10.04.2024

Diese Fallstricke lauern bei Teilzeitverlangen

Beruf und Familie unter einen Hut bringen – die Quadratur des Kreises? Nicht für Gesetzgeber. Des Rätsels Lösung: Teilzeitarbeit. In der Praxis kommt es gleichwohl immer wieder zu Fehlern bei Teilzeitanträgen. Der Grund: verschiedene Gesetze gestalten den Anspruch verschieden aus.

Teilzeitverlangen

Welchen Regeln folgt die Reduzierung der Arbeitszeit?

Für die Praxis wichtigste Fälle erfassen:

  • Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
  • Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)

Nach diesen Gesetzen gibt es den Anspruch auf zeitlich

  • unbegrenzte Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG,
  • befristete Reduzierung der Arbeitszeit nach § 9a TzBfG Brückenteilzeit
  • befristete Elternteilzeit während der Elternzeit, § 15 Abs. 6 und 7 BEEG

Was sind die Grundvoraussetzungen für alle Spielarten?

Als Arbeitgeber beschäftigen Sie in der Regel

  • mehr als 15 Arbeitnehmer:
    • Anspruch auf zeitlich unbefristete Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG
    • Anspruch auf Elternteilzeit nach § 15 BEEG
  • mehr als 45 Arbeitnehmer:
    • Anspruch auf Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG
  • bei allen genannten Teilzeitvarianten das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate

Grund: ein gesetzlich verankerter Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bedeutet einen nicht unerheblichen Eingriff in die Organisation Ihres Betriebes.

Wie unterscheiden sich die verschiedenen Teilzeitformen?

Beim Antragsverfahren unterscheiden sich die verschiedenen Teilzeitformen insbesondere bei den Form- und Fristvorschriften. Unterschiede gibt es zudem bei den Anforderungen an die Begründung einer Ablehnung eines Teilzeitverlangens durch Sie als Arbeitgeber. Wenn Sie als solcher hier nicht aufpassen, können Sie mit nachteiligen Konsequenzen rechnen.

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Was sollten Sie als Arbeitgeber beim zeitlich unbefristeten Teilzeitverlangen beachten?

Der Antrag erfolgt spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitreduzierung. Er enthält:

  • Umfang der Verringerung
  • die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit
  • Konkrete Inhaltsbeschreibung, damit Sie als Arbeitgeber mit einem einfachen Ja antworten können.

Die Einhaltung der Frist ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Antrages. Wird sie nicht gewahrt, kann nach der Rechtsprechung eine dahingehende Auslegung des Antrages erfolgen, dass der Arbeitnehmer die Teilzeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlangt.

In der Vergangenheit konnten Arbeitnehmer die zeitlich unbefristete Teilzeit nach § 8 TzBfG formfrei geltend machen. Seit der Einführung der Brückenteilzeit zum 01.01.2019 schreibt § 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die geregelte Textform vor.

Bei der Ermittlung der für den Anspruch erforderlichen Arbeitnehmeranzahl zählt – anders als im Kündigungsschutzgesetz – jeder Arbeitnehmer voll, gleichgültig, ob er in Vollzeit oder in Teilzeit arbeitet. Geringfügig beschäftigte Minijobber zählen daher voll. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer in Elternzeit, sofern Sie für sie nicht einen mitzuzählenden Vertreter eingestellt haben. Nicht mitgezählt werden hingegen Auszubildende.

Wie können Sie Arbeitgeber reagieren?

