Compliance: Das sollten Sie wissen!
Was dürfen Sie als Arbeitgeber bei einer Neueinstellung fragen? Eine falsche Frage, und Sie setzen sich dem Verdacht des Machtmissbrauches aus. Wann beginnt, wo hört er auf? Als Unternehmen legen Sie die Compliance vorsorglich fest – dann stimmt das Klima am Arbeitsplatz.
Was bedeutet Compliance?
Der Begriff „compliance“ leitet sich vom englischen Tätigkeitswort to comply ab, einhalten, befolgen. In der Geschäftswelt bedeutet er im Wesentlichen, dass Sie als Unternehmen Recht und Gesetz befolgen. Es geht dabei nicht nur um staatlich gesetztes Recht, sondern gleichfalls um Regeln und Richtlinien, die Sie als Unternehmen sich selbst zur Grundlage der Geschäftstätigkeit geben, also Dinge wie Redlichkeit und Integrität.
Unter Compliance im unternehmerischen Umfeld versteht man die Maßnahmen, die Ihr Unternehmen ergreift, um seine Geschäftstätigkeit und das Handeln seiner Mitarbeiter gesetzeskonform und redlich auszurichten. Nicht gemeint ist damit Vermeidung oder Aufdeckung von Gesetzesverstößen, die Mitarbeiter oder Management eines Unternehmens angeblich zum Wohle des Unternehmens begehen, wie z. B. beim Diesel-Skandal in der Automobilbranche. Die Einführung einer Compliance-Struktur soll vielmehr der Bekämpfung und der Aufdeckung von Gesetzesverstößen dienen, die Mitarbeiter in Betreff der Arbeitsbedingungen zulasten des Unternehmens begehen.
Wie führen Sie in Ihrem Unternehmen eine Compliance-Struktur ein?
Vor der Einführung einer Compliance-Struktur in Ihrem Unternehmen führen Sie eine Bestandsaufnahme durch. Sie enthält mögliche Arten von Compliance-Verstößen im Unternehmen. Je nach Branche Ihres Unternehmens und seinen eigenen Besonderheiten unterschiedliche, individuell zu berücksichtigende und zu bewertende Risiken. Strafrechtlich relevant und in besonderem Maße sogar rufschädigend sind z. B.:
- Steuerhinterziehungen
- Schmiergeldzahlungen
- Bestechung
- Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen
- Werksspionage
- sexuelle Belästigungen
Auf Basis der individuellen Auswertung können Sie als Unternehmen in der Folge Verhaltens- oder Ethikrichtlinien als Code of Conduct erstellen, in denen Sie verbotene oder unerwünschte und angestrebte Verhaltensweisen festlegen.
Inwiefern ist Compliance arbeitsrechtlich von Belang?
In zweierlei Hinsicht:
- Zum einen weist dieses Rechtsgebiet eine Vielzahl von Vorschriften auf,
- die straf- und bußgeldbewehrt sind und daher bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern zwingend einzuhalten sind.
- die als Verhaltensweisen in ihrer Erscheinungsform nicht oder noch nicht strafrechtlich relevant sind, aber das Arbeitsklima stark beeinträchtigen, wie z. B. Mobbing oder Bossing.
- Zum anderen stellt sich arbeitsrechtlich die Frage, wie Sie
- ein Compliance-System oder ein Code of Conduct in die Arbeitsverhältnisse einbauen,
- es kontrollieren und
- Nichtbefolgen sanktionieren können.
Welche Bereiche erfordern Ihre besondere Beachtung als Arbeitgeber?
Vorschriften, deren Einhaltung unbedingt in einem Compliance-Management beachtet werden müssen, sind z. B.:
- Regelungen zu
- Höchstarbeitszeit
- Ruhezeiten
- Sonn- und Feiertagsarbeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
- Jugendarbeitsschutz
- Mutterschutz
- Beschäftigtendatenschutz
- allgemeiner Arbeitsschutz
- Diskriminierungsverbote
- Scheinselbstständigkeit nach korrekter sozialversicherungsrechtlicher Statusfeststellung
- korrekte Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer
Welche Möglichkeiten zur Implementierung von Compliance-Regelungen haben Sie als Arbeitgeber?
Regel Nr. 1: Mitarbeiter einbinden! Um Ihr Compliance-System in Ihrem Unternehmen zu installieren, bedarf es der Akzeptanz und der Information Ihrer Mitarbeiter über die Compliance-Regelungen, damit sie verstehen, dass sie ihnen gegenüber verbindlich gelten. Zur verbindlichen Einführung der Compliance-Regelungen in die konkreten Arbeitsverhältnisse haben Sie als Arbeitgeber folgende Möglichkeiten:
- Weisungsrecht nach § 106 Gewerbeordnung (GewO): Grundlage für einseitig verbindlich Vorgaben von Ihnen als Arbeitgeber in zahlreichen compliance-relevante Bereiche. Danach sind Sie als solcher befugt, die arbeitsvertraglichen Pflichten Ihrer Arbeitnehmer hinsichtlich Art und Weise der Ausführung ihrer Tätigkeit sowie Ordnung und Verhalten Ihrer Arbeitnehmer im Betrieb zu konkretisieren. Begrenzt ist das Weisungsrecht durch:
- arbeitsvertragliche oder gesetzliche Regelungen
- Tarifverträge
- Betriebsvereinbarungen
Compliance-relevante Sachverhalte, die Sie grundsätzlich im Wege des Weisungsrechts vorgeben können, sind insbesondere:
- Vorgaben zum Umgang mit Untergebenen oder Kollegen
- Richtlinien zu Auftragsvergabe oder Einstellung von Personal zwecks Vermeidung von Vetternwirtschaft
- Vermeidung von Interessenkonflikten
- Verbot der Annahme von Geschenken und Leistungen aus dienstlichem Anlass auch ohne strafrechtliche Relevanz
- Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht
- Pflicht zur Anzeige von bestehenden oder bevorstehenden Personen-, Sach- oder Vermögensschäden
Verhaltensvorgaben, die den außerdienstlichen Bereich betreffen, können Sie durch Ihr Weisungsrecht als Arbeitgeber in der Regel nicht machen. Diesen setzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer Grenzen.
