Bausteuerabzug: Für Unternehmer verpflichtend
Ehrlich währt am längsten. Was das angeht, hat die Politik offenbar ein ausbaufähiges Vertrauen in die Baubranche. Zum Ausbau trägt verbreitete Schwarzarbeit nicht gerade bei. Auch um der einen Riegel vorzuschieben, belegt der Staat bestimmte Bauleistungen mit einer Art Quellensteuer.
Um welche Quellensteuer handelt es sich?
Um die Bauabzugsteuer auf Vergütungen für Bauleistungen. Die offizielle Bezeichnung lautet den Regelungen zur Bauabzugsteuer in Abschnitt 7 des Einkommensteuergesetzes (§§ 48 bis 48d EStG) zufolge „Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen“.
Inwiefern ist das eine Quellensteuer?
Insofern als sie wie jede Quellensteuer nicht beim Steuerzahler selbst eingezogen, sondern direkt an der Quelle einbehalten wird – wie zum Beispiel die Lohnsteuer nicht beim Arbeitnehmer, sondern beim Arbeitgeber oder bei Kapitalerträgen wie Zinsen oder Dividenden nicht beim Aktionär, sondern bei der Bank.
Warum gibt es die Bauabzugsteuer?
Im Wesentlichen aus zwei Gründen hat man sie 2002 eingeführt:
- um illegale Beschäftigung im Baugewerbe zu unterbinden oder einzudämmen
- um – wie schon die offizielle Bezeichnung im EStG andeutet – dem Fiskus seinen Anspruch zu sichern auf:
- die Einkommensteuer
- die Körperschaftsteuer des Bauunternehmens
- die Lohnsteuer der bei der Ausführung des Auftrags eingesetzten Mitarbeiter.
Wer ist zum Bausteuerabzug verpflichtet?
Der Empfänger einer im Inland erbrachten Bauleistung, wenn er Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist. Unternehmer demnach ist, wer
- eine gewerbliche oder
- berufliche Tätigkeit
- selbstständig
- nachhaltig
- zum Zweck der Erzielung von Einnahmen ausübt.
Die Absicht, Gewinne zu erzielen, spielt – anders als bei der Einkommen- oder Gewerbesteuer – keine Rolle. Dabei umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Aus diesem Grund unterliegen Bauleistungen, die für ein im eigenen Unternehmen genutztes Gebäude erbracht werden, der Abzugspflicht.
Was macht steuerlich einen Unternehmer aus?
Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft. Sie bestimmen sich nach den Grundsätzen des UStG. Danach beginnt die Unternehmereigenschaft:
- mit dem ersten
- nach außen erkennbaren und
- auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden
- mit der Absicht der späteren Ausführung entgeltlicher Leistungen
- ernsthaft objektiv nachgewiesen oder glaubhaft gemacht
Unternehmen und Unternehmereigenschaft enden laut dem Bundesfinanzhof (BFH) erst, wenn Sie als Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt haben, die mit dem aufgegebenen Betrieb in Zusammenhang stehen (BFH, Urteil vom 21.03.1993, Az.: XI R 50/90).
Besteht für Sie als Vermieter Steuerabzugspflicht?
Wenn Sie mehr als zwei Wohnungen vermieten, ja. Unternehmer sind Vermieter und Verpächter als Auftraggeber von:
- Grundstücken
- Gebäuden
- Gebäudeteilen
Damit sind grundsätzlich abzugsverpflichtet Vermieter
- einer Eigentumswohnung; nicht jedoch von nicht mehr als zwei Wohnungen gemäß der Zweiwohnungsregelung
- eines Mehrfamilienhauses mit mehr als zwei Wohnungen
- eines gewerblich oder freiberuflich genutzten Gebäudes oder derart genutzter Gebäudeteile.
Bei der Vermietung eines einzelnen Zimmers ist die Nutzung der gesamten Wohnung entscheidend. Werden die übrigen Räume der Wohnung selbst genutzt oder unentgeltlich überlassen, brauchen Sie als Leistungsempfänger keinen Steuerabzug vorzunehmen. Vermieten Sie als Unternehmen alle Räume an mehrere Mieter, gilt hierfür die Zweiwohnungsregelung.
Welche anderen Konstellationen kommen in Frage?
- Wohnungseigentümergemeinschaft als Auftraggeber: als solche sind Sie umsatzsteuerlich der Unternehmer, da Sie Leistungen gegenüber den Eigentümern erbringen.
