13.02.2023

Rücklagenbildung aus Gewinnen ist bei UG Pflicht

Aus klein mach groß. So verkürzt der Sinn eine UG oder Mini-GmbH. Als Existenzgründer will Sie der Gesetzgeber sozusagen erst anfüttern. Später sollen Sie sie dann in eine richtige GmbH überleiten. Der Hebel für diese Metamorphose ist die Rücklage. Lockmittel ist die UG & Co. KG.

Rücklagenbildung aus Gewinnen UG

Ist für die Gründung einer UG die Bildung einer Rücklage nötig?

Ja, jedenfalls nach dem Willen des Gesetzgebers. Er hat die Pflicht dazu neu im GmbH-Recht § 5a Abs. 3 GmbHG zur Stärkung des Eigenkapitals der UG eingeführt. Dort heißt es:

„In der Bilanz des aufzustellenden Jahresabschlusses ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist.“

Das heißt für Sie als Unternehmensgründer: Ihre UG bildet in der Bilanz ihres Jahresabschlusses eine gesetzliche Rücklage. In diese stellen Sie 25 Prozent des Jahresüberschusses abzüglich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr ein.

Was bezweckt der Gesetzgeber damit?

Er will damit sicherstellen, dass Ihre UG in wenigen Jahren eine höhere Eigenkapitalausstattung erreicht. Eigentlich ist Ihre UG in erster Linie ja als Mini-GmbH für Sie als Existenzgründer gedacht. Das Eigenkapital erhöhen Sie dabei dadurch, dass Sie nach Nr. 1 der genannten GmbHG-Vorschrift die Rücklage zur Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln verwenden können. Ziel ist es, die erfolgreiche UG in eine GmbH übergehen zu lassen. Dies ist nach der Begründung des Regierungsentwurfs (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6140) auch der Hauptzweck der Rücklagen.

Übrigens: Wollen Sie eine GmbH gründen, ist ein Gesellschaftervertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) erforderlich. Dabei kann die Gründung nicht nur durch einen individuellen, auf die Belange der Gesellschaft zugeschnittenen Vertrag, sondern auch im vereinfachten Verfahren durch ein Musterprotokoll erfolgen. Dies lohnt sich aber nur in bestimmten Fällen; in welchen genau, lesen Sie in unserem Beitrag „Der GmbH-Gesellschaftsvertrag (Muster)“.

Inwiefern kann die Thesaurierung dieser Form der GmbH Ihnen als Unternehmensgründer helfen?

Sie sollen innerhalb einiger Jahre eine höhere Eigenkapitalausstattung erreichen. Denn Sie haben sie ja möglicherweise mit einem sehr geringen Stammkapital gegründet. Der Regierungsentwurf geht dabei von der Annahme aus, dass in den Fällen der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) sehr häufig eine Identität zwischen Ihnen als Gesellschafter und Ihnen als Geschäftsführer vorliegen wird. Deswegen sei ohnehin davon auszugehen, dass Sie als Geschäftsführer Ihren notwendigen Lebensunterhalt über Ihr Geschäftsführergehalt bestreiten können.

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Ist die Beschränkung der zusätzlichen Gewinnausschüttung rechtens?

Der Regierungsentwurf hält sie für vertretbar. Ein Verstoß gegen § 5a Abs. 3 GmbHG zieht die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses (analog nach § 256 Aktiengesetz AktG) nach sich – die wiederum die Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses zur Folge hat (analog nach § 253 AktG). Aus der Nichtigkeit des Feststellungsund des Gewinnverwendungsbeschlusses resultieren bürgerlich-rechtliche Rückzahlungsansprüche gegen Sie als Gesellschafter. Ferner machen Sie als Geschäftsführer sich haftbar nach § 43 GmbHG. Gegebenenfalls kann man auch ausdrücklich auf die Kapitalerhaltung nach den §§ 30 GmbHG „Kapitalerhaltung“ und 31 „Rückzahlung von Gewinn“ verweisen.

