Ausbildung – diese rechtlichen Spielregeln müssen Sie kennen!
Fachkräfte fehlen allenthalben. Das kann man beweinen. Mehr bringt es allerdings, das Problem bei den Hörnern zu packen. Vorausschauende Betriebe bilden selbst aus. Dabei sollte man ein paar Spielregeln beachten.
Ist der Fachkräftemangel wirklich so schlimm, wie immer behauptet wird?
Ja. Nicht nur die Medienberichte über Fachkräftemangel häufen sich. Auch jede Privatperson spürt den Mangel an qualifizierten Fachkräften sehr deutlich. So führen beispielsweise Restaurants zunehmend Schließtage ein, auf einen Handwerker gilt es mitunter Wochen oder gar Monate zu warten, und wer häufiger auf der Autobahn unterwegs ist, kennt die Plakatierungen an LKWs, über die „Kollegen gesucht“ werden. Unternehmen haben den Fachkräftemangel in einigen Branchen oder Regionen bereits vor Jahren deutlich zu spüren bekommen. Nun kommen die Auswirkungen des Fachkräftemangels in der breiten Öffentlichkeit an. Für Unternehmen wird der Fachkräftemangel mehr und mehr zum Geschäftsrisiko, das ihre Wettbewerbsfähigkeit zu mindern droht. Zudem werden in den nächsten Jahren langjährige Mitarbeiter der Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand gehen, so dass sich die Nachfrage der Unternehmen nach Fachkräften weiterhin verstärken wird. Bereits heute werden mehr Ausbildungsplätze angeboten, als nachgefragt werden. Dadurch eröffnet sich ein neues Wettbewerbsfeld unter Betrieben: der Run auf den Nachwuchs. Betriebe müssen Antworten darauf finden, warum leistungsstarke Jugendliche ihre Zukunft mit einer dualen Ausbildung beginnen sollten oder welche Unterstützungsmöglichkeit dabei hilft, um Leistungsschwächere erfolgreich zum Berufsabschluss zu führen. Die deutsche Wirtschaft investiert daher jedes Jahr in die Ausbildung ihres Nachwuchses rund 23 Milliarden Euro. Die Ausbildung junger Menschen im eigenen Betrieb ist laut einer Umfrage des DIHK das beste Mittel, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen.
Wer garantiert, dass Selbstausbilden ein Erfolg wird?
Niemand, aber man kann etwas Vorsorge treffen, um die Wahrscheinlichkeit, dass es einer wird, zu erhöhen. Regel Nr. 1: geheiligt sei der Anfang! Auf die Auswahl des geeigneten Kandidaten kommt es an. Als hilfreich hat sich dabei ein Anforderungsprofil herausgestellt. Dafür legen Sie als Betrieb die berufsspezifischen, persönlichen und sozialen Kompetenzen fest. Gestützt auf diese kann Ihr Betrieb systematisch abgleichen, ob der Bewerber die Mindest- und Wunschvoraussetzungen für den Ausbildungsplatz mitbringt. Es bietet Ihnen bei der Suche nach einem geeigneten Auszubildenden wertvolle Hilfe, egal ob Ihr Betrieb selbst aktiv Auszubildende sucht oder auf Blindbewerbungen zurückgreift.
Haben Sie die Auswahl abgeschlossen, sollte Ihr Arbeitgeber die Formalitäten mit dem Bewerber zügig abschließen und beide den Ausbildungsvertrag unterschreiben, damit der Azubi nicht weiter nach anderen Ausbildungsplätzen sucht und womöglich ein besseres Angebot findet. Der Abschluss eines Ausbildungsvertrages ist zwar keine Garantie dafür, dass der Auszubildende die Stelle auch tatsächlich antritt. Aber der Vertragsschluss ist nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) ohnehin Pflicht. Deswegen sollte er zeitnah erfolgen. Bei minderjährigen Auszubildenden muss der gesetzliche Vertreter – in der Regel die Eltern – den Ausbildungsvertrag abschließen. Tatsächlich beschäftigt werden dürfen sie erst dann, wenn sie innerhalb der letzten Monate vor der Einstellung ärztlich durch Attest nachgewiesen untersucht worden sind.