- Als Empfänger von Bauleistungen für das Gemeinschaftseigentum unterliegen Sie daher dem Steuerabzug. Ihr Verwalter nimmt den Steuerabzug vor oder achtet auf die Vorlage der Freistellungsbescheinigungen.
- Sind weniger als drei Wohnungen von den jeweiligen Eigentümern vermietet, entfällt die Steuerabzugsverpflichtung.
- Bei Bauleistungen für das Sondereigentum Eigentumswohnung ist der jeweilige Sondereigentümer als Leistungsempfänger zum Steuerabzug verpflichtet, wenn er die Wohnung nicht für eigene Wohnzwecke, sondern etwa zur Vermietung nutzt und er insgesamt mehr als zwei Wohnungen vermietet.
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Auftraggeber: etwa in Gestalt einer Arbeitsgemeinschaft können Sie als GbR und Leistungsempfängerin zum Steuerabzug verpflichtet sein. Ihren Steuerabzug nimmt der geschäftsführende Gesellschafter vor.
- Generalunternehmer als Auftraggeber: als solcher sind Sie Leistungsempfänger, der zur Erfüllung seiner Leistungspflicht Subunternehmer beauftragt, im Verhältnis zu welchen als Leister Sie daher Bausteuer abziehen. Gegenüber Ihrem Auftraggeber sind wiederum Sie als Generalunternehmer Leister. Gegenüber Ihnen als solche ist Ihr Auftraggeber steuerabzugsverpflichtet, sofern dieser Unternehmer ist.
- Nießbrauch: Hier sind Sie als Nießbrauchsberechtigter der Unternehmer. Der Nießbrauchsverpflichtete ist jetzt der Gebäudeeigentümer. Er ist nur bei entgeltlich bestelltem Nießbrauch als Unternehmen zu betrachten. Ist der Nießbrauch unentgeltlich bestellt, etwa bei Vorbehalts- oder Zuwendungsnießbrauch, ist mangels Einnahmeerzielungsabsicht keine Unternehmereigenschaft gegeben.
- Umsatzsteuerrechtliche Organschaften als Auftraggeber: sind Sie als Auftraggeber von Bauleistungen eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft, ist umsatzsteuerlich der Organträger der Unternehmer. Erbringt ein Dritter eine Bauleistung an eine der Organgesellschaften, zieht nicht die Organgesellschaft, sondern der Organträger die Bausteuer ab. Nimmt stattdessen die Organgesellschaft den Steuerabzug vor, wird die Finanzverwaltung dies nicht beanstanden.
- Sonstige Unternehmer als Auftraggeber: Abzugsverpflichtung besteht u.a. auch für:
- einkommensteuerlich als Liebhaberei beurteilte Unternehmen
- Freiberufler
- Kleinunternehmer nach § 19 UStG
- pauschalversteuernde Land- und Forstwirte
- Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen.
Berührt die Zweiwohnungsgrenze den Steuerabzug für Bauleistungen mit anderen unternehmerischen Zwecken?
Nein, sie bleibt davon unberührt. Besitzen Sie als Unternehmer mehrere betriebliche Gebäude, ein vermietetes Zweifamilienhause und ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Einfamilienhauses, zahlen Sie bei erbrachten Bauleistungen
- Bauabzugsteuer für die eigenbetrieblich genutzten Gebäude
- keine Bauabzugsteuer für das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Einfamilienhaus
- keine Bauabzugsteuer für das Zweifamilienhaus nach der Zweiwohnungsregelung
Ziehen Sie als Unternehmer Bausteuer für nichtunternehmerische Bereiche ab?
Nein, die Abzugsverpflichtung erstreckt sich nur auf den unternehmerischen Bereich von Ihnen als Auftraggeber bzw. Unternehmer. Betrifft eine Bauleistung dagegen allein den nichtunternehmerischen Bereich Ihres Unternehmers, entfällt der Steuerabzug. Nutzen Sie als Eigentümer ein Gebäude in vollem Umfang für eigene Wohnzwecke, gilt für Sie die Verpflichtung zur Bauabzugsteuer nicht.
Es gibt allerdings Fälle, in denen die Bauleistung für ein Bauwerk erbracht wird, das nur teilweise unternehmerischen Zwecken dient. Maßgeblich ist hier, ob die Bauleistung dem unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Teil des Bauwerks zuzuordnen ist. Ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, ist die Bauleistung dem Zweck zuzuordnen, der überwiegt. Den überwiegenden Zweck stellen Sie anhand des Wohn-Nutzflächen-Verhältnisses oder anderer sachgerechter Maßstäbe fest.
