21.12.2022

Arbeitszeugnis: Dürfen Sie den neuen Arbeitgeber warnen?

Sie kennen das vielleicht: Sie müssen ein wohlwollendes Arbeitszeugnis schreiben, obwohl der Mitarbeiter faul war, nicht  zur Arbeit erschienen ist und auch sonst … Irgendwie fühlt es sich nicht rechtens an, weil man damit ja auch bei  neuen Arbeitgebern einen falschen Eindruck erweckt. Doch dürfen Sie den neuen Chef einfach anrufen und die Dinge klarstellen?

Arbeitszeugnis

Dass Arbeitszeugnisse positiv formuliert werden müssen, hat einen bestimmten Grund. Der deutsche Gesetzgeber sieht den Arbeitnehmer in vielen Situationen im Arbeitsverhältnis in der schwächeren Position. Durch die gesetzliche Vorgabe will man Mitarbeiter schützen, die bei ihrem Vorgesetzten keinen guten Stand hatten. Ihnen sollen keine Steine in den Weg gelegt werden, weil sie vielleicht an anderer Position und in einem anderen Unternehmen viel besser aufgehoben sind.

Durch das Arbeitszeugnis getäuscht?

Aber natürlich gibt es auch Mitarbeiter, denen man einfach kein wohlwollendes Zeugnis ausstellen möchte – weil sie  geschwänzt haben, weil sie nicht ehrlich waren, weil sie die vorgegebenen Erfahrungen und Kenntnisse einfach nicht  hatten. In einem solchen Fall überlegt man sich möglicherweise schon, ob man einen neuen Arbeitgeber nicht einfach warnen sollte, damit dieser sich nicht durch das „gute“ Zeugnis getäuscht fühlt. Schließlich stehen hier auch  Schadenersatzansprüche im Raum.

Ist der Griff zum Telefon erlaubt?

Dieser Meinung war offenbar auch ein Unternehmer in Rheinland-Pfalz, der den neuen Arbeitgeber seiner ehemaligen Mitarbeiterin per Telefon warnte. Konkret erklärte er, die Dame hätte falsche Angaben im Lebenslauf gemacht und häufig unentschuldigt bei der Arbeit gefehlt. Als die Arbeitnehmerin davon erfuhr, klagte sie auf Unterlassung und erhielt in diesem Fall Recht.

Ex-Chef darf neuen Arbeitgeber nur bedingt warnen

Das LAG Rheinland-Pfalz stellte sich auf die Seite der ehemaligen Mitarbeiterin, da sie hier durch ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht geschützt gewesen sei. Ein Arbeitgeber darf grundsätzlich anderen Arbeitgebern gegenüber Auskunft über ehemalige Mitarbeiter geben, um sie beispielsweise vor Gefahren zu schützen. Wichtig ist jedoch, dass sich die Informationen auf die Leistung und das Verhalten während des Arbeitsverhältnisses beziehen.

Warnung war nicht zulässig

Auch wenn der Unternehmer im Entscheidungsfall wohl hehre Absichten verfolgte, ist er über das Ziel hinausge-schossen. Grundsätzlich durfte er den neuen Chef anrufen und ihm erzählen, dass die Dame gerne einmal unentschuldigt der Arbeit fernblieb. Aber: Er hätte diese Informationen nur dann weitergeben dürfen, wenn er dieses Verhalten während des Arbeitsvehältnisses auch abgemahnt hätte. Das war hier nicht der Fall.

Auch die Informationen über den gefakten Lebenslauf durfte er nicht weitergeben, weil sich das vermeintliche Fehlverhalten zeitlich vor dem Arbeitsverhältnis zugetragen hatte. (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.07.2022, Az.: 6 Sa 54/22)

 

Autor*in: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa