28.04.2022

Geldbußen statt Abmahnung: Diese Optionen stehen zur Wahl

Ihr Mitarbeiter verstößt gegen die betriebliche Ordnung? Wo ist das Problem? Abmahnen! Das ist das gängige Mittel dagegen, aber nicht das einzige. Hat Ihr Betrieb einen Betriebsrat, haben Sie als Arbeitgeber noch andere Möglichkeiten zur Verfügung, um Verfehlungen zu ahnden.

Geldbußen Betriebsstrafe

Wie können sie Verstöße gegen die Betriebsstrafenordnung ahnden?

Verstöße gegen die Betriebsstrafenordnung können Sie ahnden durch:

  • Abmahnung
  • Betriebsstrafe oder Betriebsbuße durch Verhängung einer Geldstrafe.

Was ist die Voraussetzung für eine Betriebsstrafe?

Sie müssen in Ihrem Unternehmen eine Betriebsstrafenordnung haben. Sie vereinbaren Sie als Arbeitgeber mit Ihrem Betriebsrat.

Die Einführung von Betriebsstrafen ist rechtlich nicht unumstritten. Gleichwohl erachten sie Juristen überwiegend als zulässig. Sie muss legitimiert sein durch:

  • einen Tarifvertrag oder
  • eine Betriebsvereinbarung.

Hingegen ist unzulässig:

  • eine arbeitsvertragliche Vereinbarung oder
  • eine einseitige Festlegung durch Sie als Arbeitgeber.

Welche Arten von Betriebsbußen gibt se?

Grundsätzlich können Sie als Arbeitgeber Betriebsbußen verhängen in Form:

  • einer Verwarnung: als niedrigste Stufe werden Sie als Arbeitgeber sie in aller Regel mündlich aussprechen, legen über ihren Anlass und Zeitpunkt einen internen schriftlichen Vermerk an.
  • eines Verweises: eine Verwarnung ist erfolgt oder bei schwereren Vergehen, händigen Sie als Arbeitgeber Ihren Arbeitnehmer in Schriftform aus und lassen ihn quittieren. Mit der Förmlichkeit des Verfahrens machen Sie Ihrem Arbeitnehmer die Schwere seines Verstoßes klar und begründen den Verweis dementsprechend detailliert.
  • einer Geldbuße: schwerwiegendste Form, geregelt in der Betriebsvereinbarung, hinsichtlich Art und Höhe angemessen, bei geringen Verstößen eher symbolische Summen, bei größeren Verstößen zwischen einem halben und einem ganzen Tagesverdienst des Arbeitnehmers. Die genaue Höhe wird im Einzelfall entschieden. Eine Geldbuße können Sie mit dem Lohnanspruch des Arbeitnehmers verrechnen. In diesem Fall vergessen Sie als Arbeitgeber aber nicht, die Pfändungsvorschriften zu beachten.
  • eines Entzuges von Vergünstigungen (BAG, 22.10.1985 – 1 ABR 38/83).

Versetzungen oder Kündigungen sind mit diesem Mittel nicht möglich.

Was bezweckt eine Betriebsstrafenordnung?

Wie eine Abmahnung soll eine Betriebsbuße auf eine Änderung eines bestimmten Verhaltens in der Zukunft hinwirken. Der Unterschied:

  • die Abmahnung soll dies allein durch ihr Aussprechen an sich bewirken,
  • die Betriebsbuße durch eine Geldstrafe.

Oft sprechen Arbeitgeber, ohne es zu wissen, gleichzeitig eine Abmahnung und eine Betriebsbuße aus. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nicht nur gegen arbeitsvertragliche Pflichten, sondern ausdrücklich auch gegen die Betriebsordnung verstoßen haben soll. In diesem Fall kann der Betriebsrat, anders als bei einer reinen Abmahnung, mitbestimmen. Ist mindestens eines von beiden nicht der Fall, ist sowohl die Betriebsbuße als auch die Abmahnung unwirksam. Wenn Ihr Arbeitnehmer eine schriftliche Verwarnung von Ihnen als seinem Arbeitgeber zum Betriebsrat bringen, sucht er als erstes nach Indizien dafür, dass es sich in Wirklichkeit um eine Betriebsbuße handelt. Rügen Sie als Arbeitgeber nur ein vertragswidriges Verhalten (z.B. ständige Verspätungen), bleibt der Betriebsrat außen vor. Bezieht sich der Wortlaut darüber hinaus auf Verstöße gegen die betriebliche Ordnung, muss eine Betriebsbußen-Ordnung vereinbart worden sein und der Betriebsrat zugestimmt haben.

