21.05.2024

Strengere Grenzwerte, mehr Aufwand: die Änderung der EU-Industrieemissionsrichtlinie

Die Europäische Union schreibt sich auf die Fahnen, mit ihren Rechtsvorschriften die Schadstofffreisetzung durch Industriebetriebe deutlich reduziert zu haben. Der Europäische Rat setzt mit der nun verabschiedeten Revision der EU-Industrieemissionsrichtlinie (IED-Revision) diesen Weg fort. Hart wurde im Trilog-Verfahren um die Themen Beweislastumkehr und kollektive Schadensersatzklage gerungen – und mit der verabschiedeten Fassung eine Lösung gefunden.

EU-Industrieemissionsrichtlinie

Das wichtigste EU-Instrument zur Regulierung von Emissionen durch Industrieanlagen ist die Industrieemissionsrichtlinie. Das Ziel: Genehmigungen der nationalen Behörden sind nur zu erteilen, wenn die Unternehmen ihre Anlagen mit der jeweils umweltschonendsten verfügbaren Technik betreiben.

Die EU-Kommission sieht die bisher geltenden Regelungen als Erfolg und sieht z.B. je nach Schadstoff einen Rückgang der Luftverschmutzung um 40 bis 85 % in den letzten 15 Jahren. Der Europäische Rat geht mit seinem Beschluss vom 12.04.2024 diesen Weg weiter und aktualisiert die EU-Industrieemissionsrichtlinie.

Neue IED-Vorschriften machen strengere Vorgaben für nationale Behörden

Mit den neuen Vorschriften müssen die nationalen Behörden die strengsten erreichbaren Emissionswerte festlegen, die überhaupt erzielt werden können. So schreiben die Regelungen nach der IED-Revision vor, dass der Startpunkt für die Grenzwertfindung die untere Grenze der Emissionsbandbreiten sein muss.

Diese Grenzwerte müssen unter üblichen Betriebsbedingungen erreicht werden. Die Umsetzung kann mit allgemein bindenden Vorschriften erfolgen. Damit würde für eine Anlagengruppe der niedrigste Emissionsgrenzwert, der nach den BVT-Schlussfolgerungen möglich ist, gelten.

Zusätzlich sind die Behörden verpflichtet, Leistungsziele für die Begrenzung des Wasserverbrauchs festzulegen. Mehr Flexibilität gibt es in den Bereichen Ressourcen- und Energieeffizienz, Rohstoffverbrauch und Abfall. Hier können die Behörden Ziele innerhalb einer bestimmten Bandbreite wählen. Der Anwendungsbereich wird erbreitert: Mit den Änderungen unterliegen nun auch Unternehmen der mineralgewinnenden Industrie, große Batteriefabriken, Elektrolyseure und große Viehzuchtbetriebe den Vorschriften.

Anlagenorientiertes Umweltmanagementsystem (UMS) wird nach der IED-Revision verpflichtend

Der neue Artikel 14a verpflichtet die Unternehmen, die den IED-Vorschriften unterliegen, innerhalb von 34 Monaten nach Inkrafttreten der IED-Revision ein Umweltmanagementsystem (UMS) einzuführen und zu auditieren. Das UMS ist anlagenorientiert zu gestalten und muss Anstrengungen erkennen lassen, Abfall zu vermeiden, den Ressourcen-, Energie- und Wasserverbrauch zu optimieren und den Gebrauch und die Emission von Gefahrstoffen zu verhindern oder ggf. zu minimieren. Für diese Prozesse ist ein Benchmarking vorgesehen, das erlaubt, den auf die Umwelt bezogenen Erfolg der Prozesse im Verhältnis zu anderen Betrieben einzuordnen.

Auf der Basis der im UMS erhobenen Angaben muss ab 2030 ein Transformationsplan erstellt werden. Dieser muss zeigen, wie die jeweilige Anlage bis 2050 klimaneutral, sauber, nachhaltig und kreislauforientiert betrieben werden kann. Allerdings ist dieser Transformationsplan nicht bindend, d.h., er muss nicht umgesetzt werden.

Umsetzungsaufwand der IED-Revision in der betrieblichen Praxis

Bis Mitte 2024 soll die IED-Revision im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden und damit in Kraft treten. Gerechnet von diesem Zeitpunkt an muss eine Umsetzung in deutsches Recht innerhalb von 22 Monaten erfolgen. Erwartet wird eine Überarbeitung

  • des Bundes-Immissionsschutzgesetzes,
  • der TA Lutzes,
  • des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie
  • der Deponieverordnung.

Möglich sind Änderungen des Umwelthaftungsgesetzes und des Umweltstrafrechts.

Wie stark sich diese Änderungen auf die betriebliche Praxis auswirken werden, muss sich zeigen. Je nach deutscher Umsetzung der IED-Revision ist es zumindest prinzipiell möglich, bisherige Systeme wie ISO 14001 und EMAS weiter zu nutzen. Dies gilt auch für Chemikalienverzeichnisse nach Gefahrstoffverordnung.

Die IED-Revision erlaubt zudem, für die Risikobewertung weiterhin das System REACH sowie Sicherheitsdatenblätter zu verwenden, wodurch zumindest an dieser Stelle kein zusätzlicher Aufwand zu erwarten ist. Mögliche bürokratische Erleichterungen werden die elektronischen Genehmigungen bringen, die durch die IED-Revision bis 2035 umgesetzt sein müssen. Anders als im bisherigen Entwurf ist in der endgültigen Fassung keine allgemeine Beweislastumkehr und keine Möglichkeit von kollektiven Schadensersatzklagen vorgesehen. Zudem sind die Sanktionen auf maximal 3 % des Jahresumsatzes beschränkt. Für viele Unternehmen wird die Pflicht zur Veröffentlichung der UMS-Daten im Internet ein Problem sein, da sie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten können.

Die überarbeitete EU-Industrieemissionsrichtlinie (IED) finden Sie hier:
www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/04/12/industrial-emissions-council-signs-off-on-updated-rules-to-better-protect-the-environment/

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Autor*in: Martin Buttenmüller