21.11.2019

Abfindung für Arbeitsplatzverlust: So berechnen Sie die Steuer

Ein Mitarbeiter muss gehen. Das ist nicht schön, aber manchmal nicht zu vermeiden. Sie müssen es zwar nicht, aber als mitfühlender Arbeitgeber geben Sie ihm eine schöne Abfindung mit auf den Weg. Oder weil Sie so einen Rechtsstreit abkürzen. Aber haben Sie dabei die Steuer bedacht?

Abfindung Steuer

Müssen Sie als Arbeitgeber einen scheidenden Mitarbeiter abfinden?

Ein gesetzlich definiertes Recht darauf gibt es nicht. Aber als Arbeitgeber können Sie einem Mitarbeiter eine Abfindung zusprechen. Beispielsweise, wenn er seinen Arbeitsplatz auf Grund der Umstände verliert. Grundlage dafür können Vereinbarungen zwischen Ihnen sein, die Sie vorausschauend für den Fall der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses getroffen haben. Oder aber Sie lagen im Streit vor Gericht, es kam zu einer Gütevereinbarung über einen finanziellen Ausgleich wegen sozialer Härte, um die Dauer des Rechtsstreits abzukürzen.

Fällt für eine solche Abfindung dann Steuer an?

Ja, grundsätzlich ist sie in voller Höhe für Ihren Mitarbeiter einkommensteuerpflichtig. Das heißt, Sie als Arbeitgeber ziehen bei der Lohnabrechnung diese Beträge für die Lohnsteuer ab und führen sie an Ihr Finanzamt ab. Das war nicht immer so. Bis 2006 hatte ein gekündigter Arbeitnehmer bei einer Abfindung einen steuerfreien Betrag von 7.200 Euro. Das war in § 3 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Dieser trat damals außer Kraft.

Tipp der Redaktion

Dieser Beitrag beruht auf Artikeln aus dem „Lohn und Gehaltsprofi AKTUELL“ (Ausgaben 09 und 10/2019).

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Wie hoch kann eine solche Abfindung ausfallen?

Je nach Dauer des gekündigten Dienstverhältnisses mehr als doppelt so hoch wie das regelmäßige jährliche Arbeitsentgelt. Gewöhnlich werden Sie Ihrem Mitarbeiter pro Jahr seiner Betriebszugehörigkeit ein halbes Monatsgehalt als Abfindung zusprechen. Das wiederum führt zu einer unverhältnismäßig hohen jährlichen Einkommensteuerbelastung für ihn.

Wie lässt sich diese Belastung abmildern?

Durch die Fünftelregelung. Was sie regelt, steht in § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG. Er soll die durch Zahlung einer Abfindung entstehende extreme steuerliche Mehrbelastung abschwächen. Für solche Extremfälle sieht er eine Steuerermäßigung auf die gezahlte Abfindung vor.

Wie berechnen Sie die Steuerermäßigung auf die gezahlte Abfindung?

  • Erst teilen Sie – dividieren Sie – die Abfindung durch 5. Das Ergebnis – den Quotienten – zählen Sie dann zum steuerpflichtigen Jahresarbeitsentgelt hinzu. Die Summe, Betrag A, ist die Ausgangszahl für die Berechnung Ihrer Einkommensteuer.
  • Nun ermitteln Sie die zu zahlende Einkommensteuer, die auf das reine steuerpflichtige Jahresarbeitsentgelt ohne Abfindung entfallen würde – Betrag B. Die Differenz zwischen Betrag A und Betrag B ist der Betrag, der sich ergeben würde, wenn Sie die Abfindung nur zu einem Fünftel an Ihren Arbeitnehmer ausgezahlt hätten.
  • Nun haben Sie aber Ihrem Mitarbeiter die Abfindung in einer Summe gewährt. Deshalb multiplizieren Sie nun die steuerliche Mehrbelastung, also die Differenz zwischen Betrag A und Betrag B, mit 5. Der Ergebnisbetrag als Produkt hieraus belastet die Abfindung Ihren Mitarbeiter somit steuerlich weniger.

