Entfernungspauschale – So berechnen Sie sie richtig!
Fahrt in welchem Jahr? Fahrten während Homeoffice? In der Fahrgemeinschaft? – Fragen über Fragen. Man sieht: Pauschale ist nicht gleich Pauschale. Der Teufel steckt in der Detailfrage. Die neuesten Antworten interessieren Sie als Unternehmen wie Ihren Arbeitnehmer.
Was ist neu bei der Entfernungspauschale?
Eine ganze Menge. Teilweise sind es nur Änderungen und Klarstellungen, die Unternehmer und Arbeitnehmer betreffen. Doch sie haben es in sich. Vor allem: Die Neuregelungen finden ab sofort bei der Erstellung der Lohnabrechnungen Berücksichtigung. Dafür sparen Sie bei zielgerichteter Umsetzung mithilfe der Regelungen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Das Bundesfinanzministerium (BMF) erläutert die Details in einem 21-seitigen Schreiben vom 18.11.2021 (Az.: IV C 5 – S 2351/20/10001:002).
Dürfen Sie die Entfernungspauschale unabhängig vom Verkehrsmittel nutzen?
Ja, generell gilt:
- Ob Sie mit Auto, Bus und Bahn oder Fahrrad zur Arbeitsstelle fahren, ist unerheblich.
- 30 Cent können Sie pro Entfernungskilometer eines Weges als Werbungskosten steuermindernd geltend machen.
- 35 Cent ab dem 21. Streckenkilometer erstmals für die Einkommensteuererklärung 2021.
- 38 Cent/km gibt es ab Kalenderjahr 2024.
Was gelten die Pauschalen jeweils ab?
Sämtliche Aufwendungen. Zusätzlich absetzbar sind nur etwaige Unfallkosten auf dem Arbeitsweg wie z.B.:
- Aufwendungen für Beseitigung
- Linderung von Schäden an Körpern und
- Gegenständen.
Bei einem Autounfall eines Mitarbeiters auf dem Weg zur Arbeit, fallen Kosten an, für Krankheit und Behandlung. Sie als Geschäftsführer wollen sie absetzen – aber das Finanzamt sagt Nein. Die Juristen sind uneins. Beantragen Sie solange Ruhen Ihres Verfahrens.
Wie viele Arbeitstage gesteht Ihnen das Finanzamt im Jahr pauschal zu?
Ohne Nachweis, wenn Ihre Arbeitnehmer
- fünf Tage die Woche arbeiten bis zu 230 Fahrtage
- sechs Tage die Woche arbeiten bis zu 270 Tage.
Tipp der Redaktion
Dieser Beitrag beruht auf einem Artikel aus dem „Lohn und Gehaltsprofi AKTUELL„.
Unser Beratungsbrief „Lohn und Gehaltsprofi AKTUELL“ informiert Sie monatlich über alle Neuerungen in Sachen Lohn- & Gehaltsabrechnung – praxisnah, kompakt und mit konkreten Handlungsempfehlungen. Mit rechtssicheren Informationen und Arbeitshilfen zu einem optimalen Gehaltsmanagement. Jetzt Expertentipps nutzen!
Die Pauschale können Sie nur für eine Fahrt am Tag ansetzen, egal ob
- sie im geteilten Dienst arbeiten oder
- in der Mittagspause nach Hause fahren.
- Ausnahme: bei mehreren Dienstverhältnissen an unterschiedlichen Orten können Sie pro Arbeitgeber eine Fahrstrecke absetzen, sofern Sie zwischenzeitlich Ihre Wohnung aufgesucht haben.
- Es gilt stets die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, sonst nur, wenn eine andere Wegstrecke offensichtlich verkehrsgünstiger ist und Sie sie tatsächlich nutzen, wie zum Beispiel eine Fahrt über die Autobahn anstatt zeitaufwendiger durch die verstopften Straßen der Innenstadt.
Wann liegt eine erste Tätigkeitsstätte vor? Laut Einkommensteuergesetz (EStG) 2014 dann, wenn Ihr Arbeitnehmer einer ortsfesten Einrichtung von Ihnen als Arbeitgeber, eines mit Ihnen verbundenen Unternehmens oder eines Dritten zugeordnet ist. Doch gilt das immer? Was die Finanzgerichte dazu antworten, lesen Sie in unserem Beitrag „Erste Tätigkeitsstätte und Aufwendungen“.
Sie fahren mit eigenem Pkw oder Firmenwagen zur Arbeit. Was dann?
Dann gilt die ansetzbare Entfernungspauschale ohne Einschränkung. Höchstens 4.500 Euro pro Jahr können Sie absetzen bei Fahrten:
- mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- mit Zweirädern
- in einer Fahrgemeinschaft für die Wege, die Sie nicht selbst mit Ihrem Fahrzeug zurücklegen.
