14.12.2023

Die Güterstandsschaukel: Steuerfreie Vermögensübertragung in der Ehe

Zugewinnausgleich – ein zweischneidiges Schwert. Es schwebt über jeder Scheidung von Unternehmerehen oder bei größerem Vermögen aus der Ehe. Ist eine Ehe intakt, lässt er sich zum Sparen von Steuern nutzen und kann vor Gläubigern schützen – oder vor dem Zugriff enterbter Kinder.

Güterstandsschaukel

Wie kann er vor Gläubigern enterbten oder vor Kindern schützen?

Indem Sie in Ihrer intakten Ehe mit seiner Hilfe eine steuerfreie Vermögensübertragung nutzen.

Wie funktioniert der Zugewinnausgleich?

Aufgrund der freien Wahlmöglichkeit, der Güterstandsschaukel, für Sie als Ehegatten zwischen:

  • den Güterständen der Zugewinngemeinschaft,
  • der Gütertrennung oder
  • der Gütergemeinschaft.

Was ist die Güterstandsschaukel?

Mit ihr beenden Sie durch einen notariellen Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das führt zu einem Zugewinnausgleich, den Sie ansonsten erst durch die Beendigung der Ehe durch den Tod oder Ihre Scheidung auslösen.

Was ist der Zugewinn?

Ihn erwirtschaften Sie während Ihrer Ehe. Es ist der Betrag, um den das Endvermögen eines von Ihnen beiden Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt. Ist Ihr Zugewinn als der eine Ehegatten höher als der Zugewinn Ihres Ehepartners, kann dieser die Hälfte des Überschusses als Zugewinnausgleichsanspruch verlangen. Mit der Güterstandsschaukel wechseln Sie nun vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung.

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Die Erfüllung des dann fälligen Zugewinnausgleichsanspruchs verschiebt das Vermögen von Ihnen als dem Ehegatten mit höheren Endvermögen auf Ihren weniger vermögenden Partner verschoben. Danach können Sie wieder zurück in die Zugewinngemeinschaft und später bei einer inzwischen erfolgten neuerlichen Vermögensanhäufung erneut in die Gütertrennung geschaukelt werden.

Wann ist die Anwendung der Güterstandsschaukel sinnvoll?

  • 1. Steueroptimierung bei Vermögensübertragungen: Bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen zwischen Ihnen als Ehegatten fällt Schenkungssteuer an, sofern die Übertragung den Ehegatten-Freibetrag von 500.000 Euro übersteigt und es sich nicht um die Übertragung des selbst genutzten Eigenheims handelt. Ist das zu übertragende Vermögen höher, können Sie die Güterstandsschaukel einsetzen. Durch die vertragliche Änderung des Güterstands entsteht eine Zugewinnausgleichsforderung. Sie ist nach § 5 Abs. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) steuerfrei, da sie weder eine Schenkung noch eine Erbschaft darstellt.

Wo liegt der Vorteil dieses Verfahrens für Sie als Ehepartner?

Zumal bei Weitergabe von größerem Familienvermögen an Ihre Kinder bietet die Güterstandsschaukel erhebliche steuerliche Vorteile. Als Elternteile dürfen Sie jedem Kind jeweils alle zehn Jahre Schenkungen oder Erbschaften in Höhe von 400.000 Euro steuerfrei übertragen. Diese Freibeträge können Sie bei mehreren Kindern aber nur nutzen, wenn Sie beide als Ehepartner über ein entsprechendes Vermögen verfügen, dessen steuerfreie Übertragung zwischen Ehegatten durch die Güterstandsschaukel möglich ist.

Wann noch ist die Güterstandsschaukel sinnvoll?

Gegenüber Ihren Kindern mit der:

  • 2. Pflichtteilsreduzierung: Kinder sind pflichtteilsberechtigte Angehörige. Sind sie in einem Testament enterbt, stehen ihnen im Erbfall Pflichtteilsansprüche in Höhe der Hälfte ihrer gesetzlichen Erbquote gegen den Erben zu, also meistens gegen den Ehegatten des Erblassers. Reduzieren Schenkungen an andere den Pflichtteil und damit den Nachlass, entstehen Pflichtteilsergänzungsansprüche. Diese Ansprüche verringern sich jährlich um zehn Prozent, bis nach zehn Jahren die Ansprüche erloschen sind. Erfolgen Schenkungen an den Ehegatten, bleiben die Ergänzungsansprüche sogar in voller Höhe bestehen.

