Besonderheiten der kleinen AG
Was gilt für kleine Aktiengesellschaften, das für große nicht oder auch gilt? Wie bei Eltern gilt auch hier: sie haften alle für ihre "Kinder". Einer kleine AG besitzt zwar einen kleineren Gesellschafterkreis, vieles andere ist aber gleich wie bei der "großen" Aktiengesellschaft.
Was gilt für kleine Aktiengesellschaften, das für große nicht oder auch gilt?
Ein Blick auf die Besonderheiten zeigt einige Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede in einigen Punkten:
- Grundkapital einer Aktiengesellschaft: beträgt mindestens 50.000 Euro und ist typischerweise in Aktien zerlegt. Der Begriff Aktien bezeichnet nach Aktienrecht:
- einerseits das Beteiligungsrecht des Aktionärs
- andererseits die Aktienurkunde.
Dabei wird bei dieser Rechtsform unterschieden zwischen:
- Nennbetrags-Aktien: bei AG-Gründung und den Kosten auf einen gewissen Betrag bezogen
- Stück-Aktien: repräsentieren dagegen einen festgelegten Teil des Grundkapitals. Wie genau die Aufteilung der AG erfolgt, können die Gründer bei Gründung ihrer Aktiengesellschaft selbst festlegen.
Die Gründer bringen das Grundkapital auf durch:
- Übernahme der Aktien. Der Mindestnennbetrag pro Aktie ist mindestens ein Euro. Die Ausgabe nennwertloser Stückaktien ist jedoch zulässig.
- Einzahlung eines Geldbetrags
- Sacheinlagen
- Sachübernahmen. Dabei werden die Sachen in das Vermögen der Aktiengesellschaft überführt. Diesbezüglich lässt die Aktiengesellschaft dann eine Gründungsprüfung durch Gründungsprüfer durchführen.
Können die Gründer das Startkapital nicht vorweisen, können sie die AG nicht ins Handelsregister eintragen. Sie wäre damit nicht rechtsfähig. Wenn der Betrag bei der AG-Gründung vorliegt, werden die ersten Aktien verteilt. Kommen als Kosten für die AG-Gründung hinzu:
- die Bearbeitungsgebühren für die Eintragung ins Handelsregister,
- die Kosten für Notar und Abschlussprüfer.
Insgesamt sollten Sie als Gründer sich bei den Kosten Ihrer AG deshalb etwa 800 Euro einplanen, wobei sich die Kosten je nach Angebot und Ort der AG-Gründung unterscheiden können. In diesem Zusammenhang dürfte Sie als Unternehmen interessieren, wie Sie zum Grundkapital zwecks Gründung einer kleinen Aktiengesellschaft gelangen können. Lesen Sie hierzu unserem Beitrag „Gründung einer kleinen AG“.
- Rücklagenbildung: Kapitalgesellschaften, klein oder groß, bilden diese regelmäßig und weisen sie in der Bilanz gesondert aus. Folgende Vorschriften regeln:
- 272 Abs. 2 HGB: Kapitalrücklage.
- 110 Abs. 3 und 4: deren Entnahme bei einer Aktiengesellschaft. Auch Gewinnrücklagen sind möglich.
- 150 Abs. 2 AktG: Bildung von Rücklagen zum dauerhaften Schutz der Gläubiger in Höhe von fünf Prozent des Jahresüberschusses, abzüglich eines Verlustvortrages, zwingend bis zu einer Rücklagensumme von zehn Prozent des Grundkapitals der AG, danach gesetzlich Aktiengesellschaften nicht verpflichtend. Die Satzung kann dazu weitere freiwillige Verschärfungen bestimmen.
- Börsennotierung: Generell sind kleine Aktiengesellschaften zunächst nicht börsennotiert; sie können es jedoch sein. Dies erleichtert die Kapitalbeschaffung z.B. bei Erweiterungen.
Was ist unter Börsennotierung zu verstehen?