Beispiel 1: Drei Arbeitnehmer bilden eine wechselseitige Fahrgemeinschaft. Die einfache Entfernung zur Tätigkeitsstätte beträgt für jeden Mitarbeiter 80 km. Insgesamt sind 210 Fahrten angefallen – 70 pro Mitfahrer.
Im ersten Schritt ermitteln Sie die Entfernungspauschale für die Tage, an den Sie Mitfahrer waren:
140 Arbeitstage × 20 km × 0,30 Euro = | 840 Euro |
140 Arbeitstage × 60 km × 0,35 Euro = | 2.940 Euro |
gesamt: | 3.780 Euro |
Der Höchstbetrag von 4.500 Euro ist nicht überschritten, also voller Ansatz.
Im zweiten Schritt berechnen Sie die Selbstfahrten:
70 Tage × 20 km × 0,30 Euro = | 420 Euro |
70 Tage × 60 km × 0,35 Euro = | 1.470 Euro |
gesamt: | 1.890 Euro |
Ansetzbare Entfernungspauschale: | 5.670 Euro |
Was gilt bei öffentlichen Verkehrsmitteln?
Sie haben die freie Wahl: entweder
- Ansatz der Entfernungspauschale für den kürzesten Arbeitsweg oder
- die tatsächlich angefallenen ÖPNV-Kosten.
Beispiel 2: Ihr Arbeitsweg beträgt 20 km. Sie fahren mit Bus und Bahn, die Monatskarte kostet 100 Euro.
Entfernungspauschale: 230 Arbeitstage × 20 km × 0,30 Euro = | 1.380 Euro |
Alternative ÖPNV-Ticket: 100 Euro × 12 Monate = | 1.200 Euro |
Entfernungspauschale ist die günstigere Wahl.
Beispiel 3: Komplizierter wird die Berechnung, wenn Sie Park & Ride nutzen. In diesem Mischfall ermitteln Sie zunächst die maßgebliche Entfernung für die kürzeste Straßenverbindung, z.B. 100 km. Dann erfolgt eine Aufteilung in die Wegstrecke mit eigenem Fahrzeug, z.B. 30 km; den Rest schlagen Sie dem ÖPNV zu, z.B. 70 km.
230 Arbeitstage × 20 km × 0,30 Euro = | 1.380 Euro |
230 Arbeitstage × 50 km × 0,35 Euro = | 4.025 Euro |
Summe: 5.405 Euro, aber maximaler Höchstbetrag = | 4.500 Euro |
+ Teilstrecke eigenes Kfz ohne Höchstbetrag: | |
230 Arbeitstage × 30 km × 0,35 Euro = | 2.415 Euro |
Ansatz Entfernungspauschale: | 6.915 Euro |
Der Ansatz der tatsächlichen ÖPNV-Kosten wäre nur sinnvoll, wenn die Aufwendungen höher wären als die Entfernungspauschale. Die erhöhte Kilometerpauschale von 0,35 Euro ab dem 21. Entfernungskilometer dürfen Sie für die mit dem eigenen Fahrzeug zurückgelegte Teilstrecke ansetzen. Hier genießen Sie den Vorteil, dass der Höchstbetrag von 4.500 Euro nicht greift.
Was ist, wenn die Pandemie dazwischen funkt?
Gute Frage. Wenn Sie ein Jahresticket für den ÖPNV gekauft, dann aufgrund der Pandemie jedoch die meiste Zeit im Homeoffice gearbeitet haben, war beim Kauf der Jahresfahrkarte nicht absehbar, dass Sie vorwiegend daheim arbeiten. Sie dürfen in diesem Fall die höheren, tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen. Eine anteilige Kürzung durch das Finanzamt aufgrund einer privaten Mitnutzung des Tickets wäre unzulässig.
Wie verhält es sich mit Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung?
Hier dürfen Sie die Entfernungspauschalen von 0,30 Euro bzw. 0,35 Euro für jede Familienheimfahrt ansetzen, allerdings gedeckelt auf höchstens 4.500 Euro. Für Flugkosten und verbilligte Sammelbeförderung setzen Sie die tatsächlich angefallenen Kosten an. Arbeitgeberzuschüsse werden auf die Entfernungspauschale angerechnet.
Bedingt Homeoffice weniger Fahrten?
In diesem Fall dürfen Sie als Unternehmer ebenso wie als Arbeitnehmer für jeden Heimarbeitstag eine Pauschale von fünf Euro als Betriebsausgabe oder Werbungskosten geltend machen. Die Pauschale ist auf 120 Arbeitstage im Kalenderjahr gedeckelt.
