14.02.2024

Die laufende Besteuerung der SE in Deutschland

Andere Länder, andere Sitten – auch was die Steuer angeht. Als SE vollführen Sie selbst innerhalb der EU einen Spagat, was die Besteuerung angeht. Ein wenig erleichtert wird er Ihnen durch die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie. Besonderheiten ergeben sich aufgrund verschiedener Systeme.

Besteuerung der SE

Stimmt der Vergleich der SE mit der AG doch nicht?

In der europäischen SE-Verordnung sind steuerliche Regelungen nicht enthalten. Deshalb gilt für eine SE mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland das deutsche Steuerrecht, hier das Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrecht. Behandelt wird die SE wie eine deutsche Aktiengesellschaft und unterliegt deshalb grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen der deutschen Besteuerung.

Eines gleich vorweg: Die SE kämpft heute noch mit zahlreichen steuerlichen Problemen, da ihre einzelnen (in der EU) verteilten Betriebsstätten immer noch unterschiedlichen nationalen Steuerregeln unterliegen. Die EU-Kommission arbeitet hier an einer umfassenden Lösung (z.B. einer einheitlichen europaweiten Gewinnermittlung mit späterer Zerlegung auf die beteiligten Länder). Stichwort dazu: BEFIT (Business in Europe: Framework for Income Taxation).

Probleme bzw. besondere Aufmerksamkeit der SE bei der Besteuerung ergeben sich insbesondere durch:

  • länderübergreifende Verrechnungspreise innerhalb des Konzerns
  • Gewinnausschüttungen
  • Zins- oder Lizenzzahlungen
  • grenzüberschreitenden Verlustausgleich

Neben dem nationalen Steuerrecht sind deshalb z.B. die Doppelbesteuerungsabkommen in der „Mutter-Tochter-Richtlinie“ zu beachten.

Was besagt die Mutter-Tochter-Richtlinie?

Es ist die Richtlinie über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten vom 30.11.2011. Sie zielt darauf ab:

  • Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften von Quellensteuern zu befreien
  • Doppelbesteuerung derartiger Einkünfte auf Ebene der Muttergesellschaft zu beseitigen
  • Zusammenschlüsse von Gesellschaften in der Europäischen Union (EU) erleichtern
  • das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten

Welche Gesellschaften betrifft sie?

Folgende Arten von Gesellschaften mit Steuerwohnsitz nicht außerhalb der EU sind betroffen.

  • Aktiengesellschaften
  • Gesellschaften mit beschränkter Haftung
  • bestimmte Genossenschaften
  • Gesellschaften auf Gegenseitigkeit
  • Sparkassen
  • Fonds
  • Europäische Gesellschaften
  • Europäische Genossenschaften

Sie unterliegen der Körperschaftssteuer und verfügen über keine Wahlmöglichkeit oder Befreiung. Als Muttergesellschaft gilt eine Gesellschaft eines Mitgliedstaats der EU, die einen Anteil von wenigstens zehn Prozent am Kapital einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaats hält.

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Darf eine Muttergesellschaft oder eine Betriebsstätte Gewinne beziehen?

Ja, das können sie, auch außerhalb der Liquidationsphase. In diesem Fall besteuert der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft oder der Betriebsstätte diese Gewinne nicht oder er besteuert diese Gewinne und gestattet, dass sie auf die geschuldete Steuer den Steuerteilbetrag der Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diesen Gewinn bis zur Höhe der entsprechenden Steuerschuld anrechnen können.

Können Sie als grenzübergreifend tätige Gesellschaft Zahlungen manipulieren?

Um zu verhindern, dass Sie als solche innerhalb des Konzerns eine zeitliche Planung ihrer Zahlungen vornehmen, um von einer doppelten Nichtbesteuerung zu profitieren, besteuert der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft oder der Betriebsstätte die bezogenen Gewinne, soweit diese Gewinne von Ihrer Tochtergesellschaft abgezogen werden können.

Können Sie Kosten oder Verluste bei Ihrer Tochtergesellschaft absetzen?

