden ersetzen. Der Arbeitgeber stellt seinen Arbeitnehmer in einem solchen Fall von dem Schadensersatzanspruch des Kunden frei.