Nachhaltigkeit managen – ein Vorschlag zur Einführung
Gesellschaft, Wirtschaft, Soziales, Umwelt – das und noch viel mehr gehört zu einem guten Nachhaltigkeitsmanagement. Was viele missverstehen: dabei geht es nicht um falsch verstandenen Altruismus. Sie als Unternehmen eröffnen sich damit unternehmerische Chancen.
Nachhaltigkeitsmanagement – schafft die Politik entsprechende Rahmenbedingungen?
Ja, jedenfalls wenn man den Verlautbarungen vertrauen darf. Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung hat die Bundesregierung als Leitprinzip ihrer Politik ausgegeben. Voraussetzung dafür, dass Entwicklungen dauerhaft tragfähig sind, sei ein Hand-in-Hand-Gehen von:
- Wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit,
- Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen,
- sozialer Verantwortung.
Als wichtigen Akteur und Multiplikator für mehr Nachhaltigkeit sieht sie die Wirtschaft. Deutschland setze mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen um.
Die SDG werde in regelmäßigen Abständen weiterentwickelt, alle zwei Jahre aktualisiert und dokumentiert im Indikatorenbericht „Nachhaltige Entwicklung in Deutschland“ des Statistischen Bundesamtes. Innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vor allem für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele „Bezahlbare und saubere Energie“ (SDG 7) und „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ (SDG 8) verantwortlich. Es setzt die Rahmenbedingungen für eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftspolitik u.a. durch:
- Unterstützung von regionaler Entwicklung und Strukturwandel in den Braunkohleregionen,
- Vorantreiben der Energiewende,
- Verringern bürokratischer Belastungen,
- Stärkung des Mittelstandes
- Sicherung von Fachkräften
- nachhaltig öffentliche Beschaffung.
Was können Sie als Unternehmen dazu beitragen?
Sehr viel in den Augen des Wirtschaftsministeriums. Die Wirtschaft habe es in der Hand, neue, nachhaltige und zukunftsfähige Verfahren, Strukturen, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und erfolgreich an den Markt zu bringen. Auf die Wirtschaft komme es an, ihren Teil zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Kleine, mittelständische wie auch global agierende Unternehmen trügen eine große Verantwortung für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in ihrer Eigenschaft als:
- Produzenten und Anbieter von Waren und Dienstleistungen,
- Treiber von Forschung und Entwicklung,
- Nachfrager von Rohstoffen und Vorprodukten,
- Arbeitgeber beispielsweise in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung,
- bei der Förderung von Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- in ihrem regionalen Umfeld
- als Teilnehmer am Finanzmarkt.
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Nimmt der Finanzmarkt den Appell der Politik zu Nachhaltigkeit auf?
Ja, das tut er, und zwar schon seit längerem, wie unser Bericht „Investoren wenden sich nachhaltigen Unternehmenskonzepten zu“ 2016 zeigt. Legt man heute Geld in Aktienfonds an, fragt der Anlageberater regelmäßig, ob das Investment in nachhaltige Aktien oder in alle Aktien erfolgen soll. Nachhaltige Aktien bringen mittlerweile die bessere Performance. Es zeigt sich bereits deutlich, wohin das Geld letztlich fließen wird. In nachhaltige Unternehmen. Nun sind nicht alle Unternehmen an der Börse und beziehen ihr Geld dort. Aber die Banken und Geldgeber werden zunehmend sensibler bei diesem Thema. Nachhaltigkeit ist eine Frage des unternehmerischen Risikos – und da werden nachhaltige Unternehmen besser bewertet. Der Börse Frankfurt zufolge beziehen professionelle wie private Anleger neben den klassischen Kriterien der Rentabilität, Liquidität und Sicherheit in die Investmententscheidung ein:
- ökologische,
- soziale und
- ethische Aspekte.
Die Anleger betrachteten, wie nachhaltig Unternehmen hinsichtlich ökologischer und sozialer Verträglichkeit sowie der guten Unternehmensführung wirtschaften. Inzwischen stände in jeder Anlageklasse und -form eine große Auswahl an Wertpapieren zur Verfügung, mit denen Sie Nachhaltigkeitsziele in der Geldanlage verfolgen können – von hell- bis dunkelgrün je nach Anspruch, wie es die Finanzbranche bezeichnet. Deren Kriterien für Nachhaltigkeit sind:
- Environmental – Umwelt
- Social – gesellschaftliche Verantwortung
- Governance – gute Unternehmensführung
Nachhaltiges Wirtschaften werde für die Anleger immer wichtiger. Außerdem steht der Kapitalmarkt in der Verantwortung, ein ökologisch und gesellschaftlich nachhaltiges Wirtschaftssystem zu stützen, das dem Klimawandel und der Ressourcenverknappung entgegenwirkt. Die Anwendung von ESG-Kriterien biete ihnen die Möglichkeit, ihre individuelle ökonomische und soziale Ausrichtung zu berücksichtigen und einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Nachhaltigkeit im Depot kostet keine Rendite, so die Börse Frankfurt unter Berufung auf Studien.
Worum kümmert sich Ihr Nachhaltigkeitsmanagement?
In erster Linie um:
- Umweltmanagement
- Qualitätsmanagement
- Risikomanagement
- Anliegen der Mitarbeiter
- sozialverträgliche und umweltverträgliche Ausrichtung der Zulieferkette und des eigenen Handelns
- Korruptionsbekämpfung
Um diese Punkte nachhaltig managen zu können, bedarf es eines betrieblichen Informationssystems und dessen laufender Pflege. Wobei sich der Aufwand letztlich in Grenzen hält und die Vorteile überwiegen.
