Sammeln und Entsorgen gefährlicher Abfälle
Wie ist „gefährlich“ in Bezug auf Abfall definiert und wie lassen sich Abfälle auf diese Eigenschaft hin prüfen? Gefährliche Abfälle sorgen immer wieder für Probleme. Für den rechtssicheren Umgang mit diesen Stoffen sind die Anforderungen einer Vielzahl von Vorschriften zu erfüllen.
Vereinfacht ist ein Abfall dann ein gefährlicher Abfall, wenn er eine so hohe Konzentration an gefährlichen Stoffen enthält, dass er selbst gefährlich wird. Die Eigenschaften (physikalische Gefahren) bzw. Konzentrationsgrenzen (Gesundheits- und Umweltgefahren) enthält die Richtlinie 2008/98/EG in Anhang III in Form von „HP-Kriterien“. Dieser Anhang wurde, basierend auf den Kennzeichnungsvorgaben für gefährliche Stoffe (Verordnung [EG] Nr. 1272/2008), in den Jahren 2014 (Verordnung [EU] Nr. 1357/2014) und 2017 (Verordnung [EU] Nr. 2017/997) novelliert. Lediglich die ebenfalls genannte Eigenschaft „infektiös“ (HP 9) hat keinen Bezug zum Gefahrstoffrecht. Hier wird die Richtlinie 2000/54/EG tangiert, die in Deutschland durch die Biostoffverordnung umgesetzt wird.
Rechtlicher Rahmen
Der deutsche Gesetzgeber hat den Begriff des gefährlichen Abfalls übernommen (§ 3 in Verbindung mit § 48 KrWG). Konkretisiert wird dies im § 3 der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV). In ihm wird beschrieben, welche Eigenschaften einen Abfall zum gefährlichen Abfall machen. Dies geschieht durch Bezugnahme auf den Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG und die Verordnungen (EG) Nr. 1272/2008 und (EU) Nr. 2019/1021 der EU.
Im Abfallverzeichnis der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung bekommen die sechsstelligen Abfallschlüsselnummern einen hochgestellten Stern „*“ angefügt, wenn es sich um einen gefährlichen Abfall handelt. Ein Abfallerzeuger, der erkennt, dass sein Abfall gefährlich ist, muss bei der Auswahl einer Schlüsselnummer also eine mit „*“ wählen. Beim Umgang mit gefährlichen Abfällen sind nahezu sämtliche Vorschriften des Arbeits- und Umweltschutzes zu beachten.
Die Änderungen des Anhangs III der EU-Richtlinie 2008/98 flossen sukzessive in die AVV ein. Letztmalig wurde die AVV 2020 novelliert. Dies war notwendig geworden, weil die EU ihre Verordnung über persistente organische Schadstoffe (POP) 2019 neu gefasst hatte (Verordnung [EU] Nr. 2019/1021). Auf diese, bzw. ihren Anhang IV, wird in 2.2.3 des Anhangs zur AVV Bezug genommen. Hier erfährt man, welche POP oberhalb welcher Grenzwerte einen Abfall zum gefährlichen Abfall machen. Die hier genannten POP sind nur ein Teil der im Anhang zur EU-Verordnung genannten. Die Einstufung (inklusive Nachweisführung) POP-haltiger Abfälle wird seit Juli 2017 in der POP-Abfall-ÜberwV (Verordnung über die Getrenntsammlung und Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen) geregelt. Diese wurde bis März 2021 aber noch nicht angepasst.
Gefährliche Eigenschaften eines Abfalls führen dazu, dass zusätzlich zum Abfallrecht die verschiedensten Vorschriften des Umweltschutz- und Arbeitsschutzrechts einzuhalten sind, insbesondere:
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das Chemikalienrecht und hier besonders die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) mit den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
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die Biostoffverordnung (BioStoffV) mit den zugehörigen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)
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das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) mit der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) nebst ADR
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die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) mit den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)
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das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) mit der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV vom April 2017). Die AwSV ersetzte 2017 die bisherigen länderspezifischen VAwS und die Verwaltungsvorschrift zur Einstufung wassergefährdender Stoffe (VwVwS).
