09.03.2023

Aufhebungsvertrag zur sofortigen Unterschrift ist wirksam

Wie beenden Sie als Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis? Eine der rechtssichersten Methoden wäre wohl der Aufhebungsvertrag. Sie brauchen Ihrem Mitarbeiter nicht einmal eine Bedenkzeit einzuräumen. Das geht aber nur, wenn der Vertrag fair zustande gekommen ist.

Aufhebungsvertrag zur sofortigen Unterschrift

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter hat seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag vollkommen verletzt und Sie wollen ihn am liebsten sofort loswerden. In diesem Fall haben Sie zwei Möglichkeiten:

  • eine fristlose Kündigung: eine solche könnte unter Umständen vor Gericht kippen.
  • Sie bewegen Ihren Mitarbeiter dazu, freiwillig zu gehen.

Zum Zweck letzterer Variante unterschreibt er Ihnen einen Auflösungs- oder Aufhebungsvertrag oder eine Aufhebungsvereinbarung. Er muss dies freiwillig tun, zwingen können Sie als Arbeitgeber ihn nicht, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Ihr Mitarbeiter hat es also mit in der Hand, ob es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags kommt oder nicht. Das ist keineswegs von Vornherein ausgemacht; schließlich verzichtet der Mitarbeiter mit einem Aufhebungsvertrag auf wichtige Arbeitnehmerrechte. Stimmt Ihr Mitarbeiter Ihrem Aufhebungsvertrag nicht zu und möchten Sie als Arbeitgeber trotzdem fürderhin auf seine bezahlte Mitarbeit verzichten, müssten Sie ihm kündigen. Dazu brauchen Sie einen Grund, der gegebenenfalls vor einem Arbeitsgericht standhält.

Was sollte im Aufhebungsvertrag stehen?

  • Genauer Termin, wann das Arbeitsverhältnis enden soll.
  • Bei langen Kündigungsfristen frühere Beendigungsmöglichkeit des Arbeitsverhältnisses durch Ihren Mitarbeiter, wenn er zum Beispiel eine neue Stelle gefunden hat.
  • finanzieller Anreiz für den Fall der vorzeitigen Beendigung durch zusätzliche Abfindung statt Gehalt, so genannte Sprinterklausel
  • Zahlung einer Abfindung
  • Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Beendigungstermin
    • widerruflich oder
    • unwiderruflich.
  • Zahl noch zustehender Urlaubstage
  • Geleistete und zu entgeltende Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto Ihres Mitarbeiters
  • Zeugnis: besondere Formulierungswünsche („Wohlwollend“ o.ä.); jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Kommen Sie als Arbeitgeber dem nicht nach, riskieren Sie ein Zwangsgeld oder Zwangshaft, wie Sie dem Beitrag „Arbeitgeber riskiert Zwangsgeld oder Zwangshaft, wenn er kein Arbeitszeugnis ausstellt“ entnehmen können.
  • Regelungen zur Geheimhaltung
  • Rückgabe von Schlüsseln und Arbeitsmitteln.

Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Aufhebungsvertrag und einer Kündigung?

  • Keine Kündigungsfrist: Bei einem Aufhebungsvertrag finden die üblichen Kündigungsfristen keine Anwendung.
  • Kein Kündigungsschutz: Als Arbeitgeber brauchen Sie bei einem Aufhebungsvertrag keine Vorgaben nach dem Kündigungsschutzgesetz zu beachten, wie z.B. bei:
    • einer betriebsbedingten Kündigung
    • Schwangerschaft
    • Elternzeit
    • Schwerbehinderung
  • Kein Betriebsrat: Ein Mitspracherecht wie bei einer Kündigung etwa unter sozialen Gesichtspunkten über Möglichkeiten anderweitiger Verwendung im Betrieb hat ein vorhandener Betriebsrat nicht. Bei einem Aufhebungsvertrag entfällt eine solche Prüfung.

Was sind die formellen Voraussetzungen für einen Aufhebungsvertrag?

Schriftliche Form bei Aufhebungsverträgen ist unerlässlich für Sie als Unternehmen, das sich von Mitarbeitern trennen will. Egal ob kurz oder ausführlich, ihr Inhalt wird wesentlich bestimmt von der konkreten Situation des betreffenden Mitarbeiters. Ganz wichtig ist dabei, dass der Aufhebungsvertrag schriftlich und korrekt abgefasst ist. Um wirksam zu sein, ist bei einem Aufhebungsvertrag Voraussetzung:

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  • Schriftform: Für das Unternehmen unterschreiben Sie als Arbeitgeber, ein Mitarbeiter Ihrer Personalabteilung oder ein Prokurist Ihres Unternehmens sowie Ihr betreffender Arbeitnehmer (§ 623 BGB). Nicht rechtswirksam sind Aufhebungsverträge per
    • E-Mail
    • Fax
    • mündlich
  • Betriebsübergang: ein Aufhebungsvertrag zwecks Umgehung der Unzulässigkeit der Kündigung wegen eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4 BGB) kann unwirksam sein.
  • Verbot von Überrumpelung: Vertrag ist möglicherweise unwirksam bei Zwang zur sofortigen Unterzeichnung, aber nicht immer.

Mehr zu den Formalitäten lesen Sie in unserem Beitrag „Unternehmen lassen bei Aufhebungsverträgen besser Umsicht walten“.

Was sagt die Rechtsprechung zur sofortigen Unterzeichnung?

