11.01.2019

Das neue Recht auf Brückenteilzeit seit 01.01.2019

Nichts ist so beständig wie das Provisorium. Das ist bei Teilzeitarbeit kaum anders. Oft soll sie nur vorübergehend sein. Nachher will man wieder Vollzeit arbeiten. Doch geht das dann nicht. Die Regierung hat das nun geändert – mit dem neuen Recht auf Brückenteilzeit seit dem 1. Januar 2019.

Vorübergehende Teilzeitbeschäftigung mit einem Recht auf Rückkehr in die Vollzeit: Das soll die neue Brückenteilzeit den Arbeitnehmern ab 01.01.2019 bringen.

Das bringt die Brückenteilzeit

Vorübergehend eine Teilzeitbeschäftigung – wer sich darauf einlässt, tappte bisher in die Teilzeitfalle. Ein Zurück in eine Vollzeitstelle gibt es dann oft gar nicht. Immer mehr Menschen sind davon betroffen. 2017 waren es mehr als 15 Millionen Beschäftigte. 20 Jahre zuvor war es etwas mehr als die Hälfte, wie die „WirtschaftsWoche“ unter Berufung auf Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berichtet. Das soll das Recht auf Brückenteilzeit seit dem 1. Januar 2019 ändern und entspricht damit einer gesellschaftlichen Entwicklung.

Arbeitnehmer wünschen sich immer öfter flexiblere Arbeitszeiten. Laut Erhebungen des Statistischen Bundesamts würden 1,8 Millionen Erwerbstätige gern weniger arbeiten, wenn der Arbeitgeber ihnen im Nachhinein wieder eine Vollzeitstelle garantieren kann. Dem soll mit dem neuen Teilzeitarbeitsgesetz Rechnung getragen werden.

Am 11. Dezember 2018 hat der Bundestag das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ beschlossen (Bundesgesetzblatt 2018 Teil I Nr. 45 vom 14.12.2018).

Die neue Brückenteilzeit ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten.

Diese Regelung galt bisher

Bislang hatten Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit nur einen Anspruch auf eine Teilzeitstelle. Das regelt § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).

Gesetzlich nicht garantiert war die Rückkehr vom Teilzeit- zurück in den Vollzeitjob. Wollte der Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit wieder auf Vollzeit aufstocken, so war der Arbeitgeber bis dato nicht verpflichtet, diesem Wunsch nachzukommen.

Seit 1. Januar 2019 gilt die Brückenteilzeit

Dies zu ändern, sah ein Beschluss des Bundeskabinetts vom Juni 2018 vor. Nachdem der Bundesrat das Brückenteilzeitgesetz abschließend beraten hatte, hat der Bundestag des Gesetz am 11. Dezember 2018 beschlossen. Seit dem 1. Januar 2019 gilt nun die neue Brückenteilzeit.

Seit 01.01.2019 steht damit dem Arbeitnehmer bei Vorliegen bestimmter Bedingungen ein Anspruch auf Rückkehr in die Vollzeit zu.

Neue Bestimmungen: So soll die Brückenteilzeit funktionieren

Unter folgenden Voraussetzungen steht einem Mitarbeiter seit 2019 ein Anspruch auf Rückkehr in die Vollzeit zu:

  • Die Teilzeitvereinbarung wurde nicht vor dem 01.01.2019 geschlossen.
  • Der Betrieb beschäftigt mehr als 45 Mitarbeiter.
  • In Betrieben mit 46 bis 200 Mitarbeitern muss nur jedem 15. Arbeitnehmer der Anspruch gewährt werden.
  • In Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern hat jeder diesen Anspruch.
  • Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate.
  • Beantragt wird eine Brückenteilzeit von mindestens einem und höchstens fünf Jahren.
  • Dem Antrag dürfen keine betrieblichen Gründe entgegenstehen, die Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitgeber.
  • Der Mitarbeiter hat die Antragsfrist von drei Monaten vor Beginn der gewünschten Verringerung eingehalten.
  • Der Mitarbeiter hat seinen Antrag schriftlich gestellt.
  • Für eine weitere Brückenteilzeit besteht ein Rechtsanspruch erst nach Ablauf eines Jahres ab Beendigung der vorigen Brückenteilzeit.

Diese Schlupflöcher gibt es

In der Tat, es könnte ein gewisses Schlupfloch geben. Lehnt der Arbeitgeber den Vollzeitwunsch eines Mitarbeiters ab, muss er künftig nachweisen, dass kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden oder der Beschäftigte nicht geeignet ist. Er braucht aber dafür keinen neuen Arbeitsplatz zu schaffen. Es liegt also in seiner unternehmerischen Freiheit, ob er eine freie Stelle besetzt oder nicht.

Ungeklärt ist zudem die Frage: Wer ist in einem Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten der 15.? Wie entscheidet das Unternehmen das? Ist es dieser oder diese oder diese oder dieser da …?

Kritik und Lob an dem Gesetz

Die Arbeitgeberseite befürchtet von der Brückenteilzeit eine kompliziertere Personalplanung. Kritik kommt etwa vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall.

Hauptgeschäftsführer Oliver Zander in der „WirtschaftsWoche“: „Wenn eine Rückkehr aus Teilzeit in Vollzeit scheitert, dann an fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten.“

Mit diesem Gesetz sollten ein weiteres Mal erfundene Probleme gelöst werden, so Zander. Arbeitnehmerverbände hingegen begrüßen den Entwurf. Verdi-Chef Frank Bsirske zeigte sich in der Passauer Neuen Presse

„sehr zufrieden“.

Wie nötig ist das Brückenteilzeitgesetz?

„Die Entscheidung war längst überfällig“,

zitiert die „WirtschaftsWoche“ den Arbeitsmarktexperten an der Universität Freiburg, Alexander Spermann. Es helfe den Beschäftigten, aus der Teilzeitfalle herauszukommen.

Spermann hält die Ausklammerung kleinerer Betriebe im Entwurf für sinnvoll. In kleineren Handwerksbetrieben mit nur wenigen Mitarbeitern sei ein Recht auf befristete Teilzeit unrealistisch, weil der Betrieb sonst seinen Aufgaben nicht nachkommen könne.

Übersicht: Wer welche Teilzeitmöglichkeiten hat

Seit 01.01.2019 stehen nach dem Gesetz dem Arbeitnehmer folgende Teilzeitformen mit gesetzlichem Rückkehrrecht auf Vollzeit zu:

Recht auf… Gesetzliche Grundlage Dauer  Erforderlicher Grund bei Betriebsgröße mit mehr als…
Elternzeit  Bundeselterngeld-
und Elternzeitgesetz (BEEG)
mindestens 2 Monate bei Wochenarbeitszeit zwischen 15 Stunden und 30 Stunden Betreuung des leiblichen, Adoptiv- oder Pflegekindes 16 Mitarbeitern
Pflegezeit Pflegezeitgesetz (PflegeZG) bis zu 10 Tage vollständig, 6 Monate teilweise Arbeitsfreistellung akute Pflegesituation eines nahen Angehörigen 16 Mitarbeitern
Familienpflegezeit  Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) höchstens 24 Monate ab 15 Stunden Wochenarbeitszeit (im Jahresdurchschnitt) häusliche Pflege eines nahen Angehörigen 26 Mitarbeitern
Brückenteilzeit Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) mind. 1 Jahr, max. 5 Jahre keine Begründung erforderlich 46 Mitarbeitern; Sonderregelung
bei 46 bis 200 Mitarbeitern Anspruch jedes 15., über 200 Mitarbeiter jedes Arbeitnehmers
Autor*in: Franz Höllriegel