Der stellvertretende Geschäftsführer
Stellvertretender Geschäftsführer: rechtliche Stellung
Auch der stellvertretende Geschäftsführer ist nach außen, gegenüber Dritten, ein ordentlicher Geschäftsführer. Nach innen ist der stellvertretende Geschäftsführer jedoch in seiner Geschäftsführungsbefugnis eingeschränkt. Meist ergibt sich die Hauptaufgabe des stellvertretenden Geschäftsführers aus seiner Benennung.
Die Bestellung erfolgt auch hier durch einen Beschluss der Gesellschafter. Jede verbindliche Beschränkung der Geschäftsführung bedarf für ihre Wirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafter.
Auch der stellvertretende Geschäftsführer haftet in vollem Umfang
Alle Vorschriften des GmbH-Gesetzes (GmbHG) gelten auch für den Stellvertreter von Geschäftsführern (§ 44 GmbHG). Damit finden auch die gleichen Grundsätze zur Haftung Anwendung. Obwohl der stellvertretende Geschäftsführer intern in seiner Befugnis beschränkt ist, haftet er in vollem Umfang.
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So wird der stellvertretende Geschäftsführer bestellt
Bei der Bestellung gibt es keinen Unterschied zwischen einem ordentlichen und einem stellvertretenden Geschäftsführer. Die Bestellung zum Geschäftsführer erfolgt durch einen Beschluss der Gesellschafter, § 46 Nr. 5 GmbHG.
Jeder Geschäftsführer muss die Voraussetzungen für die Übernahme des Geschäftsführungsamts erfüllen. Ausschließungsgründe dürfen nicht bestehen.
Praxistipp: Eintragung ins Handelsregister
Der stellvertretende Geschäftsführer einer GmbH (§ 44 GmbHG ) ist ohne Stellvertreterzusatz ins Handelsregister einzutragen. Die Eintragung eines solchen Zusatzes ist gesetzlich nicht vorgesehen (§ 10 Abs. 1 GmbHG ). Es besteht auch im Rechtsverkehr kein Bedürfnis für eine solche Eintragung, da ein „stellvertretender Geschäftsführer” nach außen die gleiche Stellung wie ein ordentlicher Geschäftsführer hat. Allenfalls im Innenverhältnis sind seine Befugnisse eingeschränkt. Solche betriebsinternen Regelungen sollen aber gerade nicht im Handelsregister veröffentlicht werden. Außerdem könnte der Zusatz „stellvertretend“ zu dem Missverständnis führen, der Geschäftsführer habe eine nur nachrangige Vertretungsbefugnis.
Die Angabe der Stellvertretung hat somit bei der Eintragung des Geschäftsführers in das Handelsregister zu unterbleiben. Dadurch wird auch nach außen deutlich, dass er im Außenverhältnis die gleichen Rechte wie ein ordentlicher Geschäftsführer hat.
So wird die Stellvertretung geregelt
Die einzelnen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis, die im Innenverhältnis wirken und von dem Geschäftsführer zu beachten sind, § 37 Abs. 1 GmbHG, legen die Gesellschafter fest. Sie regeln Art und Umfang der Stellvertretung eines Geschäftsführers.
Die gesellschaftsinterne Funktionsbeschreibung „stellvertretend“ ist als solche für den Geschäftsführer noch nicht verbindlich.
Jede verbindliche Beschränkung der Geschäftsführung auf die Stellvertretungsfunktion sowie ihre Ausgestaltung bedarf für ihre Wirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafter. Der Beschluss ist als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Stellvertretung unbedingt notwendig.
Beispiel: Beschluss
Herr Muster wird zum Geschäftsführer bestellt. Herr Muster vertritt die Geschäftsführerin Frau Müller in jedem Fall der Verhinderung. Er erhält keinen eigenen Aufgabenbereich. Von Frau Müller werden ihm Aufgaben der Geschäftsführung nach ihrer Festlegung zugewiesen. Von der Anordnung sind gesetzliche Aufgaben und Pflichten nicht betroffen.
Da diese Beschränkung nicht nach außen wirkt, spielt es für den Geschäftsverkehr keine Rolle, ob Herr Muster eine Geschäftsführungsaufgabe wahrnimmt oder diese nur wahrnimmt, weil Frau Müller im Urlaub ist.
So wirkt die Stellvertretung
Nur im Innenverhältnis entfaltet die Anordnung der Stellvertretung eine Wirkung, nämlich zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH.
Auf das Außenverhältnis, insbesondere in Beziehung zu Dritten, hat die Stellvertretung keine Wirkung. Ein Geschäft mit einem Dritten, das der stellvertretende Geschäftsführer unter Zuwiderhandlung gegen die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis für die GmbH getätigt hat, ist wirksam. Das gilt sogar dann, wenn der Geschäftspartner die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis kennt.
Beispiel: Keine Außenwirkung
Ein stellvertretender Geschäftsführer hat einem Dritten ein Grundstück der GmbH verkauft. Aufgrund interner Beschränkung seiner Geschäftsführungsbefugnis war er zur Vertretung der GmbH nicht berechtigt. Der Käufer wusste bei Geschäftsabschluss von dessen Funktion als Stellvertreter.
Die GmbH ficht den Vertrag an mit der Begründung, der Geschäftsführer sei nicht zur Vornahme des Geschäfts berechtigt, was der Käufer wusste. Das Geschäft sei einvernehmlich zum Nachteil der GmbH abgeschlossen worden. Die Anfechtung ist erfolglos, weil die Stellvertretung auf die Beziehung zum Käufer keine Auswirkungen hat.
So haftet der Stellvertreter
Ein stellvertretender Geschäftsführer ist nie der einzige Geschäftsführer einer GmbH da ansonsten die Stellvertretung ins Leere laufen würde und hinfällig wäre.