Welche Kriterien muss der Ausbildungsvertrag erfüllen?
Laut BBiG muss er mindestens festhalten z.B.:
- Art der Ausbildung,
- ihr Ziel,
- Ausbildungsdauer,
- Vergütung,
- Urlaub,
- Vereinbarung einer Probezeit von mindestens einen und höchstens vier Monate.
Jede Seite kann den Vertrag während der Probezeit ohne Angabe von Gründen mit sofortiger Wirkung kündigen. So kann der Auszubildende sehen, ob ihm der Ausbildungsberuf liegt. Beide Seiten können zudem überprüfen, ob sie nach der Probezeit noch bis zum Ausbildungsende zusammenarbeiten wollen. Ist die Probezeit abgelaufen, kann der Ausbildungsbetrieb einem Azubi nur noch dann kündigen, wenn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegt. Es ist allein aus diesem Grund ratsam, sich dem Azubi während der Probezeit intensiv zu widmen.
Unser Azubi kommt mit dem Umgang im Betrieb nicht zurecht: was tun?
Das kommt öfters vor. Sie als Ausbildungsbetrieb können auch gar nicht erwarten, dass jeder Azubi mit den Gepflogenheiten und Umgangsformen in der Berufswelt auf Anhieb vertraut ist. Schließlich kennen sie Ihren Betrieb ja noch gar nicht. Außerdem haben nicht alle Auszubildenden den gleichen schulischen und familiären Hintergrund. Es ist daher hilfreich, wenn Ihr Betrieb den Auszubildenden vom Ausbildungsbetrieb einen Leitfaden zur Verfügung stellt. Er sollte Informationen über wichtige Gesichtspunkte enthalten wie z.B.:
- betriebliche Abläufe
- Ordnung im Betrieb
- Pausenregelungen
- Verfahren bei Arbeitsunfähigkeit
- Hierarchien
- Weisungsbefugnisse
- Ansprechpartner
Es hat sich zudem bewährt, wenn Sie den Auszubildenden am ersten Tag der Ausbildung nicht einfach kommentarlos in die Belegschaft einreihen, sondern ihn ausdrücklich im Betrieb vorstellen. Bei mehrere Neueinstellungen für das beginnende Ausbildungsjahr bietet sich eine Hauptveranstaltung zur Einführung an. Dabei begrüßen Auszubildende aus dem zweiten oder dritten Lehrjahr ihre neuen Kollegen und machen sie mit den wichtigsten Punkten vertraut.
Was sind unsere Pflichten als Ausbildungsbetrieb?
Die Hauptpflicht des Ausbilders besteht darin, dem Azubi die Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, um die Ausbildungsziele zu erreichen. Er sollte sich dabei möglichst an die jeweilige Ausbildungsordnung halten. Weichen Sie als Ausbildungsbetrieb davon ab und besteht der Azubi die Prüfung deswegen nicht, machen Sie sich als Ausbildungsbetrieb unter Umständen sogar schadenersatzpflichtig. Zur ordnungsgemäßen Ausbildung gehört außerdem, dass Sie als Ausbildungsbetrieb dem Azubi die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe, zur Verfügung stellen, nicht allerdings Bücher, die der Azubi ausschließlich in der Berufsschule benötigt.
Gehört die Freistellung für Schulbesuch dazu?
Ja. Sie müssen als Ausbildungsbetrieb Azubis für den Besuch der Berufsschule sowie Prüfungen freistellen. Beginnt die Berufsschule vor 9 Uhr, dürfen Sie Ihn vor dem Schulbesuch nicht im Betrieb beschäftigen, nachher ja, wenn er volljährig ist und seine tägliche Ausbildungszeit noch nicht abgelaufen ist. Minderjährige, die mehr als fünf Unterrichtsstunden haben, dürfen Sie an diesem Tag hingegen nicht mehr beschäftigen. Das gilt allerdings nur für einen Berufsschultag in der Woche.
