Sachliche Verflechtung bei der steuerlichen Betriebsaufspaltung
Über die Grundzüge des Institutes einer Betriebsaufspaltung haben wir in dem Beitrag „Wann bietet sich eine Betriebsaufspaltung an?“ berichtet. Immer wieder wird vor Gericht gestritten, wenn unbeabsichtigt ein Betrieb gespalten wird. Nachfolgend, wie Sie dieses Risiko vermeiden.
Wieso kommt es wegen einer Betriebsaufspaltung zum Streit?
Das liegt an den teilweise erheblichen Auswirkungen beim Vorliegen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung. Das Institut der Betriebsaufspaltung unterliegt einem stetigen Wandel. Finanzämter verlangen hierzu häufig eine detaillierte Aufklärung; gelingt die nicht, landet eine Sache schnell zwecks Klärung vor Gericht.
Was können Sie als GmbH tun, um solche Streite zu vermeiden?
Das Risiko kann in einer ungewollten Begründung oder Beendigung einer Betriebsaufspaltung bestehen. Um es zu vermeiden, zwei Tipps:
- Prüfen Sie die Sach- und Rechtslage bei der erstmaligen Gestaltung ganz genau!
- Beobachten Sie fortlaufend die sich entwickelnde Rechtslage!
Worauf sollte sich Ihre Prüfung vor allem richten?
Vor allem auf die Betriebsgrundlagen. Dies können u.a. sein:
- Immaterielle Wirtschaftsgüter
- Grundstücke
- Büroräume und Ladenlokale
Was wären immaterielle Wirtschaftsgüter?
Unter der Voraussetzung, dass sich die Tätigkeit Ihres Betriebsunternehmens in erheblichem Maße darauf gründet bzw. wesentlich für Ihr Unternehmen etwa im Bereich des Online-Geschäfts oder der IT-Branche ist, insbesondere (BFH vom 21.11.2017, Az.: VIII R 17/15):
- Marken
- Patente
- Kundenstamm
- Mandantenstamm eines Steuerberaters
- eine Internet-Domain
- ein Quellcode für eine eigens entwickelte Software u.ä.
Ob Sie für immaterielle Wirtschaftsgüter steuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen können ist zu prüfen.
Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang Grundstücke?
Deren Überlassung durch Mehrheitsgesellschafter stellen den in der Praxis wohl häufigsten Fall der sachlichen Verflechtung dar. Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in ihnen dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn:
- ihre Lage die Betriebsführung bestimmt,
- das Grundstück oder seine Bebauung auf die Bedürfnisse Ihres Betriebes zugeschnitten ist oder
- Ihr Betriebsunternehmen aus anderen innerbetrieblichen Gründen ohne ein Grundstück dieser Art den Betrieb nicht fortführen könnte (BFH vom 26.05.1993, Az.: X R 78/91):
- bei bebauten Grundstücken regelmäßig angenommen,
- bei unbebauten Grundstücke nur, wenn sie zum Erreichen des Betriebszwecks der Betriebsgesellschaft erforderlich sind und besonderes Gewicht für deren Betriebsführung haben (BFH vom 15.01.1998, A.: IV R 8/97).
… und welche Bedeutung haben Büroräume und Ladenlokale?
Regelmäßig stellen nach Auffassung des BFH (BFH vom 29.11.2017, Az.: X R 34/15) eine wesentliche Betriebsgrundlage dar:
- Büroräume, selbst
- in einem ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus, wenn sich dort der Mittelpunkt der Geschäftsleitung befindet
- Ladenlokale
- Büroetagen.
Keine sachliche Verflechtung sieht der BFH allerdings in der Überlassung einzelner Räumlichkeiten in einem Zweifamilienhaus unter folgenden Voraussetzungen:
- die Betriebsgesellschaft begründet an der Anschrift der überlassenen Büroräume lediglich ihren Sitz,
- ein nicht unbedeutender Teil des Tagesgeschäfts der Geschäftsleitung findet in diesen Räumlichkeiten nicht statt (BFH vom 29.07.2015, Az.: IV R 16/13).
Ein einzelnes Geschäftslokal ist nach Auffassung des BFH sogar dann wesentliche Betriebsgrundlage, wenn auf das Geschäftslokal weniger als zehn Prozent der gesamten Nutzfläche des Unternehmens entfallen (BFH vom 19.03.2009, Az.: IV R 78/06).
Die Art der Wirtschaftsgüter spielt übrigens eine Rolle bei der Abschreibung. Welche auf welche Wirtschaftsgüter und wie Sie sie steuerlich nutzen können, erfahren Sie in unseren Beiträgen „Die neue degressive Abschreibung“ und „Abschreibung – Was ist das?“.
Zu der Einordnung von Ihrer GmbH angeschaffter Wirtschaftsgüter zu Ihrem Betriebsvermögen und dessen Bedeutung für eine mögliche verdeckte Gewinnausschüttung lesen Sie bitte den Beitrag „vGA: Fahren Sie als Geschäftsführer im Dienstwagen privat auf Nummer Sicher“.
Bei welchen Arten der Nutzungsüberlassung liegt eine sachliche Verflechtung vor?
Wenn die wesentliche Betriebsgrundlage, die ein Gesellschafter Ihrer Betriebs-Kapitalgesellschaft überlässt,
- nicht in seinem Eigentum steht,
- er sie aber aus eigenem Recht nutzen kann und
- zur Nutzungsüberlassung befugt ist (BFH vom 10.5.2016, Az.: X R 5/14).
Bei der Bestellung eines Erbbaurechts an einem unbebauten Grundstück liegt eine sachliche Verflechtung vor, wenn Sie das Grundstück für die betrieblichen Zwecke Ihrer Betriebsgesellschaft bebauen wollen (BFH vom 19.03.2002, Az.: VIII R 57/99), nicht aber, wenn Sie als Erbbauberechtigter selbst ein Gebäude errichten, das Sie einem Betriebsunternehmen überlassen (BFH vom 24.09.2015, Az.: IV R 9/13).
Was können Sie tun, wenn Sie die Begründung einer sachlichen Verflechtung vermeiden wollen?
Dann vermeiden Sie tunlichst Leistungsketten unter Ihrer Einbeziehung als Gesellschafter. Die Begründung der sachlichen Verflechtung setzt die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage voraus. Für den BFH (BFH vom 09.07.2019, Az.: X R 9/17) liegt eine solche wesentliche Betriebsgrundlage für die Betriebsgesellschaft nicht vor, wenn ihr von einer beherrschenden Person ein Darlehen gewährt wird. Der Vorteil des Betriebsunternehmens bei einem Darlehen ist demnach auf einen nur vorübergehenden Zufluss liquider Mittel beschränkt, der nach der Rückzahlung wieder entfällt. Folge: Die Darlehensgewährung führt nicht zu einer sachlichen Verflechtung – und damit zu keiner Betriebsaufspaltung.