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das Immissionsschutzrecht mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und den zugehörigen Verordnungen (BImSchV)
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das Sprengstoffrecht
Einstufungskriterien – die Beschreibung der gefährlichen Eigenschaften
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Gefährliche StoffeDie Übergangsphase, in der das Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS) innerhalb Europas durch die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingeführt wurde, ist abgeschlossen. Diese Verordnung enthält die Einstufungskriterien und Kennzeichnungselemente. Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 gilt (ähnlich wie die REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) nicht für Abfälle. Somit bestehen für den Abfallerzeuger formal keine Verpflichtungen, die Abfälle für das Inverkehrbringen (Übergabe an den Entsorger) gefahrstoffrechtlich einzustufen und zu kennzeichnen.Für den Umgang (Sammeln und Lagern im Betrieb, innerbetriebliche Beförderung) mit gefährlichen Abfällen greifen jedoch die Einstufungs- und Kennzeichnungspflichten des § 8 GefStoffV. Konkretisiert wird dieser Paragraf durch die TRGS 201, die auch die innerbetriebliche Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Abfälle beschreibt.Die Einstufungskriterien gefährlicher Stoffe/Gemische finden sich aktuell in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 Anhang I Teile 2 bis 5. Wie die Eigenschaften zur Anwendung der Einstufungskriterien zu ermitteln sind (Testverfahren), regelt die Verordnung (EG) Nr. 440/2008.
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GefahrgutrechtIn den internationalen verkehrsträgerspezifischen Vorschriften werden die Kriterien zur sogenannten Klassifizierung beschrieben. Für die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße ist das ADR anzuwenden. Es enthält in den Unterabschnitten 2.2.x.1 die Einstufungskriterien. Das „x“ steht für eine der 13 Klassen des ADR. Die Testverfahren werden im Kapitel 2.3 des ADR und im Handbuch „Tests und Kriterien“ beschrieben.
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WasserrechtDie Anlagenverordnung (AwSV) beschreibt in Anlage 1 die Einstufung von Stoffen und Gemischen. Neben der Einstufung als „nicht wassergefährdend“ oder „allgemein wassergefährdend“ (siehe § 3 der Verordnung) gibt es drei Wassergefährdungsklassen (WGK), in welche Stoffe oder Gemische eingestuft werden müssen.Für den Abfallbereich ist die Einstufung von Gemischen relevant. Dazu können die Wassergefährdungsklassen der Inhaltsstoffe verwendet werden (rechnerische Ableitung gemäß Nr. 5.2 der Anlage 1 zur AwSV) oder man leitet die Wassergefährdungsklassen aus Prüfergebnissen ab (orale/dermale Toxizität, Auswirkungen auf die Umwelt, gefahrstoffrechtliche Erkenntnisse). Unbekannte Stoffe werden WGK 3 zugeordnet. Enthält ein Abfall mehr als 3 % nicht identifizierbarer Inhaltsstoffe, ist er in WGK 3 einzustufen.
Anmerkung: Auch nach AwSV besteht die Verpflichtung Betriebsanweisungen zu erstellen und die Beschäftigten zu unterweisen. Die Einstufung in WGK ist zu dokumentieren, sofern man nicht freiwillig flüssige Abfälle in die WGK 3 einstuft.
Eigenschaften von Abfällen
Für die Einstufung/Klassifizierung sind eventuell vorhandene gefährliche Eigenschaften des Abfalls zu bestimmen, um dann zu ermitteln, welche Vorschriften zu beachten sind.
Dazu gibt es, nach steigendem Schwierigkeitsgrad aufgeführt, folgende Möglichkeiten:
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Die Eigenschaften sind bekannt.
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Es ist bekannt, aus welchem Prozess der Abfall stammt.
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Mittels einfacher Schnelltests können wesentliche Eigenschaften bestimmt werden.
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Mittels aufwendiger Analysen müssen benötigte Informationen gewonnen werden.
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Bestimmte gefährliche Eigenschaften müssen geraten werden.
Bekannte Eigenschaften
Der Idealfall besteht darin, dass man die gefährlichen Eigenschaften des Abfalls kennt, weil sämtliche im Abfall enthaltenen Stoffe und der Prozess der Abfallentstehung bekannt sind.