Stimmen Sie als Arbeitgeber dem Antrag vorbehaltlos mit einem eindeutigen Ja zu, tritt die Veränderung der Arbeitszeit zum gewünschten Zeitpunkt in Kraft und gilt unbefristet. Ein Anspruch auf spätere Aufstockung der Arbeitszeit besteht grundsätzlich nicht. Stimmen Sie als Arbeitgeber nicht vorbehaltlos zu, ist folgende Vorgehensweise vorgesehen:

  • Erteilen Sie als Arbeitgeber keine vorbehaltlose Zustimmung, erörtern Sie den Wunsch Ihres Arbeitnehmers mit dem Ziel einer Einigung. Unter Umständen besteht dann die Möglichkeit, sich auf einen hinsichtlich Lage oder Dauer der Arbeitszeit modifizierten Antrag zu einigen.
  • Erzielen Sie keine Einigung mit Ihrem Arbeitnehmer, können Sie als Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zustimmen, aber die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit ablehnen oder
  • die Verringerung der Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen ablehnen.

Welche Frist und Form beachten Sie bei der Stellungnahme?

Als Arbeitgeber können Sie sich mit Ihrer Entscheidung über einen Teilzeitantrag nicht beliebig Zeit lassen. Gemäß § 8 Abs. 5 TzBfG teilen Sie Ihrem Mitarbeiter spätestens einen Monat vor Beginn der gewünschten Verringerung Ihre Entscheidung über den Antrag in Textform mit. Bei unterbliebener oder verspäteter Mitteilung der Entscheidung gilt die gewünschte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit als genehmigt. Um diese Folge zu vermeiden, sollten Sie den rechtzeitige Zugang Ihres Ablehnungsschreibens sicherstellen, z. B. durch persönliche Übergabe unter Zeugen oder Einwurf in den Hausbriefkasten durch Boten. Eine Begründung brauchen Sie Ihrer Ablehnung des Antrages nicht beizufügen.

Was gilt bei Brückenteilzeit?

Die 2019 eingeführte Brückenteilzeit sieht einen Anspruch auf eine zeitlich befristete Verringerung der Arbeitszeit vor; anders als bei der Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG. Nach § 9a TzBfG hat Ihr Arbeitnehmer das Recht, seine Arbeitszeit nach einem im Voraus festgelegten Zeitraum von mindestens einem Jahr bis höchstens fünf Jahren zu verringern und danach wieder zur alten Arbeitszeit zurückzukehren. Hinsichtlich Antragsverfahren und Verfahren nach Eingang eines Antrages auf Brückenteilzeit bestehen grundsätzlich keine Abweichungen vom unbefristeten Teilzeitverlangen. Die Antragsfrist hält hier jedoch Ihr Arbeitnehmer ein, da eine Auslegung, dass der Antrag zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelten soll, bei der Brückenteilzeit nach der Rechtsprechung nur ausnahmsweise möglich ist.

Was unterscheidet Elternteilzeit gegenüber Teilzeit nach TzBfG?

Die Elternteilzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG unterscheidet sich hinsichtlich Form und Frist der Antragstellung erheblich von dem Teilzeitverlangen nach dem TzBfG. Die Ankündigungsfrist für die Inanspruchnahme einer Elternteilzeit beträgt

  • sieben Wochen für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und
  • 13 Wochen für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem achten Lebensjahr des Kindes.

Außerdem erfolgt die Verringerung

  • der Arbeitszeit für mindestens zwei Monate
  • die Arbeitszeit verringern Sie auf einen Umfang zwischen 15 und 32 Wochenstunden im Durchschnitt eines Monats

Begründen Sie als Arbeitgeber eine Ablehnung?

Ja, als Arbeitgeber können Sie einen Teilzeitantrag aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen und begründen bei einem Teilzeitverlangen bis zum dritten Geburtstag des Kindes spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrages, bei einem Teilzeitverlangen zwischen dem dritten und achten Geburtstag spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrages mit schriftlicher Begründung. Versäumen Sie als Arbeitgeber die form- und fristgerechte Ablehnung, gilt die Zustimmung zur Verringerung und der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit als erteilt. Fehlt die Begründung der Ablehnung oder ist sie unvollständig, können Sie als Arbeitgeber in einem Prozess über die Berechtigung der Ablehnung nur die Gründe geltend machen, die im Ablehnungsschreiben aufgeführt sind.

Muss Ihr Arbeitnehmer seinen Antrag schriftlich begründen?

