26.11.2024

Kurzfristige Beschäftigung in der Arbeitnehmerpraxis

In der Kürze liegt die Würze. Bisweilen auch bei der Beschäftigung. Für Arbeitnehmer liegt sie in kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen, weil sie unter Umständen lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei sind. Nachteil kann sein, dass sie nicht regelmäßig und wenig verlässlich sind.

Kurzfristige Beschäftigung

Was versteht man unter einer kurzfristigen Beschäftigung?

Sie:

  • wird nicht regelmäßig ausgeübt
  • ist eine Unterform der geringfügigen Beschäftigung,
  • neben der geringfügig entlohnten Beschäftigung, dem „Minijob“, mit einer Verdienstgrenze von 538 Euro, wird regelmäßig ausgeübt.
  • ist eine nicht berufsmäßige Tätigkeit

Definiert sind die geringfügigen Beschäftigungen in § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) IV. Für eine kurzfristige Beschäftigung fallen – anders als beim Minijob – keine pauschalen Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung an.

Wer beurteilt, ob eine Beschäftigung kurzfristig ist?

Sie als Arbeitgeber. Zu Beginn einer Beschäftigung und zu Beginn eines jeden Kalenderjahrs nehmen Sie als Arbeitgeber eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung vor:

  • Handelt es sich tatsächlich um eine geringfügige Beschäftigung oder nicht?
  • Wenn ja, handelt es sich
    • um eine kurzfristige Beschäftigung oder
    • um einen klassischen Minijob mit Verdienstgrenze.

Vergessen Sie nicht, Ihre Überprüfungen zu dokumentieren!

Wie lang ist bei einer kurzfristigen Beschäftigung kurzfristig?

Regelmäßig nicht mehr als drei Monate bzw. bei einer Zusammenrechnung von mehreren Beschäftigungszeiten 90 Kalendertage oder sonst 70 Arbeitstage im Kalenderjahr, weil sie:

  • ihrer Eigenart gemäß nicht länger zu sein pflegt.
  • Oder Sie dies festlegen, bevor ihr kurzfristig zu beschäftigender Arbeitnehmer seine Tätigkeit bei Ihnen als seinem Arbeitgeber aufnimmt.
  • Ein Nachtdienst, der sich über zwei Kalendertage erstreckt, gilt als ein Arbeitstag.
  • Die Zeiten mehrerer aufeinanderfolgender kurzfristiger Beschäftigungen rechnen Sie zusammen, unabhängig davon, ob sie geringfügig entlohnt oder mehr als geringfügig entlohnt sind.
  • Sie berücksichtigen Zeiträume der Beschäftigung, die Sie als Arbeitgeber unter Angabe der Personengruppe 110 gemeldet haben, und zwar alle Tage, für die ein Lohnanspruch besteht, auch z.B. Urlaubstage und Bereitschaftszeiten.
  • Bei mehreren kurzfristigen Tätigkeiten in loser Folge prüfen Sie, ob diese die zusammen mit den schon im laufenden Kalenderjahr ausgeübten kurzfristigen Beschäftigungen maßgebende Zeitgrenze überschreiten.

Hierbei werden volle Kalendermonate mit 30 Kalendertagen und Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen berücksichtigt. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt dabei so lange vor, wie sie die Zeitgrenzen nicht überschreitet.

Lohn- & Gehaltsprofi − Betriebsprüfungssicher abrechnen und clever sparen!

Lohn- & Gehaltsprofi − Betriebsprüfungssicher abrechnen und clever sparen!

Ihr Informationsdienst für Lohn- und Gehaltsabrechnungen: Rechtliche Infos, Tipps und Expertenwissen zu Lohnsteuer, Sozialversicherung u.a.

€ 489.00Jahrespreis zzgl. € 24,95 Versandpauschale und MwSt.

Newsletter

Wann gilt eine kurzfristige Beschäftigung als berufsmäßig ausgeübt?

Dann, wenn sie für die in Betracht kommende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist (BSG, Urteil vom 28.10.1960, Az.: 3 RK 31/56). Weil das nicht immer leicht zu beurteilen ist, haben die Sozialspitzenverbände GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund, beide Berlin, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Bochum, und die Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, Geringfügigkeitsrichtlinien aufgestellt. Nach deren aktueller Version vom 14.12.2023 gilt folgendes:

  • grundsätzlich nicht berufsmäßig sind kurzfristige Beschäftigungen:
    • neben einer Hauptbeschäftigung, neben dem freiwilligen Wehrdienst oder neben dem Bezug von Vorruhestandsgeld, weil von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung
    • die nur gelegentlich ausgeübt werden, weil grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung
  • berufsmäßig ausgeübt werden kurzfristige Beschäftigungen
    • zwischen Schulentlassung und Aufnahme einer betrieblichen Berufsbildung oder eines dualen Studiengangs, eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahrs, eines Bundesfreiwilligendiensts
  • ohne weitere Prüfung berufsmäßig ausgeübt werden kurzfristige Beschäftigungen in Folge auf bereits ausgeübte Beschäftigungen, wenn die Beschäftigungszeiten im Lauf eines Kalenderjahrs insgesamt mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage betragen
  • berufsmäßig ausgeübt ist eine zusätzliche Tätigkeit aufgrund von Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses wegen Elternzeit oder wegen eines unbezahlten Urlaubs oder während Arbeitsplatzsuche, weil sie somit keine kurzfristige Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen

Ist eine berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung kurzfristig, wenn Zeitgrenzen dafür eingehalten werden?

Nein, dann und wenn ihr regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, liegt trotzdem keine kurzfristige Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vor.

Was bedeutet das für Ihre Praxis als Arbeitgeber in Bezug auf Sozialversicherung kurzfristig Beschäftigter?

Im Regelfall sind sie zwar sozialversicherungsfrei. Allerdings sind verschiedene Meldungen an die Sozialversicherung erforderlich, in kritischen Wirtschaftsbereichen mit größerem Risiko von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung sogar vereinzelt Sofortmeldungen.

Auch für kurzfristig Beschäftigte (Personengruppenschlüssel 110) erstatten Sie nach den Geringfügigkeitsrichtlinien im Wesentlichen die gleichen Meldungen wie für versicherungspflichtige Beschäftigte. Eine Ausnahme bildet die allgemeine Jahresmeldung, Abgabegrund „50“ (§ 28a Abs. 9 Satz 2 SGB IV). In der Unfallversicherung (BG) ist allerdings die besondere Jahresmeldung zur Unfallversicherung abzugeben (Meldegrund „92“).

Die An- und Abmeldungen erfolgen mit den Abgabegründen „10“ (Anmeldung zu Beginn der Beschäftigung) oder „30“ (Abmeldung wegen Ende der Beschäftigung).

Bei gleichzeitiger An- und Abmeldung handelt es sich um Abgabegrund „40“ wegen Ende der Beschäftigung. Bei sämtlichen Meldungen sind die Beitragsgruppen mit „0“ zu schlüsseln, das beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt beträgt „0 Euro“.

Erfolgt der Nachweis des Krankenversicherungsschutzes?

Weil kurzfristig Beschäftigte über diese Tätigkeit nicht krankenversichert sind, prüfen Sie als Arbeitgeber, über welchen Krankenversicherungsschutz der Arbeitnehmer verfügt. Den Nachweis dazu nehmen Sie in die Entgeltunterlagen auf. Schon bei Anmeldung des kurzfristig Beschäftigten melden Sie als Arbeitgeber den nachgewiesenen Krankenversicherungsschutz, und zwar

  • mit Kennzeichen „1“, wenn Ihr Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert ist z.B. über seine Hauptbeschäftigung oder auch über eine Familienversicherung,
  • mit Kennzeichen „2“, wenn der Arbeitnehmer privat krankenversichert oder anderweitig im Krankheitsfall abgesichert ist.

Welche Grundsätze gelten bei Rahmenarbeitsverträgen?

Bei Rahmenvereinbarungen bestehen nach Abstimmung des GKV-Spitzenverbands mit Rentenversicherung und Arbeitsagentur keine Bedenken, wenn – auch bei Zeiträumen von mehr als einem Monat zwischen den Beschäftigungen – eine Anmeldung mit Abgabegrund „10“ zum Beginn der Rahmenvereinbarung und eine Abmeldung mit Abgabegrund „30“ zum Ende der Rahmenvereinbarung erfolgt.

Auch für geringfügig wie für kurzfristig Beschäftigte besteht Sofortmeldepflicht. Dies betrifft alle Wirtschaftsbereiche nach § 28a Abs. 4 SGB IV, in denen ein größeres Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gegeben ist.

Was bedeutet Sofortmeldung?

Spätestens zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Beschäftigung. Folgende Wirtschaftsbereiche sind betroffen:

  • Baugewerbe
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Personenbeförderungsgewerbe
  • Speditions-, Transport- und damit verbundenes Logistikgewerbe
  • Schaustellergewerbe
  • Unternehmen der Forstwirtschaft
  • Gebäudereinigungsgewerbe
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen
  • Fleischwirtschaft
  • Prostitutionsgewerbe
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe

 

Sind Zeitarbeitsunternehmen zur Abgabe einer Sofortmeldung verpflichtet?