An Betriebsstrafenordnungen stellt der Gesetzgeber daher strenge Anforderungen, insbesondere

  • hinsichtlich der zu sanktionierenden Tatbestände, die werden sollen,
  • hinsichtlich der hinreichend bestimmten Höhe der Geldbuße,
  • eine dem Mitarbeiter eröffnete Verteidigungsmöglichkeit,
  • Beteiligung des Betriebsrats
  • Regelung der Verwendung der Geldbuße.

Die Höhe der Geldbuße können Sie als Unternehmen in einem Strafrahmen festlegen. Als angemessen gilt höchstens ein Tagesverdienst. Die Geldbuße dürfen Sie als Arbeitgeber nicht selbst behalten, sondern führen sie an eine betriebliche oder gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtung ab (z.B. Caritas, Kindergarten etc.). Geldbußen zu Ihren Gunsten als Arbeitgeber sind unzulässig. Auch die Tatbestände, die die Verhängung von Bußen rechtfertigen sowie deren Art und Höhe müssen in der Bußordnung festgelegt sein. Sie legen also konkret fest, bei welchen Taten mit welcher Buße gerechnet werden kann – zum Beispiel Verstöße gegen Rauch- und Alkoholverbote.

Die Verhängung einer Betriebsbuße kann das Arbeitsgericht in jeder Hinsicht überprüfen, z.B. ob:

  • die Betriebsstrafenordnung wirksam erlassen worden ist,
  • Ihr Arbeitnehmer die ihm vorgeworfene Tat tatsächlich begangen hat,
  • rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze beachtet worden sind
  • die Geldbuße im konkreten Fall angemessen ist.

Eine Musterformulierung für eine Betriebsstrafenordnung haben wir für Sie zum Download vorbereitet. Darin sind die wichtigen Punkte berücksichtigt:

  • Zweck
  • Höhe der Geldbuße
  • Verfahrensweise
  • Verwendung der Geldbuße
  • Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten

Kann sich Ihr Arbeitnehmer gegen eine Betriebsbuße wehren?

Ja, das kann er. Im Fall einer Geldbuße kann er auf Auszahlung des einbehaltenen Entgelts klagen. Dies ist auch vor einer Einbehaltung in Form einer negativen Feststellungsklage möglich. In dieser wird festgestellt, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, den Lohnabzug zu dulden. Auch bei Verwarnungen und Verweisen kann sich der Arbeitnehmer wehren, z.B. ebenfalls durch eine Feststellungsklage. In diesem Fall nehmen die Gerichte gern unter die Lupe:

  • die einzelne Entscheidung
  • ihre Verhältnismäßigkeit
  • die gesamte Bußstrafenordnung.

Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass die verhängte Strafe unter Berücksichtigung des Sachverhalts zu hart war, kann es diese nach § 343 BGB herabsetzen. So kann z.B. aus einem schriftlichen Verweis eine mündliche Verwarnung werden.

Ihr Arbeitnehmer kann überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Verhängung einer Betriebsbuße gegeben sind. Die Grundlage dafür gibt ihm das Mitbestimmungsrecht, weil es sich um die Durchsetzung der kollektiven betrieblichen Ordnung handelt (BAG, 05.12.1975 – 1 AZR 94/74). Prüfen Sie als Arbeitgeber gegebenenfalls folgende Sachverhalte genau:

  • Haben Sie Ihrem Arbeitnehmer die Betriebsbußen-Ordnung im Betrieb bekannt gemacht?
  • Haben Sie in Ihrer Betriebsbuße Ihren Arbeitnehmer eines in der Betriebsbußen-Ordnung genannten Tatbestandes beschuldigt?
  • Ist die von Ihnen als Arbeitgeber angedrohte Betriebsbuße zulässig?
  • Entspricht das Verfahren zur Verhängung rechtsstaatlichen Grundsätzen?
  • Haben Sie Ihren betroffenen Arbeitnehmer vor Festsetzung der Buße angehört?
  • Hatte er die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen?
  • Hat der Betriebsrat über die konkrete Festsetzung der Betriebsbuße mitbestimmt?

