Die neue TA Luft
Fast zwei Jahre wurde verhandelt; zuletzt konnte ein Kabinettsbeschluss Ende 2020 den Bundesrat zur Zustimmung bewegen: Mit der Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt am 14.09.2021 ist es nun „amtlich“, dass die neu verfasste Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) am 01.12.2021 in Kraft tritt.
Das Regelwerk der TA Luft richtet sich zwar an die Behörden, wird jedoch im Rahmen der Umsetzung auf viele Anlagenbetreiber z.B. von Zementwerken, auf Unternehmen der Metallerzeugung, der chemischen Industrie und der Nahrungsmittelindustrie sowie auf Betreiber von Anlagen zur Bioabfallbehandlung und Recyclinghöfen Auswirkungen haben.
Die TA Luft besteht aus zwei Teilen:
- Der Immissionsteil beschreibt die Vorschriften, die Nachbarn der Anlagen und die Umwelt vor Schadstoffbelastungen schützen sollen. Auf dieser Basis wird in einem Genehmigungsverfahren geprüft, wie sich die Luftqualität voraussichtlich verändern wird und welche Auswirkungen auf Biotope in der Umgebung zu erwarten sind.
- Der Emissionsteil beschäftigt sich damit, welche Emissionswerte für konkrete Luftschadstoffe noch akzeptabel sind.
Auslöser und Treiber der Novellierung der TA Luft waren insbesondere zahlreiche EU-Vorgaben, die in nationales Recht umgesetzt werden mussten. Zudem gab es einige Anpassungen an den Stand der Technik.
Anwendungsbereich wurde erweitert
Da der Anwendungsbereich um neue Anlagen erweitert wurde, werden in Zukunft mehr Anlagenbetreiber den Vorschriften der TA Luft entsprechen müssen. So unterliegen jetzt auch Biogasanlagen, Anlagen zur Herstellung von Holzpellets sowie Schredderanlagen den TA-Luft-Vorschriften.
Achtung: Für manche Anlagenbetreiber kommt die TA Luft „durch die Hintertür“, nämlich über Schutzpflichten: Dadurch sind Anlagen, die eigentlich nach dem Bundes-Immissionsgesetz nicht genehmigungsbedürftig sind, z.B. im Bereich der Baugenehmigung, von der TA Luft betroffen.
Anpassung von Prüfverfahren an EU-Vorgaben
Neu ist auch die Aufnahme der Vollzugsempfehlungen von BVT-Schlussfolgerungen.
Hinweis Definition BVT
BVT steht dabei für „beste verfügbare Technik“, die für ein bestimmtes industrielles Vorhaben eines Unternehmens, das dem europäischen Immissionsschutzrecht unterliegt, gilt. Konkret werden in den BVT-Merkblättern Schwellenwerte und Intervalle für Emissionen festgelegt und Verfahren und Produktionsabläufe beschrieben.
Durch Aufnahme der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft sind nun die Prüfverfahren an die EU-Vorgaben angepasst.
Aufnahme neuer bzw. Re-Klassifizierung bisheriger Schadstoffe
Mit der Neufassung wurden neue Schadstoffe aufgenommen sowie bisher schon enthaltene Schadstoffe reklassifiziert.
- Betroffen sind vor allem Schadstoffe wie Dioxine, Furane, karzinogene, mutagene und reproduktionstoxische Stoffe.
- Ebenfalls betroffen sind klassische Massenschadstoffe wie Staub, Stickstoffoxide und Schwefeldioxid sowie organische Verbindungen.
- Im Bereich der Tierhaltung steht vor allem der Stoff Ammoniak im Zentrum der Neuregelungen.
Neue Auflagen für Tierhaltungsanlagen
Stärker als bisher sind Betreiber von Tierhaltungsanlagen verpflichtet, die Emissionen von Ammoniak und Feinstaub zu unterbinden. Zusätzlich müssen auch Stickstoffniederschläge in der Umgebung der Anlagen geprüft werden, was insbesondere bei der Genehmigung von Anlagen, die sich in der Nähe sensibler Biotope befinden, ein Problem sein kann. Ebenfalls ist für neu geplante Anlagen die Aufnahme der bisher landesrechtlich geregelten Geruchsimmissions-Richtlinien (GIRL) von Bedeutung. So sind für neue Anlagen ab einer bestimmten Zahl an Tieren Abluftreinigungen mit Zwangslüftungen vorgeschrieben. Bestehende Anlagen müssen nachgerüstet werden, sofern dies technisch möglich und verhältnismäßig ist. Unabhängig davon sind insgesamt die Emissionen für Staub, Ammoniak und Stickstoff um jeweils mindestens 70 % zu reduzieren.
Unterwegs in der TA Luft: Hier finden Sie die für Sie relevanten Änderungen!
Worüber möchten Sie mehr erfahren? |
zu finden in welchem Kapitel der TA Luft? |
Welche neuen Immissionswerte sind hinzugekommen? | Kapitel 4 |
Welche neuen Anlagenarten sind betroffen? | Kapitel 5 |
Welche Emissionsbegrenzungen haben sich verändert? | Kapitel 5 |
Welche Bestimmungen gibt es hinsichtlich der Schornsteinhöhe? | Kapitel 5 |
Wo finden sich die Regelungen hinsichtlich des Stoffes Ammoniak? | Anhang 1 und Anhang 11 |
Wie funktionieren die neuen Ausbreitungsrechnungen? | Anhang 2 |
Wo finde ich Informationen zur Deposition von Gasen und Stäuben? | Anhang 2 |
Welche neuen Räuigkeitslängen enthalten die Landnutzungsklassen? | Anhang 2 |
Wie funktioniert das neue Modell zur Berechnung der Abgasfahnenerhöhung? | Anhang 2 |
Wie sind jetzt meteorologische Daten zu prüfen? | Anhang 2 |
Wo finde ich die aufgenommene Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL)? | Anhang 7 |
Welche Vorschriften gibt es für die Deposition von Stickstoff bzw. zum Säureeintrag, wenn die Anlage in der Nähe eines FFH-Gebietes ist? | Anhang 8 |
Wie sind bei einer Stickstoffdeposition Pflanzen und Ökosysteme zu schützen? | Anhang 9 |
Wo finde ich die neuen Vorgaben, wie Qualitätsprüfungen von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung durchzuführen sind? | Anhang 12 |
Weitere Fragen und Antworten bietet die Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU):
Luftqualitäts-Richtlinie in Überarbeitung
Perspektivisch ist eine Novellierung der Luftqualitätsrichtlinie von der Europäischen Kommission angekündigt. Die WHO hat aktuell einen Vorschlag entwickelt, wie Richtwerte weiter gesenkt werden können.