08.03.2023

Personalmanagement: Vertragsänderungen sind kein Hexenwerk!

Panta rhei – alles fließt, sprich: ändert sich. So auch Verträge. Die Maxime eines Vertrages, nach Abschluss in den Safe und vergessen, gilt längst nicht mehr. Zu rasch der Bedarf von Anpassung. Arbeitsverträge machen da keine Ausnahme. Doch hier lauern zwei zu vermeidende Kardinalfehler.

Vertragsänderungen

Was gehört zu Ihrem Alltag als Personaler bei Arbeitsverträgen?

  • Der Neuabschluss
  • Die Anpassung bestehender Arbeitsverträge an sich ändernde Rahmenbedingungen.

Ein korrekter Arbeitsvertrag ist die wichtigste Basis für jedes Anstellungs-Verhältnis im Unternehmen. Als Unternehmer sollten Sie sowohl im Sinne Ihrer Arbeitnehmer als auch in Ihrem eigenen Interesse darauf achten, dass alle Verträge steuer- und arbeitsrechtlich korrekt aufgesetzt sind. Alles Wissenswerte hierzu lesen Sie in unserem Beitrag „Arbeitsvertrag“.

Ist der beste Vertrag nicht der, der nach Unterzeichnung im Safe verschwindet?

Diese falsche Devise wird zumal in Zeiten verstärkter Änderung durch ständige Wiederholung nicht richtig. Die Gerichte entwickeln das Arbeitsrecht weiter. Viele Klauseln sind überholt. Ein Blick in den Safe könnte sich also lohnen. Warum Sie als Arbeitgeber Ihre Vertragsklauseln überprüfen sollten, erfahren Sie durch Lektüre unseres Beitrages „Arbeitsvertrag – So gestalten Sie Ihre Vertragsklauseln richtig!“.

Was ist eine Klausel im Vertragsrecht?

Die Bedeutung des Begriffs „Klausel“ variiert. Im Vertragsrecht versteht „Juraforum“ eine „Klausel in der Regel als eine Bestimmung in einem Vertrag oder einer Vereinbarung, die ein bestimmtes Regulierungsziel verfolgt“. In der Regel enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Klauseln. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB alle im Voraus festgelegten Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen, die ein Vertragspartner oder Nutzer dem anderen Vertragspartner zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Verfügung stellt.

Personaltipp − Aktuelles Arbeitsrecht für Personalmanager und Arbeitgeber

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Im Rahmen der §§ 305 ff. BGB werden nur die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, nicht aber einzelne Individualvereinbarungen, die diesen gegebenenfalls vorgehen (vgl. 305b BGB). Zum Schutz der Verbraucher (§ 13 BGB) sind überraschende oder unklare Klauseln auch nicht Bestandteil des Vertrages nach § 305c BGB. Vertragsbestandteil werdende Klauseln müssen der sogenannten Inhaltskontrolle der §§ 309, 308, 307 BGB standhalten können, andernfalls erklärt sie das Gericht für unwirksam.

Ein Vertrag verliert nach § 306 BGB nicht dadurch seine Gültigkeit, dass eine oder mehrere Klauseln nicht Bestandteil des Vertrages geworden sind oder ungültig sind. In diesen Fällen richtet sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Bestimmungen. Die bekannteste Klausel im Vertragsrecht ist die so genannte „Salvatorische Klausel“, die die Rechtsfolgen regelt, wenn sich Teile des Vertrages als unanwendbar oder nichtig erweisen.

Können Sie als Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ohne Zustimmung Ihres Mitarbeiters ändern?

In bestimmten Fällen ja. Das hört sich problematischer an, als es sein muss. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Ihnen in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehen.

Kurzarbeitsklauseln in Arbeitsverträgen Standard. Das verhindert überflüssige Diskussion über deren Sinn und Zweck – in Corona-Zeiten ein wichtiges Instrument für Sie als Personaler, wie unser Beitrag „Keine Kurzarbeit ohne erforderliche Rechtsgrundlage“ erklärt.

Was ist der Grund für den Anpassungsbedarf?

Der stetige Wandel:

  • der tatsächlichen Bedingungen der Arbeitswelt
  • der rechtlichen Vorgaben:
    • neue Gesetze,
    • Gesetzesänderungen
    • sich ändernde und weiterentwickelnde Rechtsprechung
    • Arbeitsvertragsklauseln

Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages entsprachen sie noch den rechtlichen Vorgaben und plötzlich sind sie unwirksam.

Ließe sich der Änderungsbedarf durch gelegentliche Generalüberholungen decken?

In den meisten Fällen wirkt sich der ständige Änderungsbedarf zu Ihren Lasten als Arbeitgeber aus. Kein Wunder also, dass ein solcher Wunsch von Ihrer Seite als Arbeitgeber nach einer Generalüberholung alter Arbeitsverträge auf der Hand liegt. In der Praxis ist der jedoch kaum umsetzbar.

Werden Vertragsklauseln in Altarbeitsverträgen wegen Gesetzesänderungen oder Änderungen in der Rechtsprechung unwirksam, gewähren die Arbeitsgerichte dem Arbeitgeber meistens einen Vertrauensschutz, d. h., sie messen die Wirksamkeit einzelner Vertragsklauseln an der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages geltenden Rechtslage, selbst wenn sich diese zwischenzeitlich geändert hat.

Was heißt Vertrauensschutz?