So kann es etwa sein, dass Sie als Eigentümer in einem Fünffamilienhaus eine Wohnung selbst bewohnen, die übrigen Wohnungen vermieten und in dem Haus neue Fenster einbauen lassen. Dann ordnen Sie folgendermaßen zu:
- Hinsichtlich Ihrer Vermietungstätigkeit als Eigentümer und Unternehmer: für den Einbau von Fenstern
- in den vermieteten Wohnungen unterliegt die anfallende Vergütung dem Steuerabzug
- in den Gemeinschaftsräumen wie Flure und Treppenhäuser gehört zur überwiegenden Nutzung aufgrund der Vermietung der größeren Anzahl an Wohnungen. Daher nehmen Sie als Eigentümer bei Ihrer Gegenleistung für die eingebauten Fenster den Steuerabzug vor.
- Als angestellter Jurist sind Sie nebenberuflich als Autor für einen Fachverlag tätig und lassen Wasserrohre in Ihrem älteren selbst genutzten Eigenheim erneuern. In dem Altbau befindet sich Ihr häusliches Arbeitszimmer. Zwar sind Sie hinsichtlich Ihrer Nebentätigkeit Unternehmer. Ein Steuerabzug findet aber nicht statt, weil die Bauleistung dem unternehmerischen Zweck nicht unmittelbar zugeordnet werden kann und die Wohnnutzung überwiegt.
Wer ist Leister?
Derjenige, der die Bauleistung erbringt:
- im Inland
- für die Sie als Unternehmer von seiner Gegenleistung 15 Prozent in Steuerabzug bringen und
- an das Finanzamt abführen
Dazu gilt Folgendes:
- Nur die Bauleistung zählt. Für den Steuerabzug ohne Bedeutung ist:
- ob der leistende Bauunternehmer als Auftragnehmer seinen Sitz im Inland oder Ausland hat
- ob die Erbringung von Bauleistungen zum Unternehmenszweck des Leisters gehört
- ob er mit seinem Unternehmen überwiegend Bauleistungen verrichtet
- ob er nur ausnahmsweise gegenüber einem Unternehmer eine Bauleistung erbringt
Muss ein Leister seine Leistung selbst erbringen?
Nein, Leister ist auch derjenige, der eine Leistung abrechnet, ohne sie selbst erbracht zu haben. Das ist etwa der Fall bei einem Generalunternehmer, der selbst nicht als Bauunternehmer tätig wird, aber die Leistungen der von ihm beauftragten Subunternehmer mit dem Leistungsempfänger abrechnet. Daher nehmen Sie als Leistungsempfänger bzw. Unternehmer den Steuerabzug auch von der Vergütung vor, die Sie an einen Generalunternehmer bezahlen.
Auch eine Personengesellschaft oder eine Arbeitsgemeinschaft kann Leister sein. Dabei ist zu beachten, wer die Bauleistung erbringt. Geschieht das durch einen Partner der Arbeitsgemeinschaft aufgrund eines eigenen Vertrags, ist dieser Partner der Leister.
Die Abrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit den Eigentümern über Bauleistungen ist keine Abrechnung über nicht selbst erbrachte Leistungen, die der Abzugssteuer unterliegt. Erbringt eine Organgesellschaft Bauleistungen an Dritte bzw. Leistungsempfänger, die außerhalb des umsatzsteuerrechtlichen Organkreises stehen, ist die Organgesellschaft Leister.
Was ist eine Bauleistung?
Jede Leistung zur:
- Herstellung
- Instandsetzung
- Instandhaltung
- Änderung
- Beseitigung von Bauwerken.
Dabei ist der Begriff des Bauwerks weit auszulegen. Er umfasst nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Dazu gehören etwa
- Brücken
- Straßen
- Tunnel
- Versorgungsleitungen
- Windkraftanlagen.
Zudem fallen unter den Begriff des Bauwerks
- Scheinbestandteile eines Gebäudes nach § 95 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), also vorübergehend mit dem Grund und Boden verbundene Bestandteile wie beispielsweise eine Standard-Einbauküche
- Betriebsvorrichtungen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) wie etwa Maschinen und maschinenähnliche Vorrichtungen sowie
- technische Anlagen, wenn sie zum Bauwerk gehören oder ein solches darstellen.