Die Pflicht zur Rücklagenbildung gibt es nicht nur bei der UG oder der GmbH, sondern bei allen Kapitalgesellschaften, egal ob klein oder groß. Lesen Sie hierzu unseren Beitrag „Besonderheiten der kleinen AG“.

Wie verhält es sich mit der Rücklagenbildung, wenn die Rücklage 25.000 Euro erreicht?

Dann entfällt die Pflicht dazu auch nicht.

Wann ist damit Schluss?

Ihre UG ist erst dann von der Verpflichtung befreit, wenn

  • ein Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung ihr Stammkapital erhöht hat und
  • Ihre UG formal in eine GmbH übergegangen ist.

Müssen Sie als UG denn irgendwann in einer GmbH wechseln?

Nein, für sie besteht dazu keine Verpflichtung. Das ist allgemein anerkannt. Aber die Pflicht zur Rücklagenbildung legt dies nahe, sobald Ihre UG das Mindeststammkapital erreicht hat. Faktisch folgt aus der Rücklagenbildungspflicht daher, dass bis zum Übergang in die GmbH eine weitgehende Ausschüttungssperre besteht. Der Regierungsentwurf zum GmbHG sieht im Stammkapital explizit „eine bilanzielle Ausschüttungssperre“.

Anders gefragt: Müssen Sie als UG zur Rücklagenbildung Gewinn erzielen?

Nein, mit der Pflicht dazu geht keine Verpflichtung zur Gewinnerzielung einher. Es stellt somit keine Umgehung des § 5 Abs. 3 GmbHG dar, wenn ein Gewinn in der UG von vornherein nicht geplant ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Ihre UG hohe Personalkosten hat, aber keinen nennenswerten Kapitaldienst bei:

  • Beteiligung als Komplementär an einer KG unter Ausschluss der Gewinnbeteiligung oder
  • einer gemeinnützigen Zweckeinrichtung.

Sie können zu jedem zulässigen Zweck eine GmbH gründen. Das gilt auch für eine UG. Aber es gibt einige Unterschiede zwischen der großen und der kleinen GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG). Welche das sind, erfahren Sie in unserem Beitrag „Die UG: Definition und Besonderheiten“.

Wieso brauchen Sie als UG keinen Gewinn zu erzielen?

Am praktisch bedeutsamsten wohl dürfte dies sein, wenn Sie Ihre UG als Verwaltungskomplementärin einer UG & Co. KG einsetzen. Die UG & Co. KG ist besonders reizvoll aus zweierlei Gründen:

  • die Sicherheit einer beschränkten Haftung als natürliche Personen
  • die Vorteile einer Personenhandelsgesellschaft
  • kein Zwang zur Entrichtung von Mindeststammkapital der GmbH.

In dieser Konstellation hält die UG an der KG keine Kapitalanteile und ist nicht am Unternehmensgewinn beteiligt. Zwar erhalten Sie als UG eine Komplementärvergütung. Mit dieser allein wird Ihrer UG nicht gelingen, über die Rücklagen das Mindeststammkapital einer GmbH zu erreichen. Aus diesem Grund war es auch lange strittig, ob die UG überhaupt die Funktion einer Komplementärin bei einer Kommanditgesellschaft übernehmen darf. Mittlerweile ist das jedoch geklärt. § 5a Abs. 3 GmbHG steht dem nicht entgegen. Die Regelung verpflichtet Sie nur zur Verwendung eines bilanziellen Jahresüberschusses zur Eigenkapitalaufstockung, wenn ein solcher Überschuss besteht.

Wie bilanzieren Sie als UG die Rücklage richtig?

Das hängt insbesondere von der Einhaltung der Bilanzierungsvorschriften ab. Die Höhe der Rücklagenpflicht ergibt sich aus dem Ergebnis des Jahresabschlusses. Insofern sind missbräuchliche und unübliche Gestaltungen in der Bilanzierung sanktioniert.