Vorsicht: Für Tage im Homeoffice entfällt der Ansatz der Entfernungspauschale, und zwar selbst dann, wenn Sie zusätzlich an dem Tag für ein paar Stunden zum Betrieb gefahren sind.
Können Sie als Arbeitgeber Ihrem Mitarbeiter Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bezuschussen?
Sie können den Sachbezug pauschal mit 15 Prozent lohnversteuern, wenn:
- Sie den Zuschlag zusätzlich zum regulären Arbeitslohn Gewähren und
- der Betrag nicht höher als das, was der Arbeitnehmer als Werbungskosten steuerlich geltend machen kann, ist.
Unter diesen Voraussetzungen entfällt dann eine individuelle Besteuerung beim Beschäftigten, und der Zuschuss bleibt für beide Parteien zusätzlich sozialversicherungsfrei. Der Gesetzgeber hat die Sache aber vereinfacht: der Fiskus erkennt bei einer Fünftagearbeitswoche pauschal 15 Fahrtage an. Unabhängig davon dürfen Sie die tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte bezuschussen.
Pandemie und damit vermehrtes Arbeiten im Homeoffice haben dazu geführt, dass der Fiskus die Vereinfachungsregelung ab 2022 gezielt überprüft. Werden Fahrtkostenzuschüsse abgerechnet, sollten Sie bei der Erstellung der Lohnabrechnung aktiv werden. Sie treffen hierfür eine Prognose, an wie vielen Tagen die einzelnen Mitarbeiter voraussichtlich am ersten Tätigkeitsort aktiv sind. Nur wenn dies tatsächlich an fünf Wochentagen der Fall ist, dürfen Sie die Vereinfachungsregelung anwenden. Sonst sind Sie verpflichtet, individuell anteilige Kürzungen vorzunehmen.
Beispiel 4: Ihre Mitarbeiterin arbeitet laut Arbeitsanweisung regelmäßig im Homeoffice, an einem Tag fährt sie 20 km zur ersten Tätigkeitsstätte. Als Arbeitgeber zahlen Sie ihr einen monatlichen Fahrtkostenzuschuss von 100 Euro.
Das Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte an einem Tag in der Woche entspricht einem Fünftel der Vereinfachungsregelung von 15 Tagen. Somit dürfen Sie für drei Tage der Fahrtkostenzuschuss pauschal mit 15 Prozent lohnversteuern.
Entfernung 20 km × 3 Tage × 0,30 Euro = 18 Euro.
Den übersteigenden Zuschuss von 82 Euro (Zuschuss 100 Euro – Pauschalversteuerung 18 Euro) versteuern Sie mit der individuellen Steuerklasse der Mitarbeiterin. Auch Sozialversicherungsbeiträge fallen hierfür an.
Wie erfolgt die Versteuerung von Firmenwagen?
Überlassen Sie als Arbeitgeber Ihrem Mitarbeiter einen Pkw auch zur privaten Nutzung, erfolgt die Versteuerung des Sachbezugs häufig nach der „Ein-Prozent-Methode“ monatlich vom Bruttolistenpreis. Zusätzlich versteuern Sie die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit der Vereinfachungsregelung von 15 Fahrtagen. Hierfür hat der Fiskus einen festen Prozentsatz von 0,03 Prozent vom Bruttolistenpreis (BLP) pro Entfernungskilometer festgelegt.
Beispiel 5: Eine Arbeitnehmerin nutzt einen Firmenwagen auch privat. Der Bruttolistenpreis beträgt 40.000 Euro, Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte: 20 km.
40.000 Euro × 0,03 Prozent × 20 km = Sachbezug 240 Euro pro Monat für Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte.
Alternativ können Sie die Versteuerung der tatsächlichen Fahrtage vornehmen – anstatt die Monatspauschale anzuwenden. Dann erfolgt die Versteuerung mit einem Satz von 0,002 Prozent und den angefallenen Fahrtagen. Dazu ist erforderlich, dass Sie als Arbeitnehmer Aufzeichnungen führen, aus denen sich die tatsächlichen Fahrtage ergeben. Aus Beweisgründen geben Sie hierbei tunlich das Datum an. Die Aufzeichnungen des Arbeitnehmers nehmen Sie als Beleg zum Lohnkonto. Für jeden Mitarbeiter dürfen Sie die Besteuerungsart frei wählen. Ein Wechsel zwischen Monats- und Tagespauschale ist unterjährig nicht möglich, auch nicht wenn während des Jahres der Firmenwagen getauscht wird. Daraus ergibt sich bei fünf Fahrten im Monat zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte folgende Berechnung:
40.000 Euro × 0,002 Prozent × 20 km × 5 Fahrten = 80 Euro – und somit ein deutlich geringerer Sachbezug.