Dies ist laut „Duden“ ein aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteter verfassungsrechtlicher Grundsatz. Er schützt das Vertrauen des Bürgers in die Beständigkeit der Gesetze. Der Bürger soll sich darauf verlassen dürfen, dass:

  • sein auf eine bestimmte Rechtslage gegründetes Verhalten nicht durch eine Rechtsänderung anders bewertet wird
  • getroffene Dispositionen dadurch entwertet werden.

Gegenüber der Gesetzgebung äußert sich der Vertrauensschutz in den zum Verbot der Rückwirkung entwickelten Grundsätzen. Gegenüber der Verwaltung wird Vertrauensschutz vor allem dadurch gewährt, dass das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand eines von der Behörde erlassenen Verwaltungsakts berücksichtigt wird. Nach § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz kommt es auf eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts und dem öffentlichen Interesse an dessen Aufhebung an. Der Vertrauensschutz überwiegt normalerweise, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Umgekehrt scheidet eine Berufung auf Vertrauensschutz aus, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat durch:

  • arglistige Täuschung,
  • Drohung
  • Bestechung
  • Angaben, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
  • oder wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder
  • infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unterliegen nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes Betriebsvereinbarungen, die Arbeitnehmern Leistungen gewähren, wie z.B.:

  • gegenüber einer Kündigung der Betriebsvereinbarung erworbene Versorgungsbesitzstände der betrieblichen Altersversorgung
  • gegenüber ablösenden Betriebsvereinbarungen.

Je stärker Sie als Arbeitgeber durch die Kündigung oder ablösende Betriebsvereinbarung in Besitzstände eingreifen wollen, desto gewichtiger müssen Ihre Gründe als kündigender Arbeitgeber dafür sein. Sie können als Arbeitgeber einen bereits erdienten und errechneten Teilbetrag nach § 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) nur aus wichtigem Grund entziehen. Zuwächse, die sich aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben, können Sie nur aus triftigem Grund schmälern, soweit sie zeitanteilig erdient sind. Soweit auf Grund der Betriebsvereinbarung erworbene Besitzstände von der Beschränkung betroffen sind, bleibt die Betriebsvereinbarung als kollektiv-rechtliche Grundlage von Versorgungsansprüchen und Versorgungsanwartschaften erhalten (BAG v. 11.5.1999 – 3 AZR 20/98).

Wie lange gilt dieser Vertrauensschutz?

Nicht ewig. Er kann erlöschen, wenn Sie nach einer erfolgten Änderung der Rechtslage aufgrund einer Gesetzesänderung oder Rechtsprechungsänderung auch eine Änderung des Arbeitsvertrages, z. B. wegen einer Verkürzung der Arbeitszeit, vornehmen und der Änderungsvertrag eine Klausel wie etwa folgende enthält: „Im Übrigen gelten alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom ___ (Datum) unverändert fort.“

Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass Sie als Arbeitgeber mit Ihrem Arbeitnehmer mit dieser vertraglichen Abrede die Regelungen des alten Arbeitsvertrages erneut vereinbart haben. Dadurch erlischt der Vertrauensschutz und die Altverträge messen die Gerichte nun an den Regeln, die für neue Verträge gelten. Die Konsequenz hieraus ist dann häufig die Unwirksamkeit einiger oder mehrerer Vertragsklauseln. Bei Vertragsänderungen sollten Sie solche Klauseln deshalb unbedingt weglassen.

Wie ist die Rechtslage im Falle von Vertragsverlängerungen bei Befristungen?

Sie dürfen keine sonstigen Regelungen enthalten. Hier machen viele Arbeitgeber einen folgenschweren Fehler, vor allem bei der Verlängerung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen. Die Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen beträgt zwei Jahre. Innerhalb dieses zulässigen Zeitraumes können Sie das Arbeitsverhältnis bis zu dreimal verlängern. Eine zulässige Verlängerung sieht die Rechtsprechung nur dann, wenn der Verlängerungsvertrag ausschließlich die verlängerte Laufzeit des Arbeitsverhältnisses regelt. Nehmen Sie gleichzeitig weitere Änderungen des Vertrages vor, z. B. der Arbeitszeit oder des Gehalts, hat dies die Unwirksamkeit der weiteren Befristung zur Folge.

Die Musterformulierung „Änderungsvertrag zur Reduzierung der Arbeitszeit“ sowie eine weitere Musterformulierung zur „Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses“ können Sie im Downloadbereich unter www.personal-tipp.de herunterladen.

Wie oft dürfen Sie einen befristeten Arbeitsvertrag verlängern?

Einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag können Sie bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren höchstens drei Mal verlängern, wenn nicht schon die erste Befristung den Zweijahreszeitraum von vornherein ausschöpft. Die jeweilige Verlängerung muss nahtlos an die vorangegangene Befristung anschließen. Sind zwei Befristungen zeitlich unterbrochen, ist die erneute Befristung ohne sachlichen Grund unzulässig. Allerdings mit einer vom Bundesarbeitsgericht anerkannten Ausnahme: ein früheres Arbeitsverhältnis liegt mehr als drei Jahre zurück. Das gilt dann nicht als eine Zuvor-Beschäftigung.

Durch das Verbot der Zuvor-Beschäftigung sollten Befristungsketten und der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindert werden. Die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Hier kann der Arbeitgeber innerhalb gesetzlich zulässiger Grenzen entscheiden. Grundsätzlich muss die Befristungsdauer so bemessen sein, dass eine dem Sachgrund angemessene und sinnvolle Tätigkeit des Arbeitnehmers möglich ist. Wie die Gesamtdauer auch kann die Anzahl der Verlängerungen durch Tarifvertrag erhöht sein.

Autor*in: Franz Höllriegel