01.06.2018

Lobbying: Wie Unternehmen politisch Einfluss nehmen können

Heimlich, still und leise – Lobbyisten eilt im Allgemeinen kein besonders guter Ruf voraus. Vielen Unternehmen ist das Kreuz auf dem Wahlzettel alle vier Jahre nicht genug Einflussnahme. So freut sich manche Partei über üppigen Spendenregen. Doch beim Lobbying ist nicht alles erlaubt, was glitzert.

Lobbying: Wie Unternehmen politische Parteien unterstützen.

Lobbying: von strengen Vorschriften und heimlichen Schlupflöchern

Meist bleiben sie im Dunkeln, die Geldgeber der politischen Parteien. Zumindest jene, die Spenden überweisen und nicht mehr als 10.000 Euro im Jahr zahlen. Erst von dieser Summe an aufwärts müssen Parteien in ihren Rechenschaftsberichten Spenden veröffentlichen, schreibt Klaus Ott von der „Süddeutschen Zeitung“. Erst ab dieser Summe ist das Lobbying nach außen sichtbar.

Das führe zu geringer öffentlicher Nachvollziehbarkeit beispielsweise von knapp 20 Millionen Euro an Spenden für die CDU 2015. Und bei anderen Spendenempfängern dieser Art sehe das in der Regel ähnlich aus. Das Parteiengesetz sei bei Spenden sehr großzügig. Kein Wunder: niemand anderes als die Parteien selbst beschließen es über ihre Fraktionen im Bundestag.

Geschenke eines aufmerksamen Arbeitgebers zu bestimmten Anlässen sind eine Motivation für Angestellte, berichtet „Meisterbrief AKTUELL“ (07/2018).

Doch auch im Kleinen gibt es eine Kontrollinstanz: nicht Lobbycontrol, sondern das Finanzamt. Und auch hier gibt es Schlupflöcher. In Abhängigkeit davon, was zu welchem Anlass verschenkt wird und wie hoch die Kosten waren, können diese „Aufmerksamkeiten“ zudem noch steuerlich begünstigt sein. Wann, wie und unter welchen Voraussetzungen, dazu alles Wissenswerte im Wirtschaftsbrief für das Deutsche Handwerk.

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Das größte Schlupfloch: Stückelung

Damit aber nicht genug. Ott berichtet selbst da noch über Schlupflöcher. Sie erlaubten noch weniger Transparenz. Das größte Schlupfloch unter ihnen: Stückelung. Und die funktioniert so: Will jemand viel geben und seine Zahlungen an eine Partei geheim halten, etwa um eine Entscheidung zu beeinflussen, dann muss er die Spende nur aufteilen. Auf seine Familienmitglieder, auf Mitarbeiter, auf verschiedene Firmen. Und schon erfährt die Öffentlichkeit nichts davon.

Als einen der derzeit bekanntesten und pikantesten Fälle dieser Art nennt Ott den des suspendierten Regensburger Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs (SPD). Dieser steht von September an vor Gericht, zusammen mit einem Bauunternehmer und weiteren Angeklagten. Die Vorwürfe lauten auf Vorteilsannahme beziehungsweise Vorteilsgewährung in 24 Fällen. Zudem gehe es um Verstöße gegen das Parteiengesetz. Der Prozess dreht sich um die Frage, ob Wolbergs den Bauunternehmer im Gegenzug für hohe Parteispenden begünstigt hat. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

Die Affäre Wolbergs

Ein anderer Unternehmer aus der Immobilienbranche in Ostbayern hat Verfehlungen zugegeben und mehrere 100.000 Euro Strafe gezahlt. Die Staatsanwaltschaft hielt ihm Spenden in Höhe von 160.200 Euro an einen Regensburger SPD-Ortsverein vor, verteilt auf diverse Firmen und Personen. Mal 2.500 Euro, mal 5.000 Euro. Immer so, dass alles geheim blieb. Auf diese Weise habe sich der Unternehmer die Unterstützung des dritten Bürgermeisters und späteren Oberbürgermeisters Wolbergs für ein Bauvorhaben sichern wollen.

Die Stückelung habe dazu gedient, das wahre Ausmaß der Geldflüsse und eine damit verbundene Einflussnahme zu verbergen, zitiert Ott das Regensburger Amtsgericht. Wolbergs seinerseits weise alle Vorwürfe gegen sich zurück.

Der Spieler: Paul Gauselmann

Doch nicht immer seien Stückelungen gleich ein Fall für die Justiz. Paul Gauselmann, Hersteller und Betreiber von Spielautomaten aus dem westfälischen Espelkamp, habe über Jahre hinweg leitende Angestellte gebeten, ihm „im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und Ihres Interesses“ Parteispenden zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise sollen insgesamt hohe Beträge an gleich mehrere Parteien geflossen sein, ohne dass dies bekannt geworden wäre. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld habe darin aber keinen Verstoß gegen das Parteiengesetz gesehen.

Der Spielraum der Ermittler sei groß. Bei den Parteien und deren Geldgebern sei das nicht anders. Die Vereinigung Lobbycontrol, die für mehr Transparenz sorgen will, hat am Beispiel des Jahres 2014 ausgerechnet, dass damals 76 Prozent der Spenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden anonym geblieben sind.

Lobbying und die legislative Fußspur

Lobbycontrol setzt sich seit zwölf Jahren für eine Verschärfung der Regeln bei der Parteienfinanzierung ein, insbesondere beim bisher völlig intransparenten Sponsoring, sowie mehr Transparenz bei der Gesetzeserarbeitung in den Ministerien durch eine „legislative Fußspur“.

Die Organisation vermisst denn auch entsprechende Festlegungen der Regierungsparteien im Koalitionsvertrag. Der sehe lediglich eine Expertenkommission zur Bürgerbeteiligung vor. Diese soll „Vorschläge zur Stärkung demokratischer Prozesse erarbeiten“.

Lobbycontrol macht die Unionsparteien für die Blockadehaltung der Regierung verantwortlich. Sie gewährten Lobbyisten zu viele Freiräume. Die gegenwärtige Intransparenz beim Lobbyismus begünstigt nach Ansicht von Lobbycontrol Korruption, unausgewogene politische Entscheidungen und schädige das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Politik. Die Organisation fordert hier an erster Stelle ein Lobbyregister. Doch wann das kommt, ist mehr als ungewiss.

Hier kommen Sie zur Website von Lobbycontrol.

Autor*in: Franz Höllriegel