Darlehen von Tochtergesellschaft an Muttergesellschaft – liegt eine vGA vor?
Die liebe Verwandtschaft. Man kann ihr auf so vielfache Weise etwas Gutes zukommen lassen – aber nein: über die Steuer muss es sein. Dabei kann man fast die Uhr danach stellen, wann der Finanzamtsprüfer eine vGA wittert. Zu Recht? Das FG Münster listet auf, wann er sich damit irrt.
Was ist so schlimm an einer vGA?
Sie kann zu erheblichen Nachzahlungen führen. Und zwar beispielsweise auch, wenn eine GmbH einem Gesellschafter ein Darlehen gewährt. In einer solchen Darlehensgewährung liegt häufig eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor.
Muss denn das Finanzamt ein solches Darlehen nicht steuerlich anerkennen?
Genau mit dieser Frage hatte sich jüngst das Finanzgericht (FG) Münster zu befassen. Dabei war die beherrschende Gesellschafterin – nennen wir sie Frau G. – an einer GmbH – die Firma „M“ für Muttergesellschaft – zu 90 Prozent beteiligt. Die M-GmbH hielt unter anderem 100 Prozent an einer weiteren GmbH als Tochtergesellschaft, also T-GmbH. Die T-GmbH führte mehrere Verrechnungskonten für Frau G., also für die Gesellschafterin der Muttergesellschaft der T-GmbH.
Die Verrechnungskonten wurden 2011 zusammengefasst. Dabei schloss man zum Zweck der Umschuldung einen Darlehensvertrag. Aufgrund dieses Vertrages schuldete Frau G. der T-GmbH einen Darlehensbetrag von 720.000 Euro. Die Frage, vor der die Richter mithin standen, war. Ist ein von einer GmbH an die beherrschende Gesellschafterin der Muttergesellschaft gewährtes Darlehen steuerlich anzuerkennen?
Was machten die Richter daraus?
Sie listeten eine Reihe von Punkten auf, unter welchen dies der Fall ist (FG Münster, Urteil vom 15.05.2019, Az.: 13 K 2556/15). Zunächst schauten sie sich genauer die Bestimmungen des Darlehensvertrages an. Er sah folgendes vor:
- jährliche Tilgung von einem Prozent,
- Verzinsung von vier Prozent jährlich,
- keine Besicherung des Darlehens.
Zum Zeitpunkt des geschlossenen Darlehensvertrags war der Rückzahlungsanspruch der T-GmbH voll werthaltig. Das bestritt auch niemand. Für die Rückzahlung behielt man monatlich eine Rate von 3.000 Euro von dem Gehalt ein, das die T-GmbH an Frau G. zahlte.
Alles in Butter also?
In den ersten beiden Jahren nach Abschluss des Darlehensvertrags ja. Bis dahin hatte Frau G. 13.000 Euro getilgt. Doch dann erzielte die T-GmbH wirtschaftlich schlechtere Ergebnisse. Sie kürzte 2013 das Gehalt von Frau G. Deswegen wurde die Darlehenstilgung ausgesetzt. In der Folgezeit kam es weder zu einer Erhöhung des Gehalts von Frau G. noch zu einer Wiederaufnahme der Tilgung.
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Naja, soll vorkommen. Was hat das Finanzamt damit zu tun?
Bei einer steuerlichen Außenprüfung roch es Unrat. Die Darlehensvereinbarung von 2011 sei eine vGA gewesen. Sie halte einem Fremdvergleich nicht stand, insbesondere wegen der langen Laufzeit. Normalerweise, d.h. bei einem Darlehen an jemanden fremden, nicht zum Unternehmen gehörigen Darlehensnehmer hätte niemand eine so lange Laufzeit zugestanden.
Leuchtet ein – oder?
Nicht der M-GmbH, das gegen einen entsprechenden Bescheid des Finanzamtes klagte. Und nicht dem FG Münster, das die Klage zugunsten der M-GmbH beschied. Das Ansicht der Richter sei die steuerliche Anerkennung nicht zu versagen:
- nicht wegen der langen Laufzeit,
- nicht wegen der fehlenden Besicherung des Darlehens.
Die Richter sahen auch keine Anhaltspunkte gegen die Ernsthaftigkeit der schriftlichen Darlehensvereinbarung. Zudem sei aufgrund einer Tilgung in Höhe von 13.000 Euro in den ersten beiden Jahren nach Darlehensabschluss nicht zu erwarten gewesen, dass das Darlehen zu einem überwiegenden Teil nicht getilgt werde.
Was bedeutet der Richterspruch für Sie als GmbH?
Die Finanzrichter in Münster setzten eine Vermögensverminderung bei der GmbH voraus und gingen von da aus auf die für die Annahme einer vGA maßgeblichen Punkte genau ein:
- Keine Vermögensminderung allein durch den ausgezahlten Darlehensbetrag,
- Vermögensminderung bei nicht ernstlich vereinbartem Darlehen,
- vGA bei späterem Verzicht auf Darlehensrückzahlung möglich,
Eine Vermögensminderung ist nicht schon anzunehmen, weil Sie als GmbH bei einem Darlehensvertrag einen Darlehensbetrag ausreichen. Dem steht grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch als aktives Betriebsvermögen gegenüber. Haben Sie hingegen schon von vornherein das Darlehen nicht ernstlich vereinbart, führt das bereits zum Zeitpunkt der Hingabe des Darlehensbetrags zu einer Vermögensminderung. Hier steht der Darlehensgewährung von vornherein kein Gegenwert gegenüber, weil Sie ja davon ausgehen müssen, dass gar keine Rückzahlungsverpflichtung begründet werden soll. Daher ist in diesem Fall eine vGA anzunehmen.
Eine vGA lässt sich zudem auch vermuten, wenn Sie als GmbH später ausdrücklich oder stillschweigend auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten. Wird das Darlehen nach seiner Hingabe uneinbringlich, und haben Sie als GmbH unterlassen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung und zum Rückerhalt des Darlehens zu treffen, kommt das grundsätzlich einem Verzicht auf Rückzahlung gleich und begründet damit eine vGA.
Wie können Sie als GmbH einer Vermutung auf vGA vorbeugen?
Ganz einfach: Handhaben Sie die im Darlehensvertrag vereinbarten Modalitäten auch so und leben Sie sie tatsächlich! Und: Setzen Sie die Raten keinesfalls so niedrig an, dass lediglich die Zinsen gezahlt werden, aber keine Tilgung des Darlehens erfolgt.