Ja, anders als der Teilzeit- oder Brückenteilzeitantrag unterliegt der Elternteilzeitantrag der strengen Schriftform. Hat er die Schriftform nicht eingehalten, ist der Antrag unzulässig. Zudem enthält der Antrag Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt die Teilzeittätigkeit beginnen und in welchem zeitlichen Umfang die Tätigkeit erfolgen soll. Fehlen diese Mindestangaben, liegt nach der Rechtsprechung kein wirksames Teilzeitverlangen vor.

Übersicht: Teilzeitverlangen

Zeitlich unbegrenzte Teilzeit § 8 TzBfG Brückenteilzeit § 9a TzBfG Elternteilzeit § 15 BEEG
Anspruch ab einer Beschäftigtenzahl >15 AN >45 AN >15 AN
Beschäftigungsdauer mind. sechs Monate mind. sechs Monate mind. sechs Monate
Mindestumfang der Teilzeittätigkeit keine Keine 15 bis 32 Std./ mtl. mind. für zwei Monate
Antragsfrist drei Monate vor Beginn der Teilzeittätigkeit, Nichteinhaltung der Frist verschiebt den Beginn drei Monate vor Beginn der Teilzeittätigkeit, Nichteinhaltung der Frist verschiebt den Beginn nur ausnahmsweise sieben bzw. 13 Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit
Form des Antrages Textform Textform strenge Schriftform
Stellungnahmefrist AG spätestens einen Monat vor Beginn der Teilzeittätigkeit spätestens einen Monat vor Beginn der Teilzeittätigkeit spätestens vier bzw. acht Wochen nach Zugang des Antrages
Form der Ablehnung Textform ohne Angabe von Gründen Textform ohne Angabe von Gründen strenge Schriftform unter Angabe der Ablehnungsgründe

Hat Ihre Teilzeitkraft einen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit?

Ja, als Arbeitgeber kürzen Sie geringfügig Beschäftigten, die Wunscharbeitszeiten anmelden können, nicht den Stundenlohn. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (5 AZR 108/22). Bei gleicher Qualifikation und identischer Tätigkeit haben demnach diese Arbeitskräfte einen Anspruch auf die Stundenvergütung in jener Höhe, wie sie Vollzeitbeschäftigte mit verbindlich festgelegter Arbeitseinteilung erhalten. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter gaben laut einer Meldung der „Tagessschau“ in einem Revisionsverfahren einem Rettungssanitäter aus Bayern recht, der als geringfügig Beschäftigter bei einem Rettungsdienst tätig ist und im geringeren Stundenlohn eine Benachteiligung gesehen hatte.

Worum ging es in dem Urteil?

Um einen Rettungsassistenten, der mit durchschnittlich 16 Stunden monatlich arbeitete. Er erhielt eine Vergütung von zwölf Euro pro Stunde, seine regulär beschäftigten Kollegen bekamen 17 Euro pro Stunde. Er sah hierin eine Diskriminierung der Teilzeitarbeit und verlangte ebenfalls 17 Euro. Für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021 ergab sich daraus eine Nachforderung von 3286 Euro.

Die Arbeitgeberin rechtfertigte den geringeren Lohn mit Unterschieden bei der Schichtplanung. Die hauptamtlichen Rettungsassistenten würden verbindlich eingeteilt. Das schaffe Planungssicherheit und sei ein geringerer Aufwand. Demgegenüber könnten die Nebenamtlichen angefragte Schichten ablehnen und eigene Vorschläge machen. Für das BAG nicht stichhaltig. Dies könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten seien gleich qualifiziert und übten die gleiche Tätigkeit aus. Der behauptete erhebliche Unterschied sei schon nicht erkennbar, weil bei den Regelbeschäftigten Pausen und Arbeitszeitgrenzen zu beachten sind. „Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen“, zitiert die Sendung die Erfurter Richter.

Autor*in: Franz Höllriegel