Förderung des Ausbaus von PV-Anlagen
Deutschland will klimaneutral werden. Bis 2030 mindestens 80 Prozent, bis 2035 sogar 100 Prozent klimaneutrale Energie ist das Ziel. Das EEG 2023 soll die Grundlagen dafür legen. Ganz oben auf der Agenda: Photovoltaik (PV). Hierfür sind steuerliche Erleichterungen vorgesehen.
Was ist das EEG 2023?
Das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 Es ist seit 01.01.2023 in Kraft und nimmt erstmals das Erreichen des 1,5-Grad-Pfads nach dem Pariser Klimaschutzabkommen in den Blick. Es gilt damit als die größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten. Die bisherigen Anreizsysteme und Mechanismen aus dem vorangegangenen EEG 2021 haben nicht die gewünschte Wirkung gezeigt, insbesondere beim Ausbau der Windenergienutzung. Daher legt das EEG 2023 den gesetzlichen Vorrang der erneuerbaren Energien fest. Mit ihm listet ein neuer Masterplan ausgewählte Maßnahmen unter Berücksichtigung von Erfolgsfaktoren auf. Das Gesetz ersetzt die Förderung von Erneuerbarer Energie über den Strompreis durch die EEG-Umlage und die Umlage aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Das neue Gesetz fördert Windenergie an Land und Solarenergie aus PV-Anlagen durch eine Erhöhung der Einspeisevergütungen und die Aussetzung von Degressionen weiter. Beispielsweise vergütet es mit 13,8 Cent die Kilowattstunde aus Dachsolaranlagen, deren Ertrag vollständig in das Netz eingespeist wird.
Gilt das EEG für jede ans Netz angeschlossene PV-Anlage?
Ja. Unter anderem ist die Fördervergütung für die Einspeisung von Strom im EEG geregelt. Diese Fördervergütung wurde für Anlagen, die nach dem 30.07.2022 in Betrieb genommen wurden, angehoben. So erhalten PV-Anlagen mit
- Eigenversorgung für die Teileinspeisung von Strom je Kilowattstunde in der Spitze (Peak, p) ins öffentliche Netz:
- < 10 kWp Anlagenleistung 8,2 Cent, früher: 6,24
- < 40 kWp Anlagenleistung 7,1 Cent, 6,06
- < 100 kWp Anlagenleistung 5,8 Cent, 4,74
- Volleinspeisung höhere Sätze bei der Einspeisevergütung:
- < 10 kWp Anlagenleistung 13,0 Cent, 6,24
- < 40 kWp Anlagenleistung 10,9 Cent, 6,06
- < 100 kWp Anlagenleistung 10,9 Cent, 4,74
Das neue EEG bringt einige Vereinfachungen für bestehende PV-Anlagen. So kann der Erzeugungszähler bei einigen bestehenden PV-Anlagen durch Streichung der EEG-Umlage ab 2023 entfallen und damit die Abrechnung beim Stromverkauf vereinfachen. Außerdem unterliegen neue Anlagen, die seit dem 01.01.2023 in Betrieb gehen, nicht mehr der Vorgabe von höchstens 70 Prozent der Nennleistung Einspeisung ins öffentliche Netz.
Welche steuerlichen Erleichterungen sollen die Anschaffung einer PV-Anlage erleichtern?
Unter gewissen Voraussetzungen können Sie eine PV-Anlage vollkommen ohne steuerliche Verpflichtungen betreiben. Möglich machen dies Neuerungen:
- im Einkommensteuergesetz: Früher konnten Sie als Anlagenbetreiber bis zu einer Bruttonennleistung von 10 kWp beim Finanzamt Liebhaberei beantragen. Seit dem 01.01.2022 entfällt dieser Antrag. Zudem entfällt die Abgabe einer Einnahmenüberschussrechnung in der Einkommensteuererklärung, da keine Ertragsteuern mehr anfallen bei Anlagen:
- bis zu 30 kWp auf Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien
- bis zu 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden wie z.B. Mehrfamilienhäuser oder gemischt genutzte Immobilien.
