25.05.2022

Betriebsrente: Wie nimmt der Gesetzgeber Sie als Arbeitgeber in die Pflicht?

Am Anfang war die Euphorie groß. Die Tarifvertragsparteien sollten die Betriebsrente gestalten. Der Gesetzgeber räumte ihnen Möglichkeiten dazu ein. Jetzt macht sich Katzenjammer breit. Das Sozialpartnermodell springt nicht an. Sie als Arbeitgeber kommen um Zuschüsse nicht herum.

Betriebsrente

Woran hapert es noch bei der Umsetzung des Betriebsrentengesetzes?

Ausgeschrieben heißt es „Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze“, kurz: Betriebsrentenstärkungsgesetze (BRSG). Seit gut anderthalb Jahren gelten in der betrieblichen Altersversorgung seine Änderungen.

Insbesondere die Beitragszusage im Sozialpartnermodell kommt nicht recht in Gang. Sie hatte die Diskussion im Gesetzgebungsverfahren maßgeblich bestimmt. Auch Optionssysteme und der bAV-Förderbetrag zu Gunsten von Geringverdienern haben, wie der Fachanwalt Dr. Thomas Frank, Mitglied der Praxisgruppe Pensions im Münchner Büro der internationalen Kanzlei Hogan Lovells im „Handelsblatt“ schreibt, noch nicht den gewünschten Verbreitungseffekt erzielt. Der Kern des Betriebsrentenstärkungsgesetzes sei bislang nicht in der Praxis angekommen.

Was bezweckt der Gesetzgeber mit dem BRSG?

Eigentlich soll das Gesetz die betriebliche Altersvorsorge (bAV) vor allem für Geringverdiener attraktiver machen. Um das zu erreichen, nimmt der Gesetzgeber auch Sie als Arbeitgeber in die Pflicht. Sie kommen als solcher seit diesem Jahr nicht mehr um den Zuschuss zur Entgeltumwandlung herum. Die entsprechende Regelung beruht auf der 2. Stufe des BRSG vom 17. August 2017.

Was sind Geringverdiener und worin liegt der eigentliche Nutzen für sie?

Geringverdiener im Sinne dieser Regelung ist, wer monatlich nicht mehr als 2.200 Euro brutto verdient. Zu deren Unterstützung hat der Gesetzgeber den Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung (kurz: bAV-Förderbetrag) geschaffen.

Wann leisten Sie als Arbeitgeber den Zuschuss?

Wenn Sie als Arbeitgeber,

  1. seit Januar 2019
  2. Ihren Arbeitnehmern Entgeltumwandlung mittels einer bestimmten Versorgungseinrichtung anbieten und
  3. hierdurch Sozialversicherungsbeiträge einsparen.

Sie leiten in diesem Fall einen Zuschuss von 15 Prozent vom Umwandlungsbetrag an die betreffende Versorgungseinrichtung weiter (§ 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz).

Welche Versorgungseinrichtungen sind gemeint?

Das Betriebsrentengesetz unterschiedet fünf Durchführungswege, unter denen Sie als Arbeitgeber wählen können:

  1. Direktzusage: Sie als Arbeitgeber verpflichten sich, Leistungen der bAV selbst zu erbringen. In Ihrer Bilanz bilden Sie Pensionsrückstellungen und tragen die daraus resultierenden Risiken grundsätzlich selbst. Direktzusagen stehen nicht unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
  2. Unterstützungskasse: Sie bedienen sich einer Einrichtung. Diese erhält Ihre Beiträge als Arbeitgeber und erbringt die Versorgungsleistungen. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf Leistungen gegenüber der Unterstützungskasse. Unterstützungskassen stehen ebenfalls nicht unter Aufsicht der BaFin.
  3. Direktversicherung: Sie als Arbeitgeber schließen eine Lebensversicherung bei einem Lebensversicherer ab. Ihr Arbeitnehmer ist versicherte Person und Bezugsberechtigter. Lebensversicherer stehen unter Aufsicht der BaFin. Europäische Rechtsgrundlage hierfür ist die Solvency II-Richtlinie (RL 2009/138/EG, ABl. L 335 vom 17.12.2009).
  4. Pensionskasse: Nach deutschem Recht sind dies die Lebensversicherer, die ausschließlich wegfallendes Erwerbseinkommen versichern. Sie stehen unter Aufsicht der BaFin. Europäische Rechtsgrundlage ist hier die Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV-Richtlinie – RL (EU) 2016/2341, ABl. EU L 354/37).
  5. Pensionsfonds: Eingeführt erst 2002, erbringen diese ausschließlich Leistungen der bAV. Sie sind nach deutschem Recht keine Versicherungsunternehmen und werden von der BaFin beaufsichtigt. Europäische Rechtsgrundlage für sie stellt wie bei Pensionskassen die EbAV-Richtlinie dar.

Die Verpflichtung gilt nicht für die Durchführungswege

  • Direktzusage und
  • Unterstützungskasse.

Sind die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung einzubeziehen?

Das hat der Gesetzgeber noch nicht klargestellt. Genauso wenig wie die Frage, ob nur die ersparten Beiträge gemäß § 28d SGB IV zugrunde zu legen sind. Diese Klärung steht also noch aus. Wenn Sie als Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge durch die Entgeltumwandlung einsparen, brauchen Sie auch keinen Zuschuss zu leisten. Dabei gelten für den Übergang folgende Regelungen (§ 26a BetrAVG):

  • Entgeltumwandlung ab 01.01.2019 vereinbart: Regelung gilt seit 01.01.2019
  • Entgeltumwandlung vor dem 01.01.2019 vereinbart: Regelung gilt ab 01.01.2022

Beispiel

Berechnung verpflichtender Arbeitgeberzuschuss:

Einkommen des Arbeitnehmers brutto/Monat 3.000,00 Euro
Entgeltumwandlung Monat 100,00 Euro

Verpflichtender Zuschuss des Arbeitgebers:

15 % des Umwandlungsbetrags pro Monat 15,00 Euro
Summe Entgeltumwandlung pro Monat 115,00 Euro

Ersparnis Sozialabgaben für Arbeitgeber:

19,425 % vom Umwandlungsbetrag pro Monat 19,43 Euro
verbleibende monatliche Ersparnis für Arbeitgeber (15 Euro Pflichtzuschuss minus 19,43 Euro gesparte Sozialversicherungsbeiträge) 4,43 Euro

Wie sieht es mit der Steuer dabei aus?

Wenn Sie als Arbeitgeber einen Beitrag für Geringverdiener an eine Versorgungseinrichtung leisten, können Sie sich über die Lohnsteuer für jeden Geringverdiener einen Betrag in Höhe von bis zu 144 Euro pro Kalenderjahr zurückholen (§ 100 EStG). Als Arbeitgeber verrechnen Sie den bAV-Förderbetrag mit der von Ihnen abzuführenden Lohnsteuer. Den steuerfreien Höchstbetrag der Entgeltumwandlung hat der Gesetzgeber von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzlichen Rentenversicherung (West) angehoben (§ 3 Nr. 63 Satz 1 EStG). Der sozialversicherungsfreie Höchstbetrag beträgt weiterhin vier Prozent.

Tipp der Redaktion

Dieser Beitrag beruht auf Artikeln aus dem „Lohn und Gehaltsprofi AKTUELL“ sowie aus dem Gmbh-Brief AKTUELL.

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Autor*in: Franz Höllriegel