Das kommt auf Ihren Mitgliedstaat an. Er kann bestimmen, dass Sie grenzübergreifend tätige Gesellschaft Kosten der Beteiligung an Ihrer Tochtergesellschaft und Kapitalverluste, die sich aufgrund der Ausschüttung ihrer Gewinne ergeben, nicht vom steuerpflichtigen Gewinn von Ihnen als Muttergesellschaft absetzen können.

Sind von Ihrer Tochtergesellschaft an Sie als Muttergesellschaft ausgeschüttete von der Quellensteuer befreit?

Ja, solche Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle befreit. Der Mitgliedstaat Ihrer Muttergesellschaft kann keinen Steuerabzug an der Quelle auf Gewinne vornehmen, die Ihre Gesellschaft von Ihrer Tochtergesellschaft bezieht. Diese Vorschrift bezieht sich allerdings nicht auf die in Verbindung mit der Ausschüttung von Gewinnen an die Muttergesellschaft erfolgende Vorauszahlung der Körperschaftssteuer an den Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat.

Welche Steuern fallen für die SE an?

Der aktuelle Körperschaftsteuersatz auf den steuerpflichtigen Gewinn der SE beträgt 15 Prozent. Zusätzlich fallen wie bei GmbH in der Summe etwa 30 Prozent für Steuern an aus:

  • Solidaritätszuschlag
  • Gewerbesteuer
  • gegebenenfalls Kirchensteuer

Dividenden an Aktionäre unterliegen der Kapitalertragsteuer von zur Zeit 25 Prozent zuzüglich der genannten anderen Steuern.

Muss ein Empfänger der Dividenden diese versteuern?

Das richtet sich nach seinen persönlichen Verhältnissen. Befreiungen sind möglich, wobei die von der Gesellschaft schon einbehaltene Kapitalertragsteuer angerechnet und gutgeschrieben wird.

Die SE zeichnet sich dadurch aus, dass sie Betriebsstätten in unterschiedlichen Ländern der EU unterhält. Lizenzeinnahmen werden z.B. in Irland besonders günstig besteuert. Deshalb stellt eine irische Betriebsstätte der deutschen Betriebsstätte besonders hohe Lizenzgebühren in Rechnung. In Deutschland sinkt der zu versteuernde Gewinn, in Irland steigt der Gewinn, der aber deutlich niedriger als in Deutschland besteuert wird.

Deutschland besteuert das Welteinkommen. Gleichwohl soll es nicht zu einer Doppelbesteuerung der unterschiedlichen Betriebsstättengewinne kommen. Deswegen regeln die Doppelbesteuerungsabkommen, in welchem Land welcher Gewinnanteil besteuert werden darf.

Wenn Sie als Mutterunternehmen mit mindestens zehn Prozent an der Tochter beteiligt sind, greifen bei deren Gewinnausschüttungen an Sie bestimmte Erleichterungen:

  • der Gewinn bei Ihnen als Mutter wird freigestellt oder
  • die im Ausland schon bezahlte Steuer wird angerechnet.
  • die Ausschüttung wird in diesen Fällen häufig vom Kapitalertragsteuerabzug der Quellensteuer ausgenommen, was einen Liquiditätsvorteil bedeutet.

Nehmen wir an, bei Ihrer SE hat die deutschen Gewinnermittlung ein Welteinkommen von fünf Millionen Euro festgestellt. Darin enthalten ist ein Anteil von einer Million Euro, der laut Doppelbesteuerungsabkommen mit den Niederlanden dort besteuert wird und in Deutschland freigestellt ist. Somit werden in Deutschland nur vier Millionen Euro besteuert.

Wie behandelt die Richtlinie Verrechnungspreise innerhalb Ihres Konzerns?

Deren Behandlung zwischen den Betriebsstätten in den verschiedenen Ländern der EU ist in jeder Prüfung besonders entscheidend. Die Verlockung ist groß, die Gewinne dort zu versteuern, wo die Steuersätze am niedrigsten sind. Das kann durch individuelle Preisgestaltungen innerhalb des Konzerns geschehen. Das würde der Gesetzgeber als Missbrauch der Regelung verstehen. Um dem vorzubeugen, hat er bestimmte Regeln zur Höhe der Verrechnungspreise innerhalb eines Konzerns erlassen. Die Angemessenheit der Verrechnungspreise ist dann Bestandteil jeder steuerlichen Außenprüfung in Ihrem Konzern. Rechtsgrundlage für die Verrechnungspreise und die Verrechnungspreisdokumentation ist § 1 Außensteuergesetz (AStG) in Verbindung mit einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14.07.2021 (Az.: IV B 5 – S 1341/19/10017:001).

