Abschiebepolitik gefährdet Unternehmen
Politik lässt Mittelstand bei Abschiebungen allein. Nach dem Terroranschlag in Kabul letzte Woche will die Bundesregierung Afghanen vorerst begrenzt zurückschicken. Das Auswärtige Amt soll erst die Sicherheitslage neu bewerten. Unternehmer hierzulande fühlen sich unterdessen mit eingestellten Flüchtlingen von der Politik allein gelassen.
Gesellschaftliche Mammutaufgabe
Es ist gar nicht lange her: eine Welle der Willkommenskultur ergriff die Politik in hehren Worten. Sie rief vor allem die Unternehmer auf, Asylbewerbern eine Chance zu geben. Sie könnten hierdurch die „gesellschaftliche Mammutaufgabe“ der Integration voranbringen. Viele tausend Unternehmer vor allem in Bayern als erstem Berührungspunkt für die Masse der Flüchtlinge 2015 mit Deutschland waren bereit, genau das zu tun. Ohne Vorurteile und ohne Angst vor dem Fremden schaffte der Mittelstand flächendeckend in ganz Bayern eine Vielzahl von Stellen.
Erfolgsgeschichte wird zum Problem
Was wie eine Erfolgsgeschichte klingt, entwickelt sich nun mehr und mehr für viele Unternehmer zu einem handfesten Problem. Die Politik zumal im Freistaat hat sich von ihren Phrasen von einst weitgehend offenbar verabschiedet. Die neuen Arbeitnehmer lässt sie ohne Vorlauf innerhalb weniger Wochen abschieben. Ausnahme: die neuen Arbeitnehmer fallen unter die 3 + 2-Regelung, befinden sich also in einem förmlichen Ausbildungsverhältnis.
Unrentable Investition
In der Praxis wird regelmäßig nach etwa fünf bis sechs Monaten abgeschoben, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die neuen Arbeitnehmer gerade geschult, eingearbeitet und damit endlich in der Lage sind, ihre Aufgabe vollwertig und selbständig zu erfüllen, berichtet der Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V. (BDS). Zurück bleibe eine nicht besetzte Stelle, eine unrentable Investition in einen Mitarbeiter und das Problem, den Betrieb wieder so umzubauen, dass der abrupte Wegfall eines Mitarbeiters nicht den Betriebsablauf gefährdet.
Freistaat lässt Unternehmer im Regen stehen
Der Freistaat Bayern lasse seine Unternehmer bei der Abschiebung integrierter Flüchtlinge und Asylbewerber im Regen stehen. Versprechungen, man wolle jeden gemeldeten Einzelfall persönlich anschauen, seien bislang keine Taten gefolgt. BDS-Vorstand Martin Busch berichtete Bayerns Innenminister Joachim Hermann bereits im Februar den brisanten Fall der Firma BK Kunststoffrecycling. Von ursprünglich sechs festen Mitarbeitern hätten zum damaligen Zeitpunkt bereits zwei Mitarbeiter eine Abschiebeverfügung erhalten. Der erste sei bereits abgeschoben, dem zweiten drohe die Abschiebung diesen Monat.
Keine Antwort vom Minister
Die im März auch schriftlich nachgefasste Einzelfallschilderung an Minister Herrmann sei bislang unbeantwortet geblieben. Zudem verliere das Unternehmen nun mit Ausnahme des Praktikanten alle weiteren Mitarbeiter, die mit kurzen Fristen von vier Wochen zur Rückkehr in ihr Heimatland aufgefordert wurden. Von den sechs aufgebauten festen Stellen seien nun innerhalb weniger Monate alle wieder unbesetzt, schreibt der BDS in einer Mitteilung an die Presse.
Bei Vorwarnung deutsche Arbeitnehmer bevorzugt
„Wie wir das kompensieren sollen, wissen wir nicht. Wir kommen echt in Probleme,“ zitiert der Bund darin Bartholomäus Ziegelmeier, Inhaber BK Kunststoffrecycling. Hätte man ihnen einst ehrlich gesagt, dass die neuen Mitarbeiter vielleicht nur fünf oder sechs Monate arbeiten, bevor sie ohne Vorwarnung ausgewiesen werden, hätte sein Unternehmen sicher weiter nach deutschen Arbeitnehmern gesucht und keine Asylbewerber angestellt. Ziegelmeier: „Wir waren stolz auf unseren Beitrag zur Integration, jetzt sind wir nur noch enttäuscht!“
3+2-Regelung ein Work-Around?
Doch Not macht zwar erfinderisch: BK Kunststoffrecycling versucht nun, ihre Mitarbeiter durch Ausbildungsverträge an sich zu binden und damit die 3+2-Regelung für sich nutzbar zu machen. Hier ständen jedoch die Chancen auf Genehmigungen der Behörden für eine unterjährig beginnende Ausbildung nicht besonders gut.
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