Ein Tipp für Kirchgänger: Einige Kirchen erlassen auf Antrag bis zu 50 Prozent der auf die gezahlte Abfindung entfallenden Kirchensteuer, auch wenn es hierfür keine rechtliche Grundlage gibt. Den Antrag auf Erstattung können Sie formlos formulieren und zusammen mit einer Kopie des Einkommensteuerbescheides an die zuständige Kirchensteuerstelle senden.

Nehmen wir an, Sie haben einen Betrieb in Nordrhein-Westfalen und mussten eine Mitarbeiterin kündigen. Sie hat Steuerklasse 4, ist römisch-katholisch, und hat mit einem zu berücksichtigenden Kind ein Jahresbruttoarbeitsentgelt von 45.600 Euro. Da sie Ihr Unternehmen verlassen muss, zahlen Sie als ihr Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro.

Bei Anwendung der Fünftelregelung ergibt sich folgende steuerliche Abrechnung für die Abfindung:

Abfindung 10.000,00 €
– Lohnsteuer 3.445,00 €
– Kirchensteuer 310,05 €
– Solidaritätszuschlag 189,47 €
Auszahlung 6.055,48 €

Bei der Versteuerung der gezahlten Abfindung als sonstiger Bezug ergibt sich diese Berechnung:

Abfindung 10.000,00 €
– Lohnsteuer 3.061,00 €
– Kirchensteuer 275,49 €
– Solidaritätszuschlag 168,35 €
Auszahlung 6.495,16 €

In diesem Fall bekommt Ihre Arbeitnehmerin also nach der steuerlichen Behandlung als sonstiger Bezug mehr ausgezahlt als bei Anwendung der Fünftelregelung. Hier führen Sie also die abzuführende Steuer aufgrund der Behandlung als sonstigen Bezug durch.

Dann ist die Abrechnung als sonstiger Bezug günstiger?

Nicht immer. So möglicherweise nicht im gewünschten Maße, wenn Ihr Mitarbeiter, dem Sie kündigen mussten, ein sehr hohes Jahresarbeitsentgelt und die gewährte Abfindung ebenfalls überdurchschnittlich hoch ausfällt. In diesen Fällen kann es sich lohnen, die Auszahlung der Abfindung über mehrere Jahre zu strecken.

Aber auch sonst kann die Fünftelregelung für Ihren Mitarbeiter vorteilhafter sein. Um dies an einem praktischen Beispiel zu zeigen, nehmen wir wieder an, das ein Mitarbeiter, dem Sie kündigen, ein Jahresbruttoarbeitsentgelt von 30.000 Euro bezieht. Sie als sein Arbeitgeber zahlen ihm 5.000 Euro Abfindung. Ihr Mitarbeiter unterliegt Steuerklasse 3 und hat keine berücksichtigungsfähigen Kinder. Alle anderen Angaben bleiben wie bei unserer ersten Annahme oben.

Berechnen wir zunächst noch einmal nach der Fünftelregelung. Dann ergibt sich folgende Berechnung:

Abfindung 5.000,00 €
– Lohnsteuer 1.000,00 €
– Kirchensteuer 90,00 €
– Solidaritätszuschlag 55,00 €
Auszahlung 3.855,00 €

Und nun rechnen wir wieder die gezahlte Abfindung als sonstigen Bezug. Dann stellt sich die Berechnung wie folgt dar:

Abfindung 5000,00 €
– Lohnsteuer 1008,00 €
– Kirchensteuer 90,72 €
– Solidaritätszuschlag 55,44 €
Auszahlung 3845,84 €

Die Berechnung nach der Fünftelregelung kommt Ihren Mitarbeiter 9,16 Euro teurer – ein wenn auch kleiner Vorteil, diese Regelung ist deswegen zwingend anzuwenden.

Wir sehen: das birgt eine gewisse Ungewissheit für Ihren Mitarbeiter. Deswegen sollte er immer vorab eine Berechnung durchführen oder durchführen lassen, wenn eine Abfindung wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes ansteht. So kann er am besten die für ihn günstigere Lohnversteuerung ermitteln.

Autor*in: Franz Höllriegel