Welche Rolle spielt Corporate Social Responsibility (CSR) im Nachhaltigkeitsmanagement?
Dieser Begriff hat sich als Oberbegriff für nachhaltiges Managen eingebürgert, allgemein als
- Übernahme von Unternehmensverantwortung
- moralische und ethische Verpflichtung von Unternehmen im Umgang mit:
- Mitarbeitern
- Umwelt
- Wettbewerbern,
- Wirtschaft und
- anderen Bereichen des Lebens, in das ein Unternehmen eindringt.
- abseits von staatlichen Gesetzen und Normen.
Im Mittelalter entstand das Konzept des „ehrbaren Kaufmanns“, verbunden mit einem Wertekodex für Händler durch die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln. Online-Dienstleister Ionos zählt folgende Ansätze für CSR auf nach dem Verantwortungsbereichsmodell nach Stefanie Hiß. Sie unterteilt CSR in drei Bereiche, die jeweils nach der Art ihres öffentlichen Wirkens benannt werden:
- Der innere Verantwortungsbereich umfasst alle internen Strategien und Vorgänge der Unternehmensstrategie an sich, die die Öffentlichkeit zwar nicht erreichen, aber wesentlich die ethische Ausrichtung des Unternehmens vorgeben. Er ist Chefsache und beeinflusst wichtige Entscheidungen, z. B.,
- welche Businesspartner hinzugewonnen werden,
- die eigene Verantwortung auf dem Markt hinsichtlich möglicher Kartellbildungen und Monopolstellungen,
- eine faire und realistisch angesetzte Wachstumsplanung und
- gesunde Wirtschaftlichkeit.
- Zum mittleren Verantwortungsbereich gehören all jene Felder, die öffentlich wirksam sind und einen direkten Effekt auf Umwelt, Mensch und Gesellschaft haben, aber weiterhin Teil des normalen Arbeitsprozesses sind. Der betrifft Aktionen eines Unternehmens, deren Effekte auf Umwelt und Gesellschaft mehr oder weniger direkt messbar sind, wie z.B.:
- CO2-Emissionen und Luftverschmutzung
- Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter
- verantwortungsvolles Lieferkettenmanagement.
Betroffen sind neben eigenen Mitarbeitern Stakeholder und der Ruf des Unternehmens.
- Zum äußeren Verantwortungsbereich gehören alle aktionistischen Felder, d.h., dass ein Unternehmen hier wohltätig aktiv (meist finanziell) wird und dafür gegebenenfalls den Arbeitsalltag unterbricht oder anpasst. Hiß‘ Modell eignet sich gut, um die unterschiedlichen Aufgabenbereiche der CSR darzustellen. Beispiele, was alles zu diesem äußeren Verantwortungsbereich gehören kann:
- Spenden
- Sponsoring
- Soziale Aktivitäten
Wie starten Sie als Unternehmen Ihr Nachhaltigkeitsmanagement in der Praxis?
Wie immer im Projektmanagement mit einer Bestandsaufnahme, am besten nach Maßgabe folgender Fragen:
- Was gibt es schon im Unternehmen hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit?
- Welche Systeme (z.B. Qualitätsmanagement) werden bereits gelebt?
In jedem Fall sind Prozesse im Unternehmen vorhanden. Entweder normiert, z.B. als Qualitätsmanagementsystem, oder einfach aus der betrieblichen Übung heraus. Hier können Sie aufsetzen und nach und nach jeden Prozess auf Nachhaltigkeitsaspekte hin überprüfen.
Als Messung dieser Nachhaltigkeitselemente bietet sich in vielen Fällen, gerade in kleineren Unternehmen, eine einfache Balanced Scorecard an. Balanced Scorecard ist ein Konzept zur Messung, Dokumentation und Steuerung der Aktivitäten eines Unternehmens oder einer Organisation zu seiner Vision und Strategie. Mit einer Balanced Scorecard können Sie Ihre Unternehmenskennzahlen mit zukunftsorientierten Perspektiven verbinden; es ist also mehr ein komplexes Steuerungs- und Managementsystem. Ausgangspunkt für die Entwicklung dieses Instruments war die Erkenntnis, dass sich der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens heute nicht mehr nur durch finanzielle Ergebnisse beurteilen lässt.
Muster im Rahmen eines Gesundheitsmanagements finden Sie zum Download hier. In der Balanced Scorecard können Sie beliebige Ziele festlegen und Kennzahlen, die diese Ziele in bestimmten Abständen messen, wie z.B.:
- Reduzierung von Abfällen um 50 Prozent. Als Kennziffer dient die vom Entsorger gemeldete Abfallmenge. Die Kennziffer verfolgen Sie über die Balanced Scorecard im monatlichen Abstand. Verantwortlich für die Senkung ist insbesondere der Bereich Produktion, sodass sich Produktionsleiter und Team über verschiedene Maßnahmen zur Abfallsenkung beraten haben, z.B. durch:
- verbesserte und übersichtliche Restmengenverwaltung,
- Entwicklung von Produkten, die aus Abfällen selbst hergestellt werden können usw.
Sie können Ziele und Kennziffern aus jedem Kernelement des Nachhaltigkeitsmanagements festlegen. Binden Sie Ihr Team zum Start der Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements mit ein. Häufig lässt sich beobachten, dass sich Mitarbeiter hier besonders engagieren, weil sie auch einen Wert für sich erkennen. Nämlich den, zur Nachhaltigkeit beizutragen. Sowie den, gefragt und gehört zu werden. Positiver Nebeneffekt: die Motivation steigt.