Was wäre missbräuchliche Gestaltung?

Beispielsweise die verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Eine solche liegt vor bei überhöhtem Gehalt für den Geschäftsführer. Eine vGA ist in der Regel nur im Steuerrecht von Bedeutung. Aufgrund der Besonderheiten des § 5a Abs. 3 GmbHG erlangt sie sie aber auch für die UG im Zusammenhang mit der Handelsbilanz. Wenn Sie es geschickt anstellen, weist Ihr Jahresüberschuss dieses überhöhte Gehalt zu niedrig aus und so können Sie die korrekte Rücklagenbildung umgehen. Wie Sie als Geschäftsführer auch sonst hüten müssen, nicht in den Verdacht einer vGA zu geraten. Lesen Sie hierzu unseren Beitrag „Teilwertabschreibung: So bewahren Sie sich als GmbH vor einer vGA“.

Bei der Steuererklärung konzentrieren Sie sich als GmbH im Regelfall auf der Ermittlung des richtigen – möglichst günstigen – Gewinns. Die jährliche Nebenerklärung zum steuerlichen Einlagekonto wird dabei gern stiefmütterlich behandelt. Grund genug, einen Blick auf ein älteres, aber hochaktuelles Urteil zu werfen, über das „GmbH-Brief“ /7/2021) berichtet.

Im Streitfall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 19.12.2017, Az.: 6 K 1902/15) urteilten die Richter, dass die Erklärung zum steuerlichen Einlagekonto nicht wegen eines offensichtlichen Fehlers nach § 129 Abgabenordnung (AO) korrigiert werden kann, wenn der offensichtliche Fehler nicht direkt aus der Feststellungserklärung oder seinen Anlagen hervorgeht. Die vom Steuerpflichtigen mit eingereichte Bilanz sei dafür nicht ausreichend. Zwar könne aus der Bilanz die Bildung einer Kapitalrücklage erkannt werden. Der Wille der Gesellschafter, damit auch das steuerliche Einlagekonto zu erhöhen, könne daraus aber nicht abgeleitet werden und ergebe sich auch nicht zwangsläufig.

Was war das Ergebnis?

Dass die versehentlich in die Steuererklärung zum steuerlichen Einlagekonto eingedruckte „0“ nicht korrigiert werden konnte. Ausschüttungen aus der Kapitalrücklage konnten somit steuerpflichtig sein. Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen, heißt es in der Begründung. Ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (sog. Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG) könne zudem wegen der unterbliebenen Berücksichtigung einer Kapitalrücklage im Sinne des § 272 Abs. 2 HGB nur dann infolge einer „offenbaren Unrichtigkeit“ nach § 129 Satz 1 AO berichtigt werden, wenn u.a. aus den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen. Eine entsprechende Berichtigung scheide aber aus, wenn sich weder unmittelbar aus der Feststellungserklärung noch klar und eindeutig aus den mit der Feststellungserklärung eingereichten Unterlagen ergibt, wer konkret nach welchen Maßgaben auf welche Forderungen verzichtet hat (die zur Einlage in die Kapitalrücklage geführt haben).

Letzteres war weder der Feststellungserklärung (hier: Werteintrag „0“) noch der Bilanz (hier: nur Betrag der Erhöhung der Kapitalrücklage) zu entnehmen. In der Praxis wird die „Feststellung zum steuerlichen Einlagekonto“ als eigener Steuerbescheid im Regelfall dem Körperschaftsteuerbescheid beigefügt. Spätestens mit Vorliegen dieses Steuerbescheids verbleibt noch die normale Einspruchsfrist von einem Monat, um den Fehler zu korrigieren.

Was geschieht, wenn Ihre UG keine Rücklagen bildet?

Dann ist das ein Verstoß gegen die Pflicht zur Rücklagenbildung und führt analog zu § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses und entsprechend des Beschlusses der Gesellschafterversammlung zur Gewinnverwendung.

Autor*in: Franz Höllriegel