Klimaschutzgesetz teilweise verfassungswidrig
Laut Bundesverfassungsgericht sind Teile des Klimaschutzgesetzes verfassungswidrig. Sowohl die Regelungen über die nationalen Klimaschutzziele als auch die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen seien unvereinbar mit den Grundrechten. Denn die Vorschriften würden hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschieben. Der Gesetzgeber müsse aber bereits bis Ende kommenden Jahres die Reduktion von Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher regeln.
Das Klimaschutzgesetz (KSG) verpflichtet dazu, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu mindern. Dazu legt es sektorenbezogene Jahresemissionsmengen fest. Hohe Emissionsminderungen verschiebt das Gesetz in seiner bisherigen Fassung auf die Zeit nach 2030. Das sei unzureichend, befand das Bundesverfassungsgericht.
Umfassende Freiheitseinbußen nach 2030 verhindern
Konkret beziehen sich die Richter auf Art. 20a GG. Darin heißt es:
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“
Es dürfe nun nicht einer Generation zugestanden werden, große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen würde. Genau das sei mit dem aktuellen Klimaschutzgesetz der Fall.
Denn: Einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie geplant auf deutlich unter 2 °c und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei nach 2030 nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar. Das führe unweigerlich zu umfassenden Freiheitseinbußen für nachfolgende Generationen, so die Karlsruher Richter. Sie schlagen damit argumentativ die Brücke zwischen Freiheit und dem Ausstoß von Treibhausgasemissionen.
Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten sei praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht seien.
Stattdessen müsste die Reduktion von CO2-Emissionen vorausschauend in grundrechtsschonender Weise über die Zeit verteilt werden.
Reduktionspfad muss konkreter absehbar sein
Auch die Fortschreibung des Treibhausgasreduktionspfads in § 4 Abs. 6 Satz 1 KSG befand das Gericht als verfassungsrechtlich unzureichend geregelt. Zwar könne nicht verlangt werden, dass die absinkenden Emissionsmengen bereits jetzt bis zur Erreichung der für 2050 angestrebten Klimaneutralität konkret bestimmt werden. Jedoch genüge es nicht, die Bundesregierung lediglich dazu zu verpflichten, einmal – im Jahr 2025 – durch Rechtsverordnung eine weitere Festlegung zu treffen.
Vielmehr müsste zumindest geregelt werden, in welchen Zeitabständen weitere Festlegungen transparent zu treffen sind. Mit dem in § 4 Abs. 6 KSG geregelten Vorgehen könne zudem nicht sicher davon ausgegangen werden, dass der weitere Reduktionspfad rechtzeitig erkennbar sei.
Umsetzungsfrist
Bis zum 31.12.2022 hat der Gesetzgeber nun Zeit, die Fortschreibung der Minderungsziele der Treibhausgasemissionen für Zeiträume nach 2030 näher zu regeln.