Als Börsennotierung bezeichnet das Portal „Trading.de“ das „erfolgreiche Durchlaufen des börsenrechtlichen Zulassungsverfahrens von fungiblen und handelbaren Wertpapieren (Effekten) an einem regulierten Markt“. Das heißt, die Wertpapiere können beliebig einsetzbar nach der Börsenzulassung an der Börse gehandelt werden. Infolgedessen ist der Emittent, d.h. sind Sie als ausgebendes Unternehmen an einige Zulassungsfolgepflichten gebunden, wie z. B., dass Sie als Aktiengesellschaft aktuelle, sogenannte Ad-Hoc-Mitteilungen verpflichtend veröffentlichen.
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Große Unternehmen lassen ihre Aktien demnach üblicherweise an mehreren Börsenplätzen im In- und Ausland notieren, um den Streubesitz und die Marktliquidität zu verbessern. Die Bayer AG beispielsweise lies ihre Aktien September 2007 an der NYSE (New Yorker Börse) und Oktober 2011 an der LSE (Londoner Börse) listen.
Bedingt durch den Online Handel oder Computerhandel Xetra beschränkt sich die Marktliquidität normalerweise auf den Hauptnotierungsplatz. „Trading.de“ hält im Gegensatz zu früher nicht mehr für so wichtig, an mehreren Börsen gelistet zu sein, vor allem weil das für das Unternehmen Kosten verursacht. Aus diesem Grund ziehen sich Firmen wieder von Börsenplätzen zurück.
Welche weiteren Besonderheiten weisen Aktiengesellschaften auf?
- Buchführung: Die Aktiengesellschaft
- legt bis zu zwölf Monate lange Geschäftsjahre fest.
- führt Handelsbücher, anhand derer sie nach Beendigung eines Geschäftsjahrs
- die Jahresbilanz sowie
- die Gewinn-und-Verlust-Rechnung vorlegt.
- Die Anforderungen hierbei unterscheiden sich je nach Größe der Gesellschaft. Für kleine Aktiengesellschaften reicht eine zusammengefasste Jahresbilanz. Im Gegensatz zur großen Aktiengesellschaft ist die kleine Aktiengesellschaft nicht zur Jahresabschlussprüfung verpflichtet.
Für eine Aktiengesellschaft gibt es klare Regeln zur Zusammensetzung des Jahresabschlusses und die Veröffentlichung, festgelegt im Handelsgesetzbuch (HGB). Danach gibt jede AG alle finanziellen Aktivitäten genau an und erstellt bei Gründung sowie zum Abschluss des Geschäftsjahres eine Bilanz. Dazu gehört ein Inventar, ein Verzeichnis über alle Vermögensgegenstände.
Diese Aufstellung der Rechtsform bildet mit der Bilanz zusammen den Jahresabschluss. Der Jahresabschluss der AG wird wiederum zusätzlich von einem Lagebericht ergänzt, der dann eine Gewinn- und Verlustrechnung enthält. Aktiengesellschaften müssen den Jahresabschluss und ihren Lagebericht zudem veröffentlichen. Beide Ausarbeitungen werden nach der AG-Gründung im Handelsregister angegeben.
Achten Sie besonders auf das Festschreiben von Buchungen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag „Stolperfalle Betriebsprüfung: Die Crux mit dem Festschreiben von Buchungen“.
- Haftung: Zwischen Vorstand und Aufsichtsrat besteht das Vertrauensprinzip. Der Aufsichtsrat kann davon ausgehen, dass der Vorstand wahrheitsgemäß über alle Belange der Geschäftstätigkeit unterrichtet.
Wie ist die Haftung in der Aktiengesellschaft geregelt?
Gemäß § 1 des Aktiengesetzes (AktG) haftet die AG
- als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit
- für die Verbindlichkeiten des Unternehmens
- gegenüber Gläubigern
- ausschließlich mit dem Gesellschaftsvermögen.