Welche Regeln gibt es für Bilanzen?

Für Aufstellung von Bilanzen, Feststellungen derselben und Veröffentlichung der Ergebnisse bei Ihrer SE gelten ähnliche Regeln wie bei der GmbH. Die SE unterliegt aber nicht den Regelungen aus dem GmbH-Recht, sondern jenen aus dem Aktienrecht. Eigenständige Vorschriften für die Rechnungslegung, Abschlussprüfung oder Offenlegung gibt es nicht. Vielmehr verweist Art. 61 SE-VO auf das jeweilige nationale Recht. Deshalb gilt für dieses das deutsche Recht für Aktiengesellschaften, also im Wesentlichen Aktiengesetz (AktG) und Handelsgesetzbuch (HGB).

Wer ist im dualistischen System für den Jahresabschluss zuständig?

Sie als Vorstand und Leitungsorgan, ähnlich wie bei einer Aktiengesellschaft (§ 264 Abs. 1 HGB). Haben Sie diesen aufgestellt, durchläuft er mehrere Phasen:

  • Prüfung durch beauftragte externe Wirtschaftsprüfer oder Aufsichtsrat (§§ 316 Abs. 1 HGB, 170, 171 AktG).
  • Dieser berichtet über das Ergebnis der Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung. Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt, sofern nicht Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen.
  • Haben Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen, oder hat der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht gebilligt, so stellt die Hauptversammlung den Jahresabschluss fest.
  • Der festgestellte Jahresabschluss wird dann im Bundesanzeiger offengelegt.
  • Der Bundesanzeiger leitet die Veröffentlichung ebenfalls an das Amtsblatt der Europäischen Union weiter, wo der Jahresabschluss ebenfalls veröffentlicht wird.

Wie sieht es im monistischen System mit dem Jahresabschluss aus?

Hier ergeben sich Besonderheiten. Neben der Hauptversammlung gibt es nur den Verwaltungsrat als Organ, also keine Trennung von Geschäftsführung und Aufsicht. Bei großen Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder SE wird der Jahresabschluss ergänzt um:

  • einen Anhang mit:
    • Bilanz und
    • Gewinn-und-Verlust-Rechnung
  • einen Lagebericht.

Zuständig für die Aufstellung des Jahresabschlusses wären Sie als geschäftsführender Direktor des Verwaltungsrats. Hier ist damit eine Prozessverantwortung gemeint. Der Verwaltungsrat als solcher hat die Verantwortung für die ordnungsgemäße Verbuchung der Geschäftsvorfälle, für die Einrichtung eines Risikomanagements etc.

Die weiteren Phasen sind folgende:

  • Liegt der Jahresabschluss vor, wird er vom kompletten Verwaltungsrat geprüft.
  • Dies geschieht wieder mit Unterstützung des – im Normalfall pflichtmäßig zu bestellenden – externen Jahresabschlussprüfers.
  • Die Feststellung des Jahresabschlusses erfolgt mit Billigung durch den Verwaltungsrat. Dieser kann die Feststellung der Hauptversammlung überlassen. Das wäre aus Gründen möglicher Interessenkonflikte durchaus sinnvoll, weil der Verwaltungsrat mehr oder weniger sowohl für die Aufstellung als auch Prüfung des Jahresabschlusses zuständig ist.
  • In jedem Fall berichtet der Verwaltungsrat der Hauptversammlung über den festgestellten Jahresabschluss.
  • Die Offenlegung erfolgt wie im dualistischen System im Bundesanzeiger und im Amtsblatt der Europäischen Union.

Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gelten aus Art. 62 SE-VO weitere kleinere Besonderheiten.

Autor*in: Franz Höllriegel