Aber: Als Arbeitgeber brauchen Sie nicht jeden Verstoß eines Arbeitnehmers gegen die betriebliche Ordnung im Rahmen der Bußordnung aufzugreifen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Verhängung einer Buße nicht entgegen, wenn in früheren Fällen aus sachlichen Gründen davon abgesehen wurde.

Betriebsstrafenordnung – Betriebsordnung: Was ist der Unterschied?

Spielregeln im Betrieb geben Ihnen als Arbeitgeber die Möglichkeit zum Handeln. Diese Spielregeln legen Sie in Ihrer Betriebsordnung fest. Regelungspunkte, die bereits im Tarifvertrag festgelegt sind, dürfen Sie als Arbeitgeber nicht zu Ungunsten Ihrer Mitarbeiter verändern. In der Betriebsordnung halten Sie beispielsweise fest:

  • Zweck der Betriebsordnung und ihren Geltungsbereich
  • Kleiderordnung, z.B. Tragen von Berufskleidung
  • Arztbesuch und Behördengang: Hier können Sie vereinbaren, wann Ihr Mitarbeiter für medizinisch notwendige und termingebundene Arztbesuche und für unverschuldete Vorladungen vor Gericht und Behörden unter Fortzahlung des Arbeitsentgelt freizustellen ist.
  • Verhalten im Krankheitsfall
  • Ordnung im Betrieb: Notwendig kann es sein, dass Sie bestimmte Verhaltensregeln für alle Mitarbeiter festlegen, beispielsweise dass Gespräche unter den Mitarbeitern nicht zur Störung des Arbeitsablaufs oder des Betriebsfriedens führen dürfen.
  • Meldepflichten etwa bei Feuerschäden oder Einbruchdiebstählen
  • Inanspruchnahme von Firmeneinrichtungen für private Zwecke auch außerhalb der Arbeitszeit ohne Zustimmung der Firma
  • Erledigung privater Angelegenheiten im Betrieb
  • Haftungsfragen
  • Kontrollen durch Sie als Arbeitgeber
  • Einbindung des Betriebsrates
  • Geheimhaltungspflicht
  • Anzeige von strafbaren Handlungen
  • Arbeitsplatzgestaltung
  • Privatarbeiten
  • Meldung von Verstößen
  • Alkohol-, Drogen- und Rauchverbot

Was sollten Sie als Arbeitgeber zu Abmahnungen und Strafen wissen?

Jeder Kündigung sollte eine Abmahnung vorausgehen. Ohne eine solche wäre Ihre Kündigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit chancenlos. Denn: Kommt es zu einem Kündigungsschutzprozess, so stellt sich dem Gericht bei jeder verhaltensbedingten Kündigung unweigerlich die Frage nach einer oder mehrerer solcher vorher ergangenen Abmahnungen, und seien sie auch noch so erfolglos. Wie Sie als Arbeitgeber mit Kündigungen und Abmahnungen umgehen, lesen Sie in unserem Beitrag „Von der Abmahnung zur Kündigung: Die wichtigsten Infos für Arbeitgeber“.

Ihr Mitarbeiter bessert sich nach einer Abmahnung. Zwei Jahre geht es gut. Doch aus der Akte ist der Vermerk damit noch nicht heraus. Wirklich nicht? Lesen sie unseren Beitrag „Wann müssen Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden?“, dann wissen Sie es.

Straftäter – nach Volkes Meinung kommen viele zu ungeschoren davon. Anders im Arbeitsrecht: da können Sie als Arbeitgeber tatverdächtige Mitarbeiter auch fristlos kündigen – unter bestimmten Voraussetzungen.

Fährt Ihr Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens ungenehmigt in den Urlaub, können Sie als Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen. Ob eine Abmahnung notwendig ist oder nicht, darüber hat das LAG Baden-Württemberg eine Entscheidung gefällt. Über sie erfahren Sie mehr in unserem Beitrag „Selbstbeurlaubung mitten im Kündigungsschutzverfahren“.

Autor*in: Franz Höllriegel