11.04.2022

Aufgaben Menschenrechtsbeauftragter nach dem Lieferkettengesetz

Der Menschenrechtsbeauftragte, den das neue Lieferkettengesetz vorsieht, stellt Unternehmen in der Praxis vor eine ganze Reihe von Fragen – nicht zuletzt die, welche Aufgaben er eigentlich übernehmen soll, wie sich die Aufgabenverteilung praktisch organisieren lässt und welche Stellung der Menschenrechtsbeauftragte dann, im Vergleich zu anderen betrieblichen Beauftragten, im Unternehmen hat. In diesem Beitrag werden wir diese Fragen eingehender beleuchten.

kompetenter Menschenrechtsbeauftragter schaut in die Kamera

Der entscheidende Satz zu den Aufgaben des Menschenrechtsbeauftragten findet sich in § 4 Abs. 3 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), kurz deutsches Lieferkettengesetz:

Das Unternehmen hat dafür zu sorgen, dass festgelegt ist, wer innerhalb des Unternehmens dafür zuständig ist, das Risikomanagement zu überwachen, etwa durch die Benennung eines Menschenrechtsbeauftragten.

Aufgaben Menschenrechtsbeauftragter: Zentrale Rolle im Risikomanagement

Der Menschenrechtsbeauftragte soll nach dem Lieferkettengesetz also das Risikomanagement des Unternehmens zu menschenrechtlichen und umweltschutzrelevanten Risiken überwachen das ist einiges an Arbeit, zu der regelmäßige Risikoanalysen (§ 5 LkSG) sowie Präventions- und Abhilfemaßnahmen (§§ 6 und 7 LkSG) gehören.

Überwachung bedeutet übrigens nicht: Durchführung. Inwieweit Mitarbeiter oder Abteilungen dem Menschenrechtsbeauftragten hier zuarbeiten oder die Aufgaben von ihm selbst abgearbeitet werden, muss jedes Unternehmen für sich entscheiden.

Beschwerdeverfahren

Teil des Risikomanagements ist es ferner, ein Beschwerdeverfahren einzurichten (§ 8 LkSG). Dieses Verfahren soll Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Lieferkette ermöglichen, ihre Sorgen und Nöte direkt beim Unternehmen zu äußern.

Bericht an die Geschäftsleitung

Außerdem muss der Menschenrechtsbeauftragte regelmäßig über die eigene Arbeit an die Geschäftsleitung berichten. Genau genommen spricht das Lieferkettengesetz zwar von einer Holschuld der Geschäftsleitung, die sich also aktiv über die Arbeit der zuständigen Personen informieren müsse – aber praktisch wird daraus in den meisten Fällen wohl eine Berichtspflicht des Menschenrechtsbeauftragten werden.

Dokumentationspflicht

Bei der Dokumentationspflicht bezieht sich das Lieferkettengesetz nicht mehr explizit auf den Menschenrechtsbeauftragten – irgendwer im Unternehmen wird hier jedoch auch den Hut aufhaben müssen. Es bietet sich deshalb an, dass der Menschenrechtsbeauftragte auch bei der Erfüllung der Dokumentationspflichten (§ 10 Abs. 1 LkSG) sowie der jährlichen Erstellung des Jahresberichts (§10 Abs. 2 LkSG) eine zentrale Rolle innehat.

Stabsstelle Menschenrechtsbeauftragter: Aufgaben sinnvoll delegieren

Mehrere Personen zur Überwachung möglich

Das Risikomanagement muss mitnichten nur bei einer einzigen Person verankert sein. § 17 Abs. 2 LkSG spricht explizit von den „Namen der zur Überwachung der internen Prozesse […] zuständigen Personen“.

In der Praxis dürfte sich die Fülle der Aufgaben kaum von einer Person allein bewältigen lassen. Dies gilt erst recht bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, auf die das Lieferkettengesetz ja primär abzielt.

Auch die Gesetzesbegründung spricht davon, Zuständigkeiten für das Lieferkettengesetz in allen maßgeblichen unternehmensinternen Geschäftsabläufen zu verankern, etwa „im Vorstand, der Compliance-Abteilung oder im Einkauf“.

Stabsstelle Menschenrechtsbeauftragter

Es empfiehlt sich deshalb, eine Stabsstelle „Menschenrechtsbeauftragter“ zu schaffen. In dieser Stabsstelle berichtet ein herausgehobener Mitarbeiter der Geschäftsleitung. Ansonsten koordiniert und überwacht er hier die Tätigkeiten anderer Mitarbeiter aus anderen Abteilungen mit Teilaufgaben in der Erfüllung der Sorgfaltspflichten.

Die vielen Aufgaben und die damit verbundene Verantwortung sprechen dafür, dass nur erfahrene, umfangreich qualifizierte Mitarbeiter diese herausgehobene Position innehaben sollten.

Die Stabsstelle ist angemessen auszustatten. Was unter angemessen zu verstehen ist, richtet sich nach den Anforderungen im jeweiligen Unternehmen – insbesondere nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, der Anzahl der Lieferanten und der Höhe der Risiken, die sich aus den Produkten und der Lieferkette ergeben können. Zur Ausstattung gehören Arbeitsmittel, Zeitressourcen, ein ausreichendes Budget, Arbeitsplätze und evtl. Personal.

Tipp

Empfehlenswert ist es, dass die Geschäftsleitung Aufgaben und Kontaktdaten des Menschenrechtsbeauftragten im eigenen Unternehmen und bei den Lieferanten kommuniziert. Das steigert die Wahrnehmung des Menschenrechtsbeauftragten im Unternehmen selbst und bei den zentral Betroffenen.

In der Praxis haben Unternehmen bislang unterschiedliche Möglichkeiten gefunden, die Verantwortung für das Lieferkettengesetz zu organisieren. Oft sind die Aufgaben hier direkt bei der Geschäftsführung oder im Compliance.-Bereich des Unternehmens angesiedelt. Auch die Qualitätssicherung kann eine wichtige Rolle spielen, je nachdem,  inwieweit sie sich auch um den Arbeitsschutz und die Compliance kümmert.

Kündigungsschutz des Menschenrechtsbeauftragten nach dem Lieferkettengesetz

Betriebsbeauftragte werden in der Regel gesondert bestellt, um den Unternehmer in einem bestimmten Aufgabenbereich (Arbeitsschutz, Brandschutz, Gefahrgut etc.) zu beraten und auf ein reduziertes Gefahrenrisiko hinzuwirken. Meist genießen Betriebsbeauftragte auch einen besonderen Diskriminierungsoder Kündigungsschutz – nicht so der Menschenrechtsbeauftragte nach dem Lieferkettengesetz.

Es sind deshalb einige Szenarien vorstellbar, in denen der Menschenrechtsbeauftragte die Praxis des Unternehmens entlang der Lieferketten kritisieren will, dieses Vorhaben aus Angst vor disziplinarischen Maßnahmen jedoch nicht weiterverfolgt.

Auch die Haftungsfrage kann relevant werden, wenn ein Unternehmen klar gegen geltendes Recht verstößt, der Beauftragte aber, um seine Karriere zu schützen, nicht einschreitet.

Es wäre deshalb wünschenswert, dass der Gesetzgeber beim Kündigungsschutz des Menschenrechtsbeauftragten noch einmal nachbessert.

Autor*in: WEKA Redaktion