Arbeitszeugnis: Rückdatierung nur bei rechtzeitiger Forderung
Ist ein Arbeitgeber verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auf den letzten Arbeitstag rückzudatieren? Das LAG Rheinland-Pfalz sieht den Arbeitgeber nicht grundsätzlich in der Pflicht zu einer Rückdatierung.
Wann ein Arbeitszeugnis ausgestellt werden sollte
Ein Arbeitszeugnis sollte in der Regel am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden – das heißt, es sollte auch dieses Ausstellungsdatum enthalten. Liegt das Datum weit nach Beschäftigungsende, wirft das Fragen auf.
Das deutet beispielsweise darauf hin, dass es rechtliche Streitigkeiten um das Arbeitsverhältnis oder das Arbeitszeugnis gegeben haben könnte. Viele Arbeitnehmer drängen daher auf eine Rückdatierung. Nach Ansicht des LAG Rheinland-Pfalz soll der Arbeitgeber jedoch nicht grundsätzlich verpflichtet sein, ein Arbeitszeugnis rückzudatieren (Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.01.2018, Az. 2 Sa 332/17).
Zweieinhalb Jahre gewartet und dann Rückdatierung?
In dem entschiedenen Fall hatte das Arbeitsverhältnis am 30.04.2014 durch einen gerichtlichen Vergleich geendet. Laut Vergleich durfte der ehemalige Mitarbeiter einen Zeugnisentwurf vorlegen. Erst rund zweieinhalb Jahre später – am 03.11.2016 – forderte dieser seinen ehemaligen Arbeitgeber auf, ihm ein Arbeitszeugnis auszustellen. Einen Entwurf legte er jedoch nicht vor.
Knapp zwei Wochen später erhielt er ein Arbeitszeugnis mit dem aktuellen Datum. Der Mitarbeiter verlangte nun vor Gericht die Rückdatierung des Arbeitszeugnisses auf den Tag seines Ausscheidens.
Keine Rückdatierung durch eigene Nachlässigkeit
Der Arbeitgeber sei zu einer Rückdatierung nicht verpflichtet, erklärte das LAG. Der Arbeitnehmer habe im Verlauf von zweieinhalb Jahren weder ein Zeugnis verlangt noch einen Entwurf vorgelegt. Die verspätete Ausstellung des Zeugnisses sei daher auf seine eigene Nachlässigkeit zurückzuführen.
Wann der Arbeitnehmer ein Recht auf Rückdatierung hat
Verlangt der Arbeitnehmer das Zeugnis jedoch rechtzeitig und ist die verspätete Zeugnisausstellung auf eine Verzögerung auf Seiten des Arbeitgebers zurückzuführen, hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Rückdatierung (BAG, Urteil vom 09.09.1992, Az. 5 AZR 509/9).
Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Für den Arbeitnehmer ist das Zeugnis eine Dokumentation seiner bisherigen Karriere, eine Visitenkarte, eine Empfehlung für zukünftige Arbeitgeber. Die meisten Mitarbeiter nehmen daher das Thema Arbeitszeugnisse heute sehr genau. Viele achten ganz besonders darauf, welche Formulierungen der Arbeitgeber verwendet hat und ob das Zeugnis den formellen Anforderungen gerecht wird.
Nicht selten steht eine Berichtigung des Zeugnisses auf der Tagesordnung. Jährlich 30.000 Klagen vor den Arbeitsgerichten auf Erteilung oder Berichtigung eines Arbeitszeugnisses sprechen für sich. Grund genug für einen Arbeitgeber, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Alle Voll- oder Teilzeitbeschäftigten, haupt- oder nebenberuflich tätigen Arbeitnehmer einschließlich der leitenden Angestellten, Auszubildenden, Volontäre und Praktikanten sind anspruchsberechtigt, d.h., haben ein Recht auf ein Arbeitszeugnis. Das Gleiche gilt auch für Organvertreter ohne oder mit nur unwesentlichen Geschäftsanteilen, die keinen Einfluss auf die Gesellschaftsbeschlüsse haben (KG Berlin, 06.11.1978 – BB 79, 988).
Gesetzlich geregelt ist der Zeugnisanspruch für alle Arbeitnehmer in § 109 GewO. Danach ist der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ein schriftliches Arbeitszeugnis auszustellen, das mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthält. Auf Wunsch des Mitarbeiters können sich die Angaben darüber hinaus auf die Leistung und das Sozialverhalten (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
Auch die ursprüngliche Anspruchsnorm (§ 630 BGB) gilt weiter. Sie regelt den Zeugnisanspruch innerhalb von Dienstverhältnissen, z.B. für GmbH-Geschäftsführer, die keine Gesellschafter sind, sowie für arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter, Einfirmenvertreter (§ 92a HGB ) und den sogenannten kleinen Handelsvertreter (§ 84 Abs. 2 HGB).
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