Wurden gefährliche Stoffe/Gemische eingesetzt, so liegen sämtliche Sicherheitsdatenblätter gemäß Richtlinie 91/155/EWG (sehr alte Sicherheitsdatenblätter) bzw. aktueller nach Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (Artikel 31 in Verbindung mit Anhang II) vor. Während ihrer Verwendung ändern sich die Eigenschaften nicht. Der Abfall kann dann wie die Einsatzstoffe eingestuft und gehandhabt werden.
Etwas schwieriger wird es, wenn die Einsatzstoffe während des Prozesses verdünnt werden (z.B. durch Lösen in Wasser, das Vermischen mit ungefährlichen Feststoffen etc.). Akute Gefahren wie die Giftigkeit, die Ätzwirkung oder auch die Entzündbarkeit nehmen dabei häufig ab. Insbesondere im Bereich des Gefahrgut- und Gefahrstoffrechts kann dies zu Erleichterungen führen. Chronische Gefahren wie die krebserzeugende, erbgutverändernde oder reproduktionstoxische Wirkung bleiben dagegen erhalten. Hier sinkt allenfalls das Risiko, zu erkranken.
In etlichen Fällen wird man keinen zu großen Fehler machen, den verdünnten Stoff wie den unverdünnten zu behandeln. Gehen mit der Verdünnung allerdings Veränderungen des Aggregatzustands einher (Tränken eines Feststoffs mit einer gefährlichen Flüssigkeit, Lösen eines festen giftigen Stoffs in Wasser etc.), so ist meist eine gänzlich neue Einstufung erforderlich.
Rückgriff auf „lebende Archive“
Leider tritt der oben beschriebene Idealfall häufig nicht ein. Allzu oft steht man als Zuständiger für die Abfallentsorgung vor einem Sammelsurium nicht oder nur schlecht beschrifteter Gebinde. Hin und wieder ist mit etwas Glück ein Markenname zu erkennen. Auch eine Suche im Internet kann hier hilfreich sein. Die Eingabe des Marken- bzw. Produktnamens in eine Suchmaschine kann zu Informationen über den Abfall führen. Viele Anbieter (sofern noch am Markt) stellen technische Informationen oder Datenblätter ins Netz. Ebenfalls kann es hilfreich sein, die Beschäftigten zu befragen, wozu die eine oder andere Substanz verwendet worden ist (Galvanik, Zusatzstoff für Beton, Öl für eine Maschine etc.).
Gefahrstoffrechtliche Anforderungen bei Tätigkeiten mit gefährlichen Abfällen
Hauptziel des Chemikaliengesetzes (ChemG) und der darauf basierenden Gefahrstoffverordnung ist der Schutz der Beschäftigten, anderer Personen und der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen. Ausführlich wird die Gefahrstoffverordnung in Kapitel 5.4 behandelt.
Wesentliche Teile des Chemikaliengesetzes (Abschnitt 3 „Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung“ sowie einige weitere Paragrafen) gelten nicht für Abfälle zur Beseitigung, auch wenn diese gefährliche Stoffe im Sinne des § 3a ChemG sind und die in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 Anhang I aufgeführten Eigenschaften besitzen.
Die Gefahrstoffverordnung selbst kennt keine diesbezüglichen Beschränkungen. Sie ist anzuwenden, sobald ein Abfall das Kriterium „Gefahrstoff“ erfüllt. Es wäre auch nicht im Sinne der Ziele der Verordnung, Abfälle zur Beseitigung nicht ihren Regelungen zu unterwerfen.
Welche gefahrstoffrechtlichen Forderungen müssen erfüllt werden, wenn gefährliche Abfälle gesammelt, gelagert, Entsorgungsfirmen überlassen oder entsorgt werden?
Grundlage für die Antworten auf diese Fragen ist die Einstufung des Abfalls.
Einstufung gefährlicher Abfälle
Die Kriterien zur Einstufung gefährlicher Stoffe und Gemische finden sich in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008.
Anmerkung: Häufig sind Gebinde der zu entsorgenden gefährlichen Stoffe noch nach der alten Richtlinie 67/548/EWG gekennzeichnet. Intern spricht nichts dagegen, die Abfälle auch so zu kennzeichnen, sofern die Beschäftigten die Bedeutung der alten Kennzeichnungselemente vermittelt bekommen. Eine Umstufung ins System nach VO EU 1272/2008 ist mit Risiken verbunden, sofern man die Zusammensetzung nicht kennt. Arbeitgeber sind ja nicht verpflichtet, alt gekennzeichnete Gebinde umzukennzeichnen. In der Regel wird sogar davon abgeraten.