Sie erklärt einen Aufhebungsvertrag mit dem Zwang zur sofortigen Unterschrift unter Umständen für wirksam. So hat das BAG 1992 schon entschieden (Urteil vom 16. Januar 1992, Az. 2 AZR 412/91) und ist davon 30 Jahre später nicht abgewichen (BAG, Urteil vom 24.02.2022, Az. 6 AZR 333/21). In diesem letzteren Fall hatte ein Arbeitgeber eine für den Verkauf zuständige Teamkoordinatorin im Bereich Haustechnik zu einem Personalgespräch in das Büro des Geschäftsführers einbestellt. Außer dem Geschäftsführer war auch ein Fachanwalt für Arbeitsrecht anwesend. Bei dem Gespräch warf die Arbeitgeberseite der Arbeitnehmerin vor, unberechtigt Einkaufspreise in der EDV abgeändert oder sogar herabgesetzt zu haben, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Der Geschäftsführer legte ihr einen vorbereiteten Aufhebungsvertrag vor, der u. a. eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende des Monats vorsah.

Unterzeichnete die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag?

Ja, aber erst, nachdem Sie um eine längere Bedenkzeit gebeten hatte, um einen Rechtsanwalt konsultieren zu können, und die Arbeitgeberseite dem nicht entsprochen hatte. Wenige Tage später erklärte sie die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung, da ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung eine fristlose Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden sei. Außerdem habe der Geschäftsführer mit der Ablehnung einer längeren Bedenkzeit gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen. Nach zehn Minuten war die Tinte unter dem Vertrag trocken und die Dame zog vor das Arbeitsgericht, weil sie dieses Prozedere nicht für faires Verhandeln hielt. Sie klagte auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, hatte damit letztlich aber keinen Erfolg, nachdem sich die Vorinstanzen nicht ganz einig waren.

Selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellen würde, dass sich die Situation und das Gespräch im Geschäftsführerbüro genauso zugetragen haben, so wäre die vermeintliche Drohung nicht widerrechtlich gewesen. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) stellt die Androhung einer fristlosen Kündigung sowie der Erstattung einer Strafanzeige keine widerrechtliche Drohung dar. Ein verständiger Arbeitgeber habe diese Maßnahmen in der konkreten Situation ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen. Der Aufhebungsvertrag sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des fairen Verhandelns und damit gegen Treu und Glauben unwirksam. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss des Aufhebungsvertrages von der sofortigen Unterschrift abhängig gemacht habe, sei noch nicht als Verstoß gegen dieses Gebot zu werten. Auch wenn die Dame sich unmittelbar entscheiden musste, hatte sie zumindest Entscheidungsfreiheit. Der Aufhebungsvertrag war damit trotz vermeintlicher Drohung wirksam.

Wonach richtet sich, ob Zwang zur sofortigen Unterzeichnung erlaubt ist?

Nach dem jeweiligen Einzelfall. Ob ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung von dessen jeweiligen Umständen ab. Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang z. B., wurde der Aufhebungsvertrag vereinbart:

  • an einem ungewöhnlichen Ort,
  • zu einem ungeeigneten Zeitpunkt oder
  • zu sonstigen außergewöhnlichen Umständen.

Wiegen die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter besonders schwer, dürfen Sie als Arbeitgeber sogar einen Aufhebungsvertrag vorlegen, den dieser nur sofort ohne weitere Bedenkzeit annehmen kann.

Kann Ihr Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag widerrufen?

Nein, auch dann nicht, wenn dieser nicht am Unternehmensstandort, sondern in einer Privatwohnung des Arbeitnehmers geschlossen wurde. Wir berichteten in unserem Beitrag „Aufhebungsvertrag: Kein Widerruf möglich!“ in diesem Zusammenhang über ein entsprechendes BAG-Urteil.

Können Sie als Arbeitgeber in dem Aufhebungsvertrag Ihren Mitarbeiter zum Klageverzicht verpflichten?

Eine berechtigte Frage. Wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, wird in der Unternehmenspraxis oft eine sogenannte Klageverzichtsklausel vereinbart. Darin verpflichtet sich der Arbeitnehmer, mit Abschluss des Aufhebungsvertrags keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Das BAG verwies 2015 darauf, dass derartige Regelungen dem Arbeitnehmer grundsätzlich das ihm zustehende Recht nähmen, die Vereinbarung anzufechten oder die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsvertrags prüfen zu lassen. In dem konkreten Fall hatten die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen und darin einen Widerruf- und Klageverzicht vereinbart. Unser Beitrag „Aufhebungsvertrag: Ist eine Klageverzichtsklausel wirksam?“ befasst sich ausführlich mit dem Urteil und seinen Auswirkungen für Sie als Arbeitgeber.

Kann ein Aufhebungsvertrag bei Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses nützen?

Ja, er kann. Grundsätzlich endet ein Ausbildungsverhältnis automatisch mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit. Das ist in § 21 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Es verlängert sich nicht über die vereinbarte Zeit hinaus bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, wenn diese erst später stattfindet. Wenn Sie als Ausbildungsbetrieb oder Ihr Azubi aber einsehen, dass eine erfolgreiche Fortsetzung der Ausbildung nicht möglich ist, sollten Sie zunächst immer das Gespräch suchen.

Wenn alles nichts hilft und Sie alle Vermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, vereinbaren Sie einen Aufhebungsvertrag als eine Art agreement to disagree. Aufgrund von § 23 BBiG besteht eine Schadensersatzpflicht bei vorzeitiger Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses nach der Probezeit. Daher nehmen Sie als Arbeitgeber tunlich in den Aufhebungsvertrag eine Regelung auf, wonach keine gegenseitigen Schadensersatzansprüche bestehen. Was Sie als Arbeitgeber in einer solchen Situation sonst beachten sollten, lesen Sie in unserem Beitrag „Das müssen Sie als Arbeitgeber bei der Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses beachten!“.

Autor*in: Franz Höllriegel