- Aufnahme in den Arbeitsvertrag
- Abschluss einer gesonderten Vereinbarung mit Ihren Mitarbeitern
- Abschluss einer Betriebsvereinbarung, soweit Ihr Betrieb einen Betriebsrat hat
Strafrechtlich sanktionierte oder bußgeldbewehrte Sachverhalte, die im Code of Conduct aufgeführt sind, brauchen Sie nicht gesondert für das Arbeitsverhältnis zu vereinbaren. Sie gelten aufgrund eines Gesetzes und sind daher von allen Beteiligten immer zu beachten. Die Erwähnung im Code of Conduct oder in betrieblichen Ethikrichtlinien wäre gleichwohl sinnvoll.
Wie können Sie als Arbeitgeber nicht durch das Weisungsrecht gedeckt Compliance-Regelungen einführen?
Bei vertraglichen Regelungen greift hier die AGB-Kontrolle, z. B.:
- Nebentätigkeits- oder
- Wettbewerbsverbote
Sind derartige Regelungen im bestehenden Arbeitsvertrag nicht enthalten, ist eine Änderung des Arbeitsvertrages oder eine separate Vereinbarung zur Geltung des Code of Conduct erforderlich. Sofern Ihr Mitarbeiter hiermit einverstanden ist, ist dies – wie bei Neueinstellungen – unproblematisch. Schwieriger ist die Lage, wenn Ihr Mitarbeiter im bestehenden Arbeitsverhältnis die nachträgliche Implementierung der Compliance-Regelungen ablehnt. In diesem Fall läge es an Ihnen als Arbeitgeber, eine Änderungskündigung auszusprechen, die Sie jedoch rechtlich nur in Ausnahmefällen durchsetzen könnten.
Was bedeutet AGB-Kontrolle?
Genau wie Arbeitsverträge unterliegen vertraglich vereinbarte Compliance-Regelungen den Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Ihre Compliance-Regelungen dürfen daher Ihren Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen und müssen klar und bestimmt, also für den juristischen Laien transparent und verständlich sein.
Können Betriebsvereinbarungen zur Lösung beitragen?
Nur bedingt. Existiert in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, können Sie als Arbeitgeber Compliance-Regelungen durch Betriebsvereinbarungen zur Geltung bringen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass Sie als Arbeitgeber nicht mit jedem einzelnen Mitarbeiter eine individuelle Vereinbarung zu treffen brauchen und die Regelungen jederzeit unter Mitwirkung des Betriebsrats selbst zum Nachteil Ihrer Arbeitnehmer ändern können. Allerdings sind Betriebsvereinbarungen über Compliance-Regelungen nur möglich, soweit der Betriebsrat zum Gegenstand der jeweiligen Regelung ein Mitbestimmungsrecht hat, z. B. bei Fragen der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Arbeitsverhalten und damit alle Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht im Verhältnis zwischen Ihnen als Arbeitgeber und Ihrem Arbeitnehmer konkretisiert wird, ist mitbestimmungsfrei. Auch in persönlicher Hinsicht ist die Reichweite von Betriebsvereinbarungen begrenzt. Geschäftsführer, Vorstände und leitende Angestellte fallen nicht unter das Betriebsverfassungsgesetz.
Können Sie als Arbeitgeber unbeschränkt kontrollieren, wo Sie wollen?
Nein. Kontrollen sind notwendig, aber nicht grenzenlos zulässig. Ein Compliance-System erreicht seinen Zweck nur, wenn die Regeln eingehalten, etwaige Verstöße aufgedeckt und sanktioniert werden. Die Compliance-Regelungen sollten Sie daher regelmäßig stichprobenartig oder anlassbezogen überwachen lassen, sofern konkrete Anhaltspunkte für Verstöße vorliegen oder z. B. durch ein Hinweisgebersystem bekannt werden. Auch hier halten Sie Grenzen ein, insbesondere:
- das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter
- die datenschutzrechtlichen Vorgaben:
- Kleinere Verstöße kann der Compliance-Beauftragte Ihres Betriebes selbst ahnden.
- Bei Verstößen, die eine größere Anzahl von Mitarbeitern betreffen, ist es ratsam, externe Berater, z. B. Rechtsanwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfer, einzusetzen.