22.06.2017

Anbieter von kostenlosen Apps sollen haften

EU-Ministerrat verabschiedet Position zum digitalen Verbraucherrecht. Nur Bares ist Wahres. Wahr ist dann aber: was bezahlt wurde und nicht funktioniert, muss nachgebessert werden. Gilt das auch bei kostenlosen Angeboten? In der digitalen Welt könnte das Wirklichkeit werden. Der EU-Ministerrat plant eine Richtlinie für das Prinzip „Daten als Währung“.

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Verbraucherrecht für digitale Inhalte

Der EU-Ministerrat hat vergangene Woche eine EU-Richtlinie zum Vertragsrecht für digitale Inhalte beschlossen. Er will damit auf EU-Ebene ein spezielles Verbraucherrecht für digitale Güter einführen wie

  • Apps,
  • Musik,
  • Filme oder
  • Spiele sowie
  • online erbrachte Dienstleistungen.

Bitkom: Daten als Währung

Experten sind skeptisch. Der Digitalverband Bitkom befürchtet die erstmalige Einführung des Prinzips „Daten als Währung“ in EU-Recht. Zum Beispiel würde eine zwar kostenlos, im Gegenzug aber gegen persönliche Daten zum Download angebotene App genauso behandelt wie eine kostenpflichtige. Mit allen Gewährleistungsrechten der Verbraucher wie z.B. auch bei kostenlosen Angeboten wie

  • Reparatur,
  • Updates oder
  • Rückgabe.

Ansprüche auf App-Reparatur ohne Realitätsbezug

„Gerade bei kostenlosen Angeboten wie Apps oder Spielen gehen Ansprüche auf Reparatur an der Realität vorbei“, warnt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Von der Regelung wären seiner Ansicht nach die vielen kleinen Anbieter von kostenlosen Apps betroffen. In vielen Fällen ständen hinter Apps keine kommerziell tragfähigen Geschäftsmodelle. Der Gesetzgeber schieße mit solchen Verpflichtungen weit über das Ziel hinaus. Gerade Start-ups, die mit innovativen Lösungen schnell auf den Markt kommen, wären durch solche Vorschriften überfordert und könnten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Anbietern erleiden, die auf anderen, weniger streng reglementierten Märkten wachsen können.

Letzter Ausweg: Rückabwicklung des Geschäftes

Für den Anbieter hat eine Reparatur oder Nachbesserung keinen Sinn. In der Praxis würden deshalb Gewährleistungsansprüche bei kostenlosen digitalen Gütern nach Ansicht des Bitkom immer auf die Rückabwicklung des Geschäftes hinauslaufen. Der Verbraucher müsste die App löschen und bekäme seine Daten zurück. Genau letzteres Verbraucherrecht hat er aber bereits durch die neue europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Danach kann jeder Nutzer ohne Angabe von Gründen die Löschung seiner Daten verlangen. Rohleder: „Das neue Vertragsrecht für digitale Inhalte gibt dem Verbraucher ein Recht, das er schon heute hat. Dem Verbraucher wird damit nicht geholfen, auf die Anbieter kostenloser digitaler Inhalte kommt aber große Unsicherheit zu.“

Mängelrechte in der realen Welt

Ist in der realen Welt ein Werk mangelhaft, kann der Besteller nach § 634 BGB unter bestimmten Voraussetzungen die dort genannten Mängelrechte geltend machen. Die Art und Weise der Geltendmachung und insbesondere der Zeitpunkt sind zum Teil in der Rechtsprechung heftig umstritten. Über eine grundlegende neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in dieser für Unternehmen bedeutsamen Frage berichtet „Meisterbrief AKTUELL“ in seiner neuen Ausgabe (8/2017 Juni). Von einer Währung „Daten statt Geld“ ist dort allerdings nicht die Rede.

Autor*in: Franz Höllriegel