In Nr. 4.6 der TRGS 201 wird beschrieben, wie ein gefährlicher Abfall eingestuft werden kann. Enthält ein Abfall einen mehr oder weniger großen Anteil eines uns bekannten gefährlichen Stoffs, so kann er wie dieser eingestuft werden (dabei tun wir allenfalls des Guten zu viel, weil wir Verdünnungseffekte nicht berücksichtigen). Bei der Bestimmung der Giftigkeit ist die Einstufung anhand betrieblicher Erfahrung oder aufgrund von Analogieschlüssen möglich.
Die ätzende Eigenschaft kann gemäß TRGS 201 durch Messen des pH-Werts wässriger Lösungen oder Auszüge bestimmt werden. Die Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder reproduktionstoxisch kann nur erfolgen, wenn das Vorliegen entsprechend wirkender Stoffe im Abfall bekannt ist. Auf die Berücksichtigung von Verdünnungseffekten sollte hier verzichtet werden.
Kennzeichnung
Generell müssen (siehe auch § 8 GefStoffV) gefährliche Abfälle gefahrstoffrechtlich eingestuft und gekennzeichnet werden, solange sie im Unternehmen gesammelt und gelagert werden. Folgt man den einschlägigen EG-Verordnungen (Nr. 1272/2008 und Nr. 1907/2006), die Abfälle ausnehmen, so könnte man die Kennzeichnung wieder entfernen, sobald man den Abfall in Verkehr bringt, ihn also dem Entsorger übergibt.
Dadurch setzte man den Entsorger aber dem Problem aus, dass er seine arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen (Ermittlungspflicht, Gefährdungsbeurteilung etc.) nicht erfüllen kann.
Bei der Einstufung und Kennzeichnung von Abfällen folgt man am besten der TRGS 201 (hier Nr. 4.6.2 in Verbindung mit Nr. 4.3).
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einer Bezeichnung des Abfalls (z.B. jener aus dem „Katalog“ der Abfallverzeichnis-Verordnung)
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den Kennzeichnungselementen nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (Piktogramme, H-Sätze, P-Sätze, Signalwort), soweit man nicht die vereinfachte Kennzeichnung nach Nr. 4.3 Abs. 5 bis 8 der TRGS 201 anwenden möchte/kann
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dem Hinweis, ob ein ätzender Stoff sauer oder alkalisch ist (Empfehlung und wichtig beim Lagern)
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dem Hinweis auf erbgutverändernde, krebserzeugende, reproduktionstoxische oder sensibilisierende Wirkung nebst Angabe der Stoffe mit diesen Eigenschaften
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ggf. dem Hinweis auf PCB, künstliche Mineralfasern (TRGS 521) oder Asbest (TRGS 519)
Vereinfachte Kennzeichnung: Kommt man im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zur Erkenntnis, dass die vollumfängliche Kennzeichnung nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 nicht erforderlich ist, so kann man die vereinfachte Kennzeichnung nach Nr. 4.3 TRGS 201 anwenden. Dabei reduziert sich die Kennzeichnung auf die Angabe der Inhaltsstoffe, auf die Piktogramme (ggf. nur eines je Gefahrenklasse – siehe Nr. 4.3 Abs. 7 TRGS 201) und reduzierte H-Sätze. Die BG RCI hat unter www.bgrci.de einen interessanten Vorschlag zur vereinfachten Kennzeichnung eingestellt (Schwerpunkt zur Verwendung in Laboratorien).
Sollen Gebinde zum Sammeln verwendet werden, so sind sie vor dem ersten Befüllvorgang zu kennzeichnen. Ansonsten reicht es, die Gebinde nach dem Befüllen zu kennzeichnen.
Abfälle werden in der Regel am Ort des Anfalls gesammelt, d.h. portionsweise in Sammelgefäße gefüllt (Altölfass, Putzlumpenbehältnis etc.). Neben der Kennzeichnung sind dann weitere Anforderungen zu stellen. So muss für die Sammelstelle eine Betriebsanweisung nach § 14 GefStoffV erstellt werden, anhand derer die Mitarbeiter zu unterweisen sind.