Die für Geschäftsführer gegebenen Vorschriften des GmbH-Gesetzes gelten auch für Stellvertreter von Geschäftsführern, siehe § 44 GmbHG. Das gilt für alle Vorschriften zur Geschäftsführung, insbesondere die zur Haftung.
Obwohl der stellvertretende Geschäftsführer intern in seiner Befugnis zur Geschäftsführung beschränkt ist, haftet er also.
Der stellvertretende Geschäftsführer haftet neben den anderen Geschäftsführern der Gesellschaft auf Ersatz eines Schadens, wenn sie ihre Obliegenheiten verletzen, § 43 Abs. 2 GmbHG.
So vermeiden Sie die Haftung
Der stellvertretende Geschäftsführer darf zwar bestimmte Angelegenheiten der Geschäftsführung aufgrund seiner internen Beschränkungen nicht bearbeiten; er hat jedoch Angelegenheiten, die von einem ordentlichen Geschäftsführer bearbeitet werden, zu verantworten und haftet daraus bei Verletzung von Obliegenheiten und Pflichten.
Die Rechte und Pflichten, die mehreren Geschäftsführern insbesondere untereinander zustehen, hat daher auch der stellvertretende Geschäftsführer in vollem Umfang.
Informationspflicht des stellvertretenden Geschäftsführers
Er muss sich über Angelegenheiten informieren, die von seinen Kollegen bearbeitet werden. Die Geschäftsführerkollegen sind verpflichtet, eine angeforderte Auskunft zu erteilen. Sie dürfen sie nicht verweigern oder beschränken, weil beide Geschäftsführer im gleichen Umfang zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.
Wird dennoch eine Information verweigert, muss der Stellvertreter alle verfügbaren und zumutbaren Mittel einsetzen, um sie noch zu erhalten. Informiert er sich nicht oder nicht ausreichend, kann das seine Haftung gegenüber der Gesellschaft auslösen.
Beispiel: Information einfordern
Die Buchführung der GmbH wird von einem ordentlichen Geschäftsführer bearbeitet. Der stellvertretende Geschäftsführer kümmert sich darum nicht, weil er seinen Kollegen als zuverlässig kennt und ihm vertraut. Er bemerkt nicht, dass die GmbH zahlungsunfähig geworden ist und der Kollege nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beantragt hat.
Die unterlassene Information hat für den stellvertretenden Geschäftsführer die Haftung auf Ersatz des Schadens aus der Insolvenzverschleppung begründet.
Handlungspflicht
Bemerkt der stellvertretende Geschäftsführer die haftungsbegründende Verletzung einer Obliegenheit durch einen Kollegen, muss er handeln. Unter Einsatz aller verfügbaren und zumutbaren Mittel muss er versuchen, die Obliegenheitsverletzung zu beenden und, falls möglich, zu berichtigen.
Als Mittel zur Berichtigung kommen in Betracht:
- die unmittelbare Aufforderung an die Kollegen, durch eigenes Handeln oder Unterlassen die Abstellung der Obliegenheitsverletzung selbst vorzunehmen
- die Einschaltung der Gesellschafter, die über die Obliegenheitsverletzung zu informieren sind und die zu veranlassen sind, eine Weisung an den Kollegen zur Korrektur und Beendigung der Obliegenheitsverletzung zu beschließen
- die Erhebung einer Klage gegen die Gesellschaft mit Zustimmung der Gesellschafter
- die eigene Handlung, wenn sie möglich ist
Musterschreiben für eine Berichtigung
Sehr geehrter Herr Muster,
ich habe erfahren, dass die Gesellschaft in beträchtlichen finanziellen Schwierigkeiten steckt, sodass in bestimmtem Umfang Rechnungen nicht mehr bezahlt werden.
Bei dieser Sachlage kann Zahlungsunfähigkeit vorliegen, die zur Durchführung des Insolvenzverfahrens führt.
Bitte teilen Sie mir umgehend mit, ob Insolvenzreife der GmbH bereits vorliegt. Gegebenenfalls müssen Sie fristgerecht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Gericht stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Einzelfall ist in Hinblick auf die Interessen der Gesellschaft zu überprüfen, ob ein verfügbares Mittel zumutbar oder unverhältnismäßig ist.
Beispiel: Prozess abgelehnt
Die Gesellschafter haben ihre Zustimmung zur Führung eines Prozesses gegen die GmbH verweigert, weil öffentlich bekannt werden kann, dass die Geschäftsführung im Streit liegt. Das kann zu einem Vertrauensverlust führen.
In diesem Umfang haftet der Stellvertreter
Der stellvertretende Geschäftsführer hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt von ordentlichen Geschäftsleuten anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG. Er haftet für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. Er wird danach beurteilt, was andere gewissenhafte Geschäftsleute in vergleichbarer Lage unternommen hätten. Ihr korrektes, recht- und gesetzmäßiges Handeln ist seine Richtschnur.
Die Höhe einer Haftung auf Schadensersatz ist unbegrenzt.
Im Einzelfall kann ein wichtiger Grund vorliegen, um den stellvertretenden Geschäftsführer abzuberufen.
Expertentipp: Informieren und handeln
Als stellvertretender Geschäftsführer ist Ihre Befugnis zur Geschäftsführung durch die Gesellschafter beschränkt. Sie sind zur Befolgung und Beachtung der Beschränkung verpflichtet. Für Sie gelten jedoch die Vorschriften des GmbHG über die Geschäftsführung, sodass Sie persönlich haften, wenn eine Obliegenheit von Ihnen oder Ihren Kollegen verletzt wird.
Sie müssen sich über die Angelegenheiten informieren, die ein Kollege allein bearbeitet. Sie müssen handeln, um einen Fehler zu beseitigen.
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