- im Umsatzsteuergesetz: Als Betreiber einer PV-Anlage werden Sie bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet; sie fällt hier weg. Sie müssen diese nicht mehr beim Finanzamt melden, um auf die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dadurch entfällt der Grund, zur Regelbesteuerung zu optieren, nur um sich die beim Kauf der Anlage gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt wieder erstatten zu lassen. Bei der Umsatzsteuer gilt seit 01.01.2023 ein Nullsteuersatz auf Leistung an Betreiber einer Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten bei:
- Lieferung,
- innergemeinschaftlichen Erwerb,
- Einfuhr und
- Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern.
Der Nullsteuersatz gilt übrigens unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms.
Wie werden Einnahmen und Entnahmen aus dem Stromverbrauch von PV-Anlagen berücksichtigt?
Rückwirkend zum 01.01.2022 sind sie von der Ertragsteuer befreit. Dabei ist es egal, ob Sie die PV-Anlage auf Ihrem Betriebsgebäude oder auf Ihrem Einfamilienhaus installiert haben. Es kommt nur noch auf die Leistung der Anlage an.
Welche Einnahmen oder Entnahmen genießen die Steuerbefreiung?
Nach § 3 Nr. 72 EStG alle Einnahmen und Entnahmen unabhängig von der Verwendung des von der PV-Anlage erzeugten Stroms. Damit sind sowohl die Einspeisevergütungen als auch Einnahmen aus anderweitigen Vermarktungen steuerfrei wie:
- Lieferung an Mieter
- Vergütungen von Ihnen als Arbeitgeber für das Aufladen des Dienstwagens
- Stromentnahmen z.B. für eigene Wohnzwecke oder das Aufladen des Pkw
Sind die Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG für die Steuerfreiheit von Entnahmen und Einnahmen aus dem Betrieb einer PV-Anlage erfüllt, gilt diese Steuerbefreiung auch für den späteren Veräußerungserlös aus dem Verkauf der PV-Anlage. Parallel bedeutet die Steuerbefreiung zudem, dass Sie als Unternehmen nach § 3c Abs. 1 EStG keine Betriebsausgaben mehr absetzen können und der Abzug von Verlusten nicht zulässig ist.
Nach § 3c Abs. 1 EStG können Sie Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abziehen. Damit können Sie ab dem VZ 2022 nicht mehr als Betriebsausgaben berücksichtigen insbesondere:
- Finanzierungskosten
- Abschreibung für Anlagegüter (AfA)
- Versicherungen
- Reparaturaufwendungen im Zusammenhang mit der Anlage.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist für laufende Betriebsausgaben der Abflusszeitpunkt nach § 11 Abs. 2 EStG maßgebend.
Welche Anlagen sind begünstigt?
Das richtet sich nach der Art des Gebäude, an dem die PV-Anlage installiert ist. Auf Gebäuden mit der folgenden Bruttoleistung nach Marktstammdatenregister brauchen Sie ab Versicherungszeitraum (VZ) 2022 keine Ertragsteuern mehr zu entrichten:
- Kategorie 1: Leistung von maximal 30 kWp auf
- Einfamilienhäusern einschließlich Nebengebäuden
- nicht Wohnzwecken dienende Gebäude
- Kategorie 2: Leistung von maximal 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit auf alle anderen Gebäuden wie z.B.
- Mehrfamilienhäuser,
- gemischte Gebäude
Als Betreiber der PV-Anlage brauchen Sie nicht Eigentümer des Gebäudes zu sein.
Wie verfahren Sie bei mehreren installierten PV-Anlagen?
Haben oder wollen Sie mehrere Gebäude mit einer PV-Anlage ausstatten, dürfen alle Ihre Anlagen insgesamt nicht mehr als 100 kWp aufweisen. Bei der Grenze von 100 kWp pro Steuerpflichtigen handelt es sich um eine Freigrenze. § 3 Nr. 72 Satz 1 a EStG bestimmt die Maximalleistung für Einfamilienhäuser und für nicht Wohnzwecken dienende Gebäude auf 30 kWp, Buchstabe b dieser Vorschrift auf die jeweilige Wohn-/Gewerbeeinheit bezogene Leistungsgrenzen von 15 kWp. Somit können Sie als Anlagenbetreiber auf einem Mehrfamilienhaus mit vier Wohneinheiten eine Anlage von bis zu 60 kWp errichten. Eine Anlage auf einem Einfamilienhaus mit einer Leistung von 35 kWp wäre hingegen nicht begünstigt.
Wie prüfen Sie als Anlagenbetreiber die 100-kWp-Grenze?