Lagern gefährlicher Abfälle
Generell werden an Lager für gefährliche Abfälle die gleichen Anforderungen wie an andere Lager für gefährliche Stoffe gestellt.
Bezüglich der (passiven) Lagerung gefährlicher Stoffe ist die TRGS 510 anzuwenden. Sie wurde im Dezember 2020 novelliert und beschreibt umfänglich die Anforderungen an die Lagerung gefährlicher Stoffe in ortsbeweglichen Behältern. Auch für Abfälle gilt, dass zu giftigen und sehr giftigen, krebserzeugenden, erbgutverändernden und reproduktionstoxischen Stoffen nur fachkundige Personen Zugang haben dürfen. Werden in einem Lager giftige und sehr giftige Stoffe, entzündbare flüssige Stoffe und Gase, stark oxidierende Stoffe oder krebserzeugende, erbgutverändernde und reproduktionstoxische Stoffe in Mengen über 50 kg gelagert, so hat der Arbeitgeber die Personen, die Zutritt zu diesem Lager haben sollen, zu bestimmen (TRGS 510 in Nr. 5.2).
Große Lager (ab einer Aufnahmekapazität über 1 t/Tag bzw. einer Gesamtlagerkapazität über 30 t) für gefährliche Abfälle sind, wie die meisten großen Abfallentsorgungsanlagen, genehmigungsbedürftig nach § 4 BImSchG in Verbindung mit 4. BImSchV (Nr. 8.12 des Anhangs zur Verordnung). Gegebenenfalls greift noch die Störfall-Verordnung (12. BImSchV).
Entsorgung gefährlicher Abfälle
Der Entsorgungsunternehmer hat auf der Grundlage der vom Abfallerzeuger gelieferten Informationen eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen, Schutzmaßnahmen festzulegen und die Beschäftigten zu informieren (§§ 6 ff. GefStoffV). Gegebenenfalls ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge schriftlich anzubieten bzw. verpflichtend (Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge – ArbMedVV – in Verbindung mit Teil 1 des Anhangs der Verordnung und AMR 5.1).
Unternehmen, die im Bereich Abbruch, Sanierung und Instandhaltung (ASI) tätig sind, haben vom Auftraggeber Informationen darüber einzuholen, ob Gefahrstoffe im Bauwerk enthalten sind (§ 15 Abs. 5 GefStoffV). In der Praxis werden oft Vereinbarungen in den Vertrag aufgenommen, wonach Kosten, die aus dem unerwarteten Auftreten solcher Stoffe resultieren, nachträglich in Rechnung gestellt werden dürfen.
Umgangsverbote für bestimmte gefährliche Stoffe (z.B. Asbest) gelten in der Regel nicht, wenn die Tätigkeiten der ordnungsgemäßen Beseitigung der Stoffe vorangehen bzw. dienen.
Für bestimmte Arbeiten mit Asbest (ASI) benötigt der Bau- bzw. Entsorgungsunternehmer Sachkunde gemäß TRGS 519. Ebenfalls ausführlich geregelt werden in der TRGS 521 Arbeiten an alten (vor 1996 eingebauten) künstlichen Mineralfasern (KMF).
Fazit
Aufgrund der Vielfalt an Eigenschaften, die gefährliche Abfälle besitzen, sind nahezu sämtliche Vorschriften des Umwelt- und Arbeitsschutzes zu beachten.
Besonders bei gefährlichen Abfällen ist es eine der Hauptaufgaben des Abfallerzeugers bzw. seines Abfallbeauftragten, die Beschäftigten auf die Gefahren hinzuweisen, die beim Umgang mit diesen Abfällen im Betrieb bestehen. Wenigstens ebenso wichtig ist es aber, ihnen ebenfalls klarzumachen, dass die Gefahren auch dann noch bestehen, wenn der Abfall den eigenen Betrieb verlassen hat. Daher sind Abfälle so zu verpacken und zu kennzeichnen, dass die Mitarbeiter der Transport- und Entsorgungsfirmen nicht gefährdet werden und Gefahren rechtzeitig erkennen können. Dazu sollten gefährliche Abfälle auch nach Gefahrstoffrecht gekennzeichnet übergeben werden.