Nein, derartige Unternehmen als Arbeitgeber sind nicht nur in einer Wirtschaftsbranche tätig, die von der Verpflichtung zur Abgabe einer Sofortmeldung erfasst ist. Für die Sofortmeldung wurde der Meldegrund „20“ eingeführt. Dazu haben wir Ihnen alles Wissenswerte in unserem Download unter www.lohn-und-gehaltsprofi.de zusammengestellt.

Wie behandelt das Finanzamt kurzfristige Beschäftigung bei der Lohnsteuer?

Kurzfristig Beschäftigte sind zwar in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei, aber der Lohn unterliegt gleichwohl der Lohnsteuer, entweder nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen oder pauschal. Der Arbeitslohn unterliegt der Lohnsteuer:

  • pauschaliert mit 25 Prozent oder
  • nach den individuellen Merkmalen des Arbeitnehmers.

Wonach können Sie als Arbeitgeber Ihren kurzfristig Beschäftigten besteuern?

Wie bei jedem Arbeitnehmer nach seinen individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen aus der Lohnsteuerbescheinigung. Diese individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale rufen Sie bei der Lohnabrechnung automatisiert beim zuständigen Finanzamt ab.

Damit gehört der Lohn aus der kurzfristigen Beschäftigung zum steuerpflichtigen Einkommen des Kalenderjahrs und wird zusammen mit den anderen Einkünften in seiner Einkommensteuererklärung verarbeitet. Das insgesamt steuerpflichtige Einkommen des Arbeitnehmers wird nach seinem persönlichen Steuersatz erhöht.

Nehmen wir an, als Arbeitgeber beschäftigen Sie einen ledig Arbeitnehmer; er zahlt keine Kirchensteuer. Aus einem regulären Arbeitsverhältnis bezieht er 2023 ein steuerpflichtiges Einkommen von 50.000 Euro. Aus einer kurzfristigen Beschäftigung im gleichen Jahr bezieht er ein individuell besteuertes Einkommen von 2.000 Euro. Um zu prüfen, wie viel individuelle Einkommensteuer nun auf die kurzfristige Beschäftigung entfällt, betrachtet man die Steuergrundtabelle bei einem Einkommen von 50.000 Euro und einem Einkommen von 52.000 Euro:

Steuerbelastung Grundtabelle 2023 bei 50.000 €: 11.343 €
Steuerbelastung Grundtabelle 2023 bei 52.000 €: 12.092 €
749 €

Folge: Durch die Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens von 50.000 Euro auf 52.000 Euro durch die kurzfristige Beschäftigung entfällt rechnerisch eine Steuer von 749 Euro. Dies entspricht 37,45 Prozent Steuerbelastung.

Sie ahnen es: bei einer solchen Steuerbelastung wäre die kurzfristige Beschäftigung eher unattraktiv. Deshalb werden Sie in der Praxis lieber die pauschale Besteuerungsmöglichkeit nutzen.

Als Arbeitgeber können Sie unter Verzicht auf den Abruf von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen bei Arbeitnehmern, die Sie nur kurzfristig beschäftigen, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent des Arbeitslohns erheben (§ 40a Abs. 1 Einkommensteuergesetz, EStG).

Was heißt das für Ihre Praxis kurzfristiger Beschäftigung und Lohnsteuer?

Beachten Sie den Unterschied „kurzfristige Beschäftigung“ und Sozialversicherung einerseits und Lohnsteuer andererseits! Kurzfristige Beschäftigung im Sinne Letzter liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • Der Arbeitnehmer wird gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend, beschäftigt.
  • Die Dauer der Beschäftigung darf 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigen.
  • Der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer übersteigt 150 Euro durchschnittlich je Arbeitstag nicht, oder die Beschäftigung wurde zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich.
  • Der Arbeitslohn übersteigt durchschnittlich 19 Euro je Arbeitsstunde nicht.

Im Ergebnis besteuert die Pauschalversteuerung die Einkünfte aus kurzfristiger Beschäftigung abgeltend. Somit kommt es nicht zu einer Anrechnung auf das zu versteuernde Einkommen des Arbeitnehmers. Dadurch kann ein eventuell höher liegender individueller Steuertarif für weiteres Einkommen außerhalb der kurzfristigen Beschäftigung sich nicht nachteilig auf das isolierte Einkommen des Arbeitnehmers aus kurzfristiger Beschäftigung auswirken. Als gelegentliche, nicht regelmäßig wiederkehrende Beschäftigung ist eine ohne feste Wiederholungsabsicht ausgeübte Tätigkeit anzusehen.

Autor*in: Franz Höllriegel