07.08.2017

Angestellte zurückholen aus Urlaub: geht gar nicht

Krise in Berlin. Da kann es schon passieren, dass Kabinettsmitglieder aus dem Urlaub zurückgeholt werden. Auch bei leitenden Angestellten wird Bereitschaft im Notfall erwartet. Gilt das auch für Mitarbeiter auf unteren Ebenen? Nein. Sie müssen noch nicht einmal im Urlaub erreichbar sein.

Angestelle zurückholen aus Urlaub?

Urlaub ist zum Erholen da

Die Koffer sind gepackt oder das Hotelzimmer längst bezogen. Die meisten Beschäftigten nutzen den August, um ihren Jahresurlaub zu nehmen. Nicht nur für sich selber. Häufig sind auch die Kinder mit von der Partie. Entsprechend dünn besetzt sind dann im Sommer viele Büros oder Werkshallen.

Und dann kommt die Mail oder der Anruf vom Arbeitgeber: Ferien unterbrechen, Anwesenheit dringend erforderlich. Solche „Rückrufaktionen“ sind nur in Ausnahmefällen möglich, berichtet jetzt der „Bayerische Rundfunk“ (BR). Wenn der Arbeitgeber eine Kraft dringend braucht, kann er sie nur schwer aus den Ferien zurückholen.

Zurückholen aus Urlaub? Nein!

Hat der Arbeitgeber den Urlaub erst einmal bewilligt, dann dürfen die Beschäftigte ihn voll genießen. Dabei ist es gleich, ob sie die Tage zu Hause auf dem Balkon, an der italienischen Adria oder sonst wo verbringen. Urlaub dient der Erholung, und zwar vom ersten bis zum letzten Tag, zitiert der Sender in einem Beitrag das Gesetz.

Eine solche Rückrufaktion käme nur in Frage, wenn äußerst dringende und unvorhersehbare betriebliche Gründe vorlägen. Als Beispiel nennt der Beitrag eine nur durch die Sachkompetenz des urlaubenden Mitarbeiters vermeidbare Insolvenz einer Firma. Liege eine solche Notlage nicht vor, habe man es im Streitfall schwer, einen Rückruf auch vor Gericht zu rechtfertigen. Ein angeblich personeller Engpass in der Ferienzeit reiche nicht. Der Arbeitgeber hätte eben anders planen müssen, bevor er die freien Tage bewilligte.

Kosten für Rückflug oder Stornogebühr

Bei diesem Zurückholen aus Urlaub gilt aber: Für anfallende Kosten wie Rückflug oder Stornogebühr müsse der Arbeitgeber dann aufkommen. Die ausgefallenen Urlaubstage müssten zu einem anderen Zeitpunkt bewilligt werden. Um Streit zu vermeiden, rät der BR zu vorherigen Absprachen über eventuelle Rückrufaktionen.

Kann der Arbeitgeber wenigstens verlangen, dass seine Angestellten im Urlaub E-Mails lesen oder ans Handy gehen? Auch hier sieht es für den Arbeitgeber nicht so gut aus. „Als regulärer Arbeitnehmer muss ich im Urlaub nicht erreichbar sein“, zitiert auf „shz.de“ Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Heidelberg. Viele nähmen die Arbeit aber trotzdem mit in die Ferien. Nach einer aktuellen Umfrage im Auftrag des IT-Verbands Bitkom sind sieben von zehn Arbeitnehmern auch im Urlaub erreichbar.

Keine Pflicht zu ständiger Erreichbarkeit

Wer das nicht tut, muss aber keine Konsequenzen befürchten. Für den Urlaub von Arbeitnehmern greifen die Schutzrechte – sogar in einem Notfall, sagt Eckert. So könne der Chef einen Arbeitnehmer zwar versuchen zu kontaktieren, etwa, wenn dieser ein wichtiges Passwort für den Server habe. Auch dann gebe es aber, so Eckert, keine Pflicht zur ständigen Erreichbarkeit. Eckert: „Das ist rein freiwillig.“

Anders stelle sich der Fall weiter oben auf der Karriereleiter dar. Abteilungsleiter zum Beispiel müssten erreichbar sein, um Fristen für Verträge oder Kündigungen einzuhalten. Eckert: „Da ist die Erreichbarkeit ja oft auch im eigenen Interesse.“ Geschäftsführer seien ohnehin keine Arbeitnehmer im rechtlichen Sinne und genössen damit auch nicht deren Schutzrechte. Eckert: „Diese sind dann auch im Urlaub zunächst Vertreter des Unternehmens und müssen eventuell entsprechend erreichbar sein.“

Zurückholen aus Urlaub – Rechtsprechung im Urlaubsrecht

In den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung im Urlaubsrecht zulasten der Arbeitgeber geändert, schreibt „Personaltipp AKTUELL“ in seiner neuen Ausgabe (10/2017 August). Durch bestimmte Klauseln im Arbeitsvertrag könnten die Folgen jedoch abgeschwächt werden. Welche das sind, darüber alles Wissenswerte im Newsletter mit aktuellem Arbeitsrecht für Personalmanager und Arbeitgeber.

Autor*in: Franz Höllriegel