21.10.2019

Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier?

Ein Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier lässt nicht auf ein unzulässiges Geheimzeichen schließen. Der Arbeitnehmer hat daher kein Recht darauf, dass der Arbeitgeber das Zeugnis auf ungelochtem Papier ausstellt, wenn dieser es regelmäßig im Geschäftsverkehr verwendet und das für die Branche üblich ist.

Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier

Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier kann rechtmäßig sein

Die Idealvorstellung sieht so aus: Ein Arbeitszeugnis muss auf blütenweißem Geschäftspapier ausgestellt werden, kein Knick, kein Fleck, kein Loch, keine Tackernadel, kein Schreibfehler. Dass sich dieses Ideal in der Realität nicht immer durchsetzen lässt, beweisen zahlreiche Urteile.

So gibt zum Beispiel das Bundesarbeitsgericht vor, dass der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis falten darf, um es in einem Briefumschlag zu versenden – zumindest solange sich keine Knicke beim Kopieren abzeichnen (BAG, Urteil vom 21.09.1999, Az.: 9 AZR 893/98). Auch Tackernadeln sind in Ordnung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.11.2017, Az.: 5 Sa 314/17).

Gelocht oder nicht gelocht?

Doch wie sieht es mit gelochtem Geschäftspapier aus? Ob das bei einem Arbeitszeugnis so gut ankommt? Das dachte sich wohl auch die Angestellte eines Baubetriebs, als sie nach 40 Jahren in der Firma ein Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier in Händen hielt.

Inhaltlich hatte sie nichts an dem Arbeitszeugnis auszusetzen, sie hielt aber die Lochung des Papiers für absolut unüblich. Da sie vermutete, es könnte als unzulässiges Geheimzeichen gedeutet werden, bat sie ihren Arbeitgeber um eine erneute Ausstellung auf ungelochtem Papier. Der Bauunternehmer sträubte sich allerdings, da er seit vielen Jahren ausschließlich gelochtes Geschäftspapier verwende. Das sei durchaus branchenüblich.

So wie es in der Branche Usus ist

Es kam, wie es kommen musste: Der Fall landete vor Gericht. Die Richter gaben jedoch der Arbeitgeberseite Recht. Grundsätzlich müsse das Zeugnis nicht nur inhaltlich, sondern auch formal in Ordnung sein. So weit, so gut. Der Arbeitnehmer habe jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses zum Beispiel ein bestimmtes Papier, eine bestimmte Schriftart oder ein bestimmtes Papierformat verwende.

Was aber am meisten zähle, das seien die Gepflogenheiten der Branche, in welcher ein Arbeitnehmer tätig sei. Darüber hinaus käme es auch auf die Größe eines Unternehmens an. An ein international tätiges Unternehmen seien etwa andere Anforderungen zu stellen als an einen kleinen Handwerksbetrieb. Wenn man das Zeugnis an diesen Vorgaben messe, habe der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch der ehemaligen Mitarbeiterin in ausreichender Weise erfüllt.

Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitszeugnis auf gelochtem Geschäftspapier einem unvoreingenommenen Leser mit Branchenkenntnissen eine Kritik an dem Zeugnisempfänger signalisiert (Arbeitsgericht Weiden, Urteil vom 09.01.2019, Az.: 3 Ca 615/18).

Autor*in: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa (Die Rechtsanwältin ist Autorin zahlreicher Fachbücher und unsere Expertin für Rechtsthemen.)