Nehmen wir an, Sie haben auf mehreren Ihrer Gebäude jeweils eine PV-Anlage installiert:
- auf Ihrem Einfamilienhaus zusammen 23 kWp:
- 15 kWp auf dem Dach
- 8 kWp auf der zum Haus gehörenden Garage
- auf Ihres Mehrfamilienhauses
- auf dem Dach 14 kWp
- auf dem Dach Ihres Betriebsgebäudes 25 kWp.
Nun ermitteln Sie die Grenze in zwei Schritten:
- Schritt 1: Die Anlagen auf Einfamilienhaus und Garage (23 kW) sowie dem Betriebsgebäude (25 kWp) überschreiten die 30-kWp-Grenze nicht. Die Anlage auf dem Mehrfamilienhaus liegt mit 14 kWp ebenfalls unter der 15-kWp-Grenze. Diese Voraussetzung ist erfüllt.
- Schritt 2: Die Summe aller kW-Werte beträgt 62 kW. Die 100-kW-Grenze ist somit nicht überschritten.
Sind Freiland-PV-Anlagen ebenfalls von der Steuer befreit?
Nein, trotz Einführung des § 3 Nr. 72 EStG. Sie unterliegen weiterhin der Besteuerung, wenn Sie als Betreiber damit eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Auf eine Bruttoleistung der Anlagen kommt es insoweit nicht an.
Was ist das Marktstammdatenregister?
Für die Anwendung des § 3 Nr. 72 EStG ist die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister (MaStR) maßgebend. Dies verwaltet die Bundesnetzagentur. In diesem Register für den deutschen Strom- und Gasmarkt sind die Stammdaten sämtlicher Strom- und Gaserzeugungsanlagen registriert. Zudem enthält es die Stammdaten der entsprechenden Marktakteure rund um die jeweiligen Energieerzeugungsanlagen:
- Anlagenbetreiber
- Netzbetreiber
- Energielieferanten
Im MaStR ist die Summe der Gleichstromleistung der Module in kWp eingetragen. Zur Berechnung wird die Herstellerangabe der Modulleistung verwendet.
Wer ist Anlagenbetreiber?
Das sind Sie, wenn Sie die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage innehaben. Nach § 3 Nr. 2 EEG sind Sie das, wenn Sie unabhängig vom Eigentum der Photovoltaikanlage diese zur Erzeugung von Strom nutzen.
Was bedeuten die Regelungen aus § 3 Nr. 72 EStG für Ihre Praxis als Anlagenbetreiber
- Liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor,
- wird die PV-Anlage rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2022 als steuerfreier Betrieb geführt
- Gewinne unterliegen nicht der Besteuerung,
- Verluste können Sie nicht mit anderen Einkünften verrechnen.
- Liegen die Voraussetzungen nicht vor, verbleibt es bei der bisherigen Besteuerung:
- Für die PV-Anlagen ermitteln und versteuern Sie, sofern Sie Gewinnerzielungsabsicht hegen, den Gewinn
- Verluste Sie können mit anderen Einkünften verrechnen
- Wird § 3 Nr. 72 EStG erfüllt, gilt die Steuerbefreiung für:
- neue ab dem 01.01.2022 installierte PV-Anlagen
- uralte Bestandsanlagen; selbst wenn Ihre PV-Anlage z.B. im Jahr 2010 ans Netz ging und seitdem nur Gewinne erzielte, brauchen Sie diese ab dem Jahr 2022 nicht mehr zu versteuern.
Aufgrund der Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift von Einnahmen und Entnahmen aus der PV-Anlage und der damit zusammenhängenden Nichtabzugsfähigkeit von Ausgaben nach § 3c Abs. 1 EStG brauchen Sie auch bei Ihrem Finanzamt keine jährliche Gewinnermittlung für diese ertragsteuerlich unbedeutenden Einkünfte einzureichen. Deshalb bestimmt § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG, dass, wenn die aus der PV-Anlage erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei sind, kein Gewinn zu ermitteln ist. Erfüllen Sie als Betreiber einer PV-Anlage die Kriterien, versteuern Sie Gewinne ab dem Jahr 2022 nicht mehr und verrechnen Verluste nicht mehr mit anderen Einkünften. Sie können das nicht auswählen, die Anwendung dieser Vorschrift stellt kein Wahlrecht dar.