Gilt Mindestlohn für Azubis?
Nein, darauf haben Azubis keinen Anspruch. Azubis müssen eine angemessene Vergütung erhalten. Deren Höhe können Sie bei Handwerkskammern erfragen. Aber: gesetzlicher Mindesturlaub steht Azubis zu. Wer minderjährig ist, hat abhängig vom Lebensalter sogar bis zu eine Woche mehr Urlaub. Wenn der Azubi dies wünscht, sollte der wesentliche Teil des Urlaubs während der Berufsschulferien gewährt werden.
Was für Pflichten kommen auf den Auszubildenden zu?
Erste Pflicht eines Auszubildenden ist es, sich die Fertigkeiten und Kenntnisse anzueignen, die für das Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind. Darüber hinaus ist er dazu verpflichtet,
- die ihm bei der Ausbildung übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
- die Berufsschule zu besuchen,
- an Ausbildungsmaßnahmen, für die sie freigestellt wurden, teilzunehmen,
- Weisungen von dazu befugten Personen zu befolgen (Ausbildende, Ausbilder und andere Vorgesetzten),
- das Berichtsheft zu führen,
- die betriebliche Ordnung zu beachten,
- Werkzeuge, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
- über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren.
Schon allein aufgrund ihres in der Regel jungen Alters erzählen Azubis nicht selten alles Neue und Spannende sofort weiter und nutzen hierfür insbesondere soziale Medien. Sie als Ausbildungsbetrieb sollten deshalb die Auszubildenden zu Beginn der Ausbildung darauf hinweisen, dass sie sich an die arbeitsrechtliche Treuepflicht halten müssen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder sonstige Interna nicht ausplaudern dürfen.
Wie verfahren wir als Ausbildungsbetrieb nach Ausbildungsende?
Ausbildungsverhältnisse werden befristet abgeschlossen. Für ihre Beendigung sind mehrere Varianten vorstellbar:
- Sie als Ausbildungsbetrieb kündigen Ihren Azubi nicht während der Probezeit oder ausnahmsweise im weiteren Verlauf der Ausbildung oder durch Aufhebungsvertrag. Dann endet das Ausbildungsverhältnis regulär automatisch mit dem Ablauf der Ausbildungszeit.
- Will Ihr Ausbildungsbetrieb einen Azubi nicht übernehmen, müssen Sie das Ausbildungsende unbedingt als Frist vermerken. Es ist in diesem Fall ein Gebot der Fairness, dem Azubi das schnellstmöglich mitzuteilen, damit er sich nach einer Anschlussbeschäftigung umsehen kann.
- Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit, endet das Ausbildungsverhältnis bereits mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses.
- Beschäftigen Sie den Azubi einfach weiter ohne ausdrückliche Vereinbarung, kommt nach § 24 BBiG am ersten Tag der Weiterbeschäftigung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande. Da die Ausbildungszeit angerechnet wird, besteht für dieses Arbeitsverhältnis bei entsprechender Betriebsgröße von mehr als zehn Arbeitnehmern dann sogar Kündigungsschutz. Sie sollten ihn in diesem Fall aber frühzeitig darüber informieren. Lassen Sie ihn da im Unklaren, bewirbt er sich wahrscheinlich anderweitig und verlässt möglicherweise den Betrieb. Auch hier schläft die Konkurrenz nicht. Für Unternehmen wird es immer schwieriger, offene Ausbildungsplätze zu besetzen. Laut einer neuesten DIHK-Umfrage blieben in mehr als jedem dritten Betrieb (34 Prozent) Ausbildungsplätze unbesetzt. Mehr und mehr Unternehmen erhalten gar keine Bewerbungen mehr. 17.000 Unternehmen erhielten gar keine Bewerbungen mehr. Das sind noch einmal rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr.