Geeignetheitsbescheinigung für einen untergeordneten Gastronomiebetrieb?
Das OVG Lüneburg (Beschl. vom 01.10.2024, Az. 7 ME 51/24) bestätigte zwar den Widerruf einer Geeignetheitsbescheinigung, stellte aber erhebliche Defizite im Gesetzesvollzug fest.
Keine Anzeichen einer Schank- oder Speisewirtschaft
Einem Betreiber einer Tankstelle, der vorgab, eine Schank- und Speisewirtschaft zu betreiben, wurde eine Geeignetheitsbescheinigung nach § 33c Abs. 3 GewO erteilt. Bei einer Kontrolle stellte der Außendienst fest:
- Die Betriebsräume werden nicht durch den Schank- und Speisebetrieb geprägt, sondern dieser ist lediglich untergeordnet als Bistrofläche in die Räumlichkeiten des Tankstellenbetriebs integriert.
- Die bestehenden Sitzgelegenheiten sind von typischerweise in Tankstellen angebotener Einzelhandelsware „umstellt“.
- Die Außenansicht und -beschilderung der Tankstelle gibt keinerlei Hinweis auf das Vorhandensein einer Schank- und Speisewirtschaft, sondern entspricht derjenigen einer Tankstelle.
Gegen den Widerruf der Geeignetheitsbescheinigung ging der Tankstellenbetreiber gerichtlich vor. Er argumentierte, die Anzahl der Verkaufsvorgänge im Bistro übersteigen die Anzahl der Verkaufsvorgänge für Treibstoff.
Weist der Raum die Prägung einer Schank- oder Speisewirtschaft auf?
Das OVG folgerte aus den Feststellungen des Außendienstes, dass eine räumliche Trennung zwischen Tankstelle, Einzelhandel sowie Schank- und Speisebetrieb nicht besteht. Damit eine Geeignetheitsbescheinigung gerechtfertigt ist, so das Gericht, müsste der vorhandene Raum insgesamt die Prägung einer Schank- oder Speisewirtschaft aufweisen, in der Getränke und zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. An einer solchen Prägung fehlt es aber, so das OVG.
Verhältnis Bistro- und Treibstoffverkauf maßgebend?
Dann ging das OVG auf das vom Betreiber der Tankstelle angesprochene Verhältnis der Anzahl der Verkaufsvorgänge im Bistro zur Anzahl der Verkaufsvorgänge für Treibstoff ein: Diesem Argument kommt wegen des Schutzzwecks von § 1 SpielV (vgl. § 33f Abs. 1 GewO) keinerlei Bedeutung zu. § 1 Abs. 2 SpielV verbietet das Aufstellen von Geldspielgeräten in bestimmten Schank- oder Speisewirtschaften selbst dann, wenn diese keinem Nebenzweck dienen, mithin sämtliche Verkaufsvorgänge auf den Getränkeausschank oder die Veräußerung von Speisen zurückgehen.
Ist das Bistro ein zulässiger Aufstellungsort für Glückspielgeräte?
Zur Überraschung der Behörde und des Betreibers zog das OVG noch ein Ass aus dem Ärmel der Richterroben: Weil nur alkoholfreie Getränke und zubereitete Speisen angeboten werden, wäre ein unterstellter Betrieb einer Schank- oder Speisewirtschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 3 GastG des Bundes erlaubnisfrei und käme damit nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 SpielV als Aufstellungsort für Glückspielgeräte von vornherein nicht in Betracht.
Wie ist die Rechtslage nach dem Landesgaststättengesetz?
Abs. 2 Nr. 4 SpielV findet mit seiner Verweisung auf das GastG des Bundes (auch) in Ländern mit eigenem Gaststättengesetz Anwendung (hier: Niedersachsen). Die Vorschrift betrifft nicht das Gaststättenrecht, für das der Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz erhalten und von der das Land Niedersachsen auch Gebrauch gemacht hat, sondern sie bezieht sich vielmehr auf einen dem Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG unterfallenden Teilbereich des Glücksspielrechts. Sie setzt somit eine Anwendbarkeit des GastG des Bundes nicht voraus, sondern stellt lediglich auf dessen Regelungsinhalt ab.
Ergebnis
Bei einem kombinierten Betrieb aus Tankstelle einerseits und Schank- oder Speisewirtschaft andererseits ist die Frage, welcher Teil den Betrieb insgesamt prägt, ohne Bedeutung. Die Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 4 SpielV hängt nicht davon ab, ob der Sachverhalt ein Bundesland betrifft, in dem das GastG des Bundes fort gilt. Die Norm findet auch dann Anwendung, wenn das Bundesland ein eigenes Gaststättengesetz erlassen hat.
Die Beschwerde gegen die vorhergehende Entscheidung wurde daher zurückgewiesen.