Die Höhe dieser Haftsumme ist von AG zu AG unterschiedlich und im Handelsregister eingetragen. Mit der Eintragung in das Handelsregister wird die Firma zur AG und sämtliche Verbindlichkeiten gehen auf die Aktiengesellschaft über. Bis dahin haften die Gesellschafter der AG persönlich, auch mit ihrem Privatvermögen. Es haftet:
- die Aktiengesellschaft gegenüber ihren Gläubigern mit ihrem Gesellschaftsvermögen
- der Aufsichtsrat für seine Handlungen. Er erfüllt seine Aufgaben sorgfältig und ordentlich und kommt somit seiner Überwachungspflicht nach. Er trägt alle Informationen zusammen, die notwendig sind, um die Kontrolle des Vorstands zu gewährleisten. Macht der Aufsichtsrat dies nicht oder fehlerhaft, unter bestimmten Umständen haftbar nach § 116 AktG. Die persönliche Haftung der Aufsichtsräte ist insbesondere im Innenverhältnis relevant. Entstehen dem Unternehmen finanzielle Verluste, weil der Aufsichtsrat beispielsweise nachweislich geplante Investitionen, Finanzierungen oder den Jahresabschluss der Gesellschaft nicht sorgfältig geprüft hat, haftet er persönlich für finanzielle Schäden. Das Gleiche gilt, wenn Aufsichtsratsmitglieder beispielsweise für einen Wettbewerber tätig sind und damit gegen ihre Treuepflicht verstoßen.
- der Vorstand einer Aktiengesellschaft prinzipiell für wirtschaftliche und sonstige Schäden, wenn ihm die Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht zur Last gelegt werden kann (§ 93 AktG).
Wie werden Haftungsansprüche durchgesetzt?
- Gegen den Vorstand der AG verantwortlich durch den Aufsichtsrat.
- der Aktionäre gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat nach einer Sonderprüfung. Diese kann entweder von der Hauptversammlung mit einer einfachen Mehrheit beschlossen oder gerichtlich angeordnet werden.
Sind damit alle Verletzungsmöglichkeiten der Pflichten in einer AG abgedeckt?
Nein. Das wechselnde politische und auch wirtschaftliche Umfeld sorgt dafür, dass eine feste Beschreibung für Sorgfaltspflichtverletzungen nicht komplett definierbar ist. Eine Aktiengesellschaft, egal in welcher Größe, trifft ab und zu riskante Entscheidungen, deren Folgen nicht vollständig absehbar sind.
Deswegen führte der Gesetzgeber 1997 aus dem amerikanischen Aktienrecht die Business Judgment Rule ein, die Ermessensfreiheit nach Geschäftslage. Nach der Negativformulierung in § 93 Abs. 1 AktG liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn:
- das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte,
- auf der Grundlage angemessener Information
- zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.
- über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, Stillschweigen bewahrt.
Diese Regel beschränkt die Haftung und ermöglicht es dem Vorstand, wirtschaftlich riskante Entscheidungen zu treffen, ohne für negative Entwicklungen persönlich zu haften. Nötig ist dies, da sich nachträglich die meisten Entscheidungen als Fehlentscheidungen und somit als Sorgfaltspflichtverletzung interpretieren lassen, wenn sie nicht zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen. Grundsätzlich richten sich Sorgfaltspflichten nach dem Maßstab eines normativen Vergleichsperson aus dem gleichen sozialen oder mit entsprechender Expertise und Verantwortung ausgestatteten Personenkreis.
Wenn Sie mehr über die Entstehungsgeschichte der kleinen AG erfahren wollen und darüber, was den Gesetzgeber zu deren Schaffung veranlasst hat, empfehlen wir Ihnen die Lektüre unseres Beitrages „Was unterscheidet die kleine AG von der großen?“.
Haften die Aktionäre?
Nein, jedenfalls nicht privat. Das private Vermögen der Aktionäre, des Vorstands und der Aufsichtsratsmitglieder bleibt in der Regel unberührt. Die Haftung einer Aktiengesellschaft als Rechtsform ist auf das Firmenvermögen beschränkt. Die Aktionäre haften laut „Gründer.de“ nicht mit ihrem Privatvermögen, sondern nur mit ihren Anteilen, also mit dem Wert ihrer Aktien. Sollte die AG zahlungsunfähig sein und vor der Insolvenz stehen, haften auch die Gläubiger nur mit dem Gesellschaftsvermögen. Somit ist das Privatvermögen der Gesellschafter bei der AG-Gründung nicht betroffen und es wird nur das Gesellschaftskapital für die Bezahlung der Schulden verwendet. Diese Haftungsbeschränkung ist allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft. Zudem greift sie erst mit der rechtswirksamen Gründung einer Aktiengesellschaft.