Die Güterstandsschaukel kann in diesen Fällen angewendet werden, um den Nachlass auf den anderen Ehegatten zu verschieben.

Ist eine solche Verschiebung aufgrund eines Güterstandswechsels denn rechtens?

Darüber streiten sich noch die Experten; noch ist es nicht höchstrichterlich entschieden. Es bestehen aber gute Argumente dafür, dass der durchgeführte Zugewinnausgleich keine Schenkung im Sinne des Pflichtteilsrechts ist.

Beachten Sie aber, dass sich durch den Wechsel in die Gütertrennung die Pflichtteilsquoten erhöhen! Das läuft möglicherweise – zumindest vorübergehend – dem Effekt der Pflichtteilsreduzierung zuwider.

Was ist die dritte Anwendungsmöglichkeit der Güterstandsschaukel?

Wo es um Schutz vor Gläubigern geht:

  • 3. Asset Protection: Vermögensverschiebungen an den Ehegatten dienen häufig dazu, Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Das gilt insbesondere für Geschäftsführer, denen etwa bei Insolvenz verflochtener Gesellschaften eine persönliche Haftung von mehreren Millionen Euro droht. Wird Vermögen der Geschäftsführer an Angehörige übertragen, damit die Gläubiger im Haftungsfall darauf keine Zugriffsmöglichkeit haben, können insbesondere Schenkungen später angefochten und im ungünstigsten Fall sogar als Straftat geahndet werden.

Die Vermögensverschiebung über die Güterstandsschaukel ist weitaus weniger auffällig. Allerdings ist auch hier eine Anfechtung möglich. Kritisch wird es vor allem, wenn die Absicht erkennbar wird, dass Vermögen dem Gläubigerzugriff zu entziehen. Das ist zu vermuten, wenn nach dem Wechsel in die Gütertrennung sofort wieder in die Zugewinngemeinschaft zurückgeschaukelt wird. Generell planen Sie Gestaltungen von Schutzmechanismen im Zusammenhang mit der Asset Protection nicht erst bei einem bevorstehenden Haftungsfall, sondern frühzeitig und führen Sie entsprechend durch.

Wie schaukeln Sie richtig?

Der Wechsel des Güterstands erfolgt durch Ehevertrag. Dieser enthält Angaben zum Zugewinn und wie der Zugewinnausgleichsanspruch erfüllt werden soll. Der Ehevertrag muss notariell beurkundet werden. Dabei belehrt der Notar zwar über die rechtliche Bedeutung und die Folgen des Vertrags. Eine steuerrechtliche Prüfung und Aufklärung nimmt der Notar jedoch nicht vor. Das kann zu steuerlichen Fallstricken führen, so etwa, wenn die Zugewinnausgleichsforderung nicht durch Geld, sondern durch Vermögenswerte beglichen wird und dadurch ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft oder ein Veräußerungsgewinn durch die Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils im Privatvermögen entsteht, ein sogenanntes steuerverstricktes Vermögen.

Deswegen: Ziehen Sie stets einen Fachanwalt für Steuerrecht oder einen fachkundigen Steuerberater hinzu, zumal eine Steueroptimierung häufig der Grund für den Ehevertrag ist!

Können Sie bereits erfolgte Schenkungen durch die Güterstandsschaukel heilen?

Ja, das können Sie. Aber nur, wenn Sie keine Schenkungssteuer gezahlt haben oder weitere Schenkungen eine solche Steuer auslösen würden. Denn bei Aufhebung der Zugewinngemeinschaft durch Wechsel in die Gütertrennung können Sie als Ehegatten vertraglich vereinbaren, dass Vorausempfänge auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden (§ 1380 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Werden Vorausempfänge angerechnet, fällt die angefallene Schenkungsteuer nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg (R E 5.1 Abs. 6 Satz 1 Erbschaftsteuer-Richtlinien [ErbStR] 2019).

Wann sollten Sie in die Zugewinngemeinschaft zurückschaukeln?

Hier sollten Sie eine Schamfrist beachten. Diese Frage stellt sich nach dem Wechsel in die Gütertrennung und dem erfüllten Zugewinnausgleich .Es kommt an auf:

  • Ihre Beweggründe für die Anwendung der Güterstandsschaukel und
  • Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse als Ehegatten.

So ist etwa ein Zurückschaukeln in die Zugewinngemeinschaft nach der Reduzierung des Pflichtteils geboten, um die Erhöhung der Pflichtteilsquoten durch die Gütertrennung wieder rückgängig zu machen.

Ein Hin-und-her-Wechseln der Güterstände sollten Sie grundsätzlich nicht in einem notariellen Ehevertrag vereinbaren. Halten Sie eine Schamfrist von mindestens sechs Monaten ein! Speziell bei der Pflichtteilsreduzierung und der Asset Protection geraten Sie ansonsten in den Verdacht einer missbräuchlichen Gestaltung, die jemand, der dadurch betroffen ist, möglicherweise gerichtlich überprüfen lässt.

Wo liegen die Gefahren bei Anwendung der Güterstandsschaukel?

In der möglichen steuerfreien Übertragung von erheblichem Vermögen. Planen Sie deshalb diese Gestaltung sorgfältig, bevor Sie sie durchführen. Gerade die Durchführung sollte zeitnah und vollständig geschehen. Als ausgleichsberechtigter Ehegatte erhalten Sie die Zugewinnausgleichsforderung auch tatsächlich erhalten und dürfen darüber frei verfügen. Dabei wird die Wirksamkeit der Güterstandsschaukel allerdings nicht gefährdet, wenn Sie als ausgleichsberechtigter Ehegatte in Ihrer Verfügungsbefugnis über die Ausgleichsforderung beschränkt werden und diese Verfügungsbeschränkung unzulässig ist (Bundesfinanzhof BFH, Urteil vom 12.07.2005, Az.: II R 29/02).

Wird der Zugewinnausgleichsanspruch nicht erfüllt, ist womöglich ein Scheingeschäft mit den entsprechenden steuerlichen Konsequenzen und einer möglichen strafbaren Steuerhinterziehung gegeben. Wird die Zugewinnausgleichsforderung von Ihnen als ausgleichsberechtigter Ehegatte teilweise erlassen, liegt in Höhe des erlassenen Teils eine steuerpflichtige Schenkung an den ausgleichsverpflichteten Ehegatten vor (Finanzgericht FG, Urteil vom 15.12.2016, Az.: 1 K 199/15).

Die Finanzämter prüfen diese Sachverhalte sehr genau. Insbesondere vor willkürlich angesetzten und ausgeglichenen Zugewinnen sei an dieser Stelle gewarnt. Bei Vermögenswerten wie Immobilien und Unternehmensanteilen sollten Sie nachvollziehbare Werte ansetzen und diese im Idealfall durch ein Sachverständigengutachten untermauern lassen. Die Bezifferung der Zugewinne der Ehegatten, gegebenenfalls mit Anfangs- und Endvermögen, sollten Sie im Ehevertrag angeben.

Ist das Ganze mit Kosten verbunden?

Ja, es ist nicht billig! Grundsätzlich schließen Sie zwei notarielle Eheverträge für das Hin-und-her-Schaukeln der Güterstände ab. Das verdoppelt die Notargebühren. Diese hängen von der Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten ab und bewegen sich regelmäßig im vierstelligen Bereich, bei erheblichem Vermögen auch darüber hinaus.

Rechtsanwälte dürfen bei außergerichtlichen Tätigkeiten durch Abschluss einer Vergütungsvereinbarung die gesetzlichen Gebühren unterschreiten. Notare können keine von diesen Gebühren abweichenden Vereinbarungen schließen. Kosten sparen können Sie aber dadurch, dass Sie die Vereinbarungen der Gütertrennung und die anschließende Rückkehr zum Zugewinnausgleich in einer Urkunde treffen, also ohne die Schamfrist. Soweit Sie die Güterstandsschaukel allein zur Steueroptimierung einsetzen wollen, besteht insoweit keine Gefahr (BFH, Urteil vom 12.07.2005, Az.: II R 29/02). Das prüfen Sie aber stets sorgfältig und sichern s gegebenenfalls durch eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt ab.

Können Sie als Ehegatten in Gütertrennung in die Zugewinngemeinschaft wechseln

Ja, das geht, wenn Sie als Ehegatten bereits im Güterstand der Gütertrennung leben, weil sie ihn etwa bei der Heirat durch einen Ehevertrag vereinbart haben. Dann können Sie trotzdem von der Gütertrennung in die Zugewinngemeinschaft rückwirkend mit steuerlicher Wirkung wechseln. Rückwirkend bedeutet auf den Zeitpunkt der Heirat bezogen. Ein Zugewinn ist dann doch entstanden. Diesen Zugewinn können Sie durch die erneute Vereinbarung der Gütertrennung steuerfrei übertragen, wobei ein anschließender neuerlicher Wechsel in die Zugewinngemeinschaft möglich